Über den Albulapass zum Palpuognasee – Festung und Wandern
Karg, kurvenreich und atemberaubend schön – der Albulapass verbindet La Punt im Engadin mit Bergün im Albulatal. Wer die Passstrasse befährt, wird mit spektakulären Ausblicken belohnt, entdeckt die gut getarnte Festung Albula und trifft auf einen See, der als der schönste der Schweiz gilt: den Palpuognasee. Mit seiner malerischen Lage und den intensiven Farben an einem schönen Tag können wir diese Wahl absolut verstehen. Die Wanderung um den Palpuognasee ist ein schöner Abschluss unserer Graubünden Auszeit.
In diesem Beitrag erfährst du mehr zur spannenden Geschichte des Albulapasses und über die Festung Albula, die einst eine strategische Rolle im II. Weltkrieg und während des kalten Kriegs spielte. Ausserdem geben wir dir Tipps für deinen Besuch am Palpuognasee, der im Herbst, wenn die Lärchen sich gelb verfärben, besonders eindrücklich ist. Wie immer gilt: lass dich inspirieren und mache dir selbst ein Bild!

Der Albulapass
Vor allem Eisenbahnfans dürfte der Albulapass wegen der zahlreichen Viadukte und Kehrtunnel bekannt sein. Die Bahnstrecke der Rhätischen Bahn über den Albulapass gehört seit 2008 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Mit dem Bau der Bahnlinie verlor die schmale Passstrasse an Bedeutung für den Durchgangsverkehr, ist aber gerade deshalb für Ausflüge besonders reizvoll.
Der Albulapass ist in der Regel von Juni bis Ende Oktober geöffnet. In den übrigen Monaten bleibt die Passstrasse aufgrund von Schnee und Lawinengefahr gesperrt. Im Winter verwandelt sich ein Abschnitt der Albulastrasse bei Preda in eine Schlittelbahn. Vor einer geplanten Fahrt empfiehlt es sich, zu prüfen, ob die Passstrasse aktuell offen ist.


Nicht nur die Landschaft ist eindrucksvoll – auch die Strasse selbst ist ein Zeugnis vergangener Baukunst. Die Strecke über den Albulapass zählt zu den besterhaltenen Kunststrassen des 19. Jahrhunderts. Zwischen La Punt und Bergün entdeckt man bei genauem Hinsehen trockengemauerte oder gemörtelte Stützmauern, Natursteinbrücken, gepflasterte Seitengräben, alte Kilometersteine und traditionelle Wasserdurchlässe.
Bei Motorradfahrern und Oldtimerfans erfreut sich die Passstrasse grosser Beliebtheit. Mein Tipp: Setz dich draussen im Windschatten des Albula Hospiz in die Sonne, geniesse etwas zu trinken und beobachte, welche Fahrzeuge hier so vorbeikommen – aber bleib nicht zu lange sitzen, damit du noch Zeit für den Besuch des Palpuognasees hast.
Vom Albula Hospiz sind es noch 1,6 km bis zur Festung Albula. Auf dem einspurigen Teilstück kann es bei schönem Wetter schon mal ein wenig dauern. Halte auf alle Fälle auf dem Parkplatz vor der Festung an und und nimm dir Zeit, die Schilder zu lesen. Kommst du an einem Sonntag hier vorbei, kann ich dir die Führung sehr empfehlen.
Hinweis: Führungen der Festung Albula finden während der Sommersaison jeweils sonntags um 14.00 Uhr statt. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Kurze Geschichte des Albulapasses
Bereits im 16. Jahrhundert gewann der Albulapass als Handelsroute an Bedeutung. Nach der Eroberung des Veltlins durch die Schweizer wurde die Verbindung genutzt, um Wein, Getreide und Salz aus Tirol nach Norden zu transportieren. In Gegenrichtung wurden vor allem Erze und Metalle über den Pass gebracht – zeitweise gab es sogar einen Postdienst bis nach Venedig.
Ein Meilenstein im Schweizer Strassenbau war die Sprengung des Bergünerstein im Jahr 1696: Zum ersten Mal in der Schweiz wurde dazu Schiesspulver eingesetzt. Zuvor musste dieser markante Felssporn mühsam umgangen werden.
Die neue Strasse verkürzte die Reisezeit von Chur nach St. Moritz auf rund 14 Stunden – mit der Postkutsche. Im Winter war sie jedoch gefährlich: Lawinen bedrohten die Strecke, doch die Route blieb offen und wurde mit Schneestangen markiert. Erst mit der Eröffnung der Bahnstrecke im Jahr 1903 – samt dem 5’865 Meter langen Albulatunnel – verkürzte sich die Reisezeit auf nur noch drei Stunden. Mit dem Bahnanschluss verlor die Passstrasse endgültig ihre Rolle als wichtige Verkehrsverbindung.
Die Festung Albula
Gut verborgen unterhalb des Albulapasses liegt die Festung Albula, eine militärhistorische Anlage aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie wurde später auch während des Kalten Kriegs genutzt und diente der Sicherung dieses strategisch wichtigen Alpenübergangs.

Bereits ab einer Flughöhe von 60 Metern ist die Festung nicht mehr auszumachen – die Geröllhalde tarnt sie perfekt.


Das Gebäude links im Bild ist die Unterkunft für die Infanteristen, die das Gelände sichern sollten. Wenn man von der Passhöhe (rechts) kommt, ist es hinter einer Moräne versteckt. Die Bunkeranlage bot Platz für 24 Mann und hat drei Eingänge: Links den Haupteingang, in der Mitte einen kleineren Wintereingang, und rechts den Notausstieg aus der Geschützebene.

Der Beiname der Festung Albula «Wolf im Schafspelz» verweist auf die raffinierte Tarnung und Verteidigungsarchitektur. Die Festung verfügte über eine Panzerabwehrkanone und ein schweres Maschinengewehr, beide hinter vollständig verblendeten Schiessscharten mit Metallpanzerung. Diese Bauweise verhinderte, dass angreifende Truppen Granaten oder Flammenwerfer direkt in die Schiessscharten einsetzen konnten – eine Lehre aus dem Ersten Weltkrieg, übernommen nach Beobachtungen an der französischen Maginot-Linie.

Zusätzlich waren an den Berghängen zwei weitere Maschinengewehrstellungen eingerichtet, die das Tal überblickten. Der Bunker selbst war darauf ausgelegt, Fahrzeuge – insbesondere Panzer – auf der Passstrasse zu stoppen. Wie alle wichtigen Übergänge in der Schweiz wurde auch der Albulapass umfassend verteidigt.
Der Bau der Festung Albula
Bereits in den 1930er-Jahren zeichnete sich am europäischen Horizont ein neuer Krieg ab. Die Schweiz, eingeklemmt zwischen den Bündnispartnern Deutschland und Italien, musste mit einem Angriff und einer Besetzung rechnen. Als Teil des Verteidigungskonzepts begann man mit der Sicherung der Alpenpässe. Allein in Graubünden entstanden fast 300 Befestigungen und Sprengwerke – auch am Albulapass.
Die Festung Albula wurde 1938 in nur viereinhalb Monaten errichtet – mit einfachsten Mitteln und unter hohem Zeitdruck. Dreissig Arbeiter arbeiteten im Schichtbetrieb rund um die Uhr, unterstützt lediglich von zwei kleinen Lastwagen und einem Notstromaggregat. Dennoch wurden in dieser kurzen Zeit 3’850 Kubikmeter Aushub bewegt – davon 1’100 m³ Permafrost. Dazu kamen 1’300 m³ Beton und 167 Tonnen Armierungseisen. Eine bauliche Leistung, die heute kaum vorstellbar ist.
Man ging damals davon aus, die Festung im stabilen Permafrost errichtet zu haben – doch das erwies sich später als Irrtum. Tatsächlich wurde die Anlage in einen Blockgletscher gebaut, der sich, wenn auch langsam, ständig bewegt. In der Folge kippte der Bunker leicht, und die ausgeklügelte Wasserversorgung aus gesammeltem Regenwasser funktionierte nicht mehr.
Sprengladungen im Alltag – der Albulapass im Kalten Krieg
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb die Schweiz wachsam. Man fürchtete, der Warschauer Pakt könnte einen Frontalangriff auf die NATO durch einen Angriff durch die Alpen unterstützen. Deshalb wurden bestehende Festungsanlagen wie diejenige am Albulapass während des Kalten Kriegs weiter betrieben und unterhalten – ebenso wie zahlreiche Sprengwerke an Brücken und Passstrassen.
Kaum vorstellbar, aber noch bis in die 2000er-Jahre fuhren täglich Tausende über aktive Sprengladungen – verborgen in Passstrassen und Brücken. Erst 2005 wurden die letzten Sprengstoffpakete entfernt. Zwischen der Errichtung der ersten Anlagen und dem vollständigen Rückbau kam es nie zu einem Unfall.
Ein eindrückliches Beispiel für diese Infrastruktur ist der Abschnitt am Bergünerstein. Die Strasse verläuft dort direkt entlang einer senkrechten Felswand. Wer aufmerksam nach oben blickt, entdeckt eine lange Leiter, die zu einem Eingang rund zwölf Meter über der Strasse führt. Dahinter verbergen sich die ehemaligen Sprengkavernen, deren Ladungen bei einem Angriff die gesamte Strasse auf unbestimmte Zeit unpassierbar gemacht hätten.
Herbst am Palpuognasee
Wer vom Albulapass kommt, sieht den Palpuognasee (Lei da Palpuogna) bereits unterhalb der Strasse glitzern. Wir haben Glück und finden am Strassenrand noch einen der wenigen Parkplätze. Das Licht spielt auf der Wasseroberfläche, die Farben erinnern uns an einen besonders schönen Opal. Kein Wunder, dass der Palpuognasee im Jahr 2007 zum schönsten See der Schweiz gewählt wurde.

Der auf 1’918 Metern gelegene Palpuognasee oberhalb von Preda liegt am Rand des Naturparks Parc Ela und wird vom Elektrizitätswerk Bergün als Stausee genutzt. Baden ist daher verboten

Die Wanderung um den Palpuognasee ist kurz, aber eindrucksvoll. Immer wieder fesseln uns neue Perspektiven. Einige Feuerstellen laden zum Bräteln ein. Kein Wunder ist der Ausflug zum Palpuognasee auch im Herbst bei Familien beliebt.
Auch, wenn die Lärchen rund um den See gerade erst beginnen, sich goldgelb zu verfärben, ist die Stimmung fast magisch. Das Wasser des Palpuognasees leuchtet blau und grün. Die Berge spiegeln sich. Verführerisch zieht der Duft von gebratenen Würstchen durch die Luft. Andere dagegen sind noch dabei, ihr Mittagessen zu angeln.
Der See liegt direkt an der Weitwanderroute 33 Via Albula. Von Preda führt ein signalisierter Wanderweg zum See (Wanderung Preda-Palpuognasee).

Am Rande des Palpuognasees verläuft das Naturwaldreservat Crap Alv-Ervedi. Kleine Bäche und der Albula münden am anderen Ende in den Palpuognasee. Kinder spielen im seichten Wasser der Bäche. Es ist so friedlich hier, dass wir uns am Kopfende des Sees auf einer Bank niederlassen und einfach den Augenblick geniessen und unseren Kurzurlaub im Engadin Revue passieren lassen. Highlights waren sicher die Camera Obscura am Berninapass und der Gletschergarten in Cavaglia. Ebenso hat uns das Bergell verzaubert.
Mit dem Versprechen, wiederzukommen, begeben wir uns schweren Herzens irgendwann zum Auto.

Anreise und Wandern zum Palpuognasee
Die Strasse über den Albulapass (Pass d’Alvra) ist nur von Juni bis Oktober geöffnet. Von ungefähr Mitte Juni bis Mitte Oktober fährt der BusAlpin zwischen Preda (Hotel Kulm) und La Punt-Chamues-ch. Auch wenn der Bus einem Fahrplan folgt, handelt es sich um einen Rufbus, der bis mindestens eine Stunde vor Abfahrt telefonisch reserviert werden muss (+41 (0)79 211 77 55). Während der Ferien und an den Wochenenden sollte man frühzeitig einen Platz buchen. Auf der Strecke gibt es Haltestellen beim Palpuognasee und beim Hospiz am Albulapass.
Von der Haltestelle Palpuognasee sind es nur wenige Schritte zum See. Eine Umrundung ohne längere Pausen dauert 30 bis 40 Minuten. Natürlich kann man von Preda aus auch zum See laufen. Ein gut ausgeschilderter, leicht ansteigender Wanderweg führt in rund 45 Minuten direkt zum See (Wanderung Palpuognasee Preda).
Vom Hospiz am Albulapass führt ebenfalls ein Wanderweg zum Palpuognasee. Dieser Weg führt abwärts durchs Teufelstal vorbei an der Funtana Fregda, der Quelle der Albula.
Die Rhätische Bahn fährt ebenfalls von Thusis in Richtung St. Moritz auf der Albulalinie und hält sowohl in Preda als auch beim Hospiz am Albulapass.
Wer mit dem Auto zum Palpuognasee anreist, muss früh da sein oder Glück haben. Es gibt nur wenige Parkplätze entlang der Strasse.

Du willst länger in der Gegend bleiben und den Naturpark Parc Ela erkunden, dann empfehlen sich Übernachtungen in Bergün* oder La Punt*.
Unsere Empfehlung: Buchung über Booking.com – grosse Auswahl und gute Storno-Optionen.
Der Link wird technisch über ein Partner-Tool bereitgestellt. Bei Buchung über unsere Links* erhalten wir eine kleine Provision – ein Dank für unsere Arbeit.
Ich bin mit dem Fahrrad schon zwei mal über den Albulapass gefahren, erstes mal von Chur über Bergün nach La Punt und einmal von St. Moritz nach Begünstigung, es waren meine schönsten Radtouren. Am Palquognasee habe ich eine wohlverdiente Pause gemacht und die Seele baumeln lassen, sowie die grandiose Bergwelt genossen.
Hallo Wolfgang,
wow, mit dem Fahrrad über den Pass. Ja, da hast du dir eine Pause am Palpuognasee mehr als verdient.
Aller guten Dinge sind übrigens 3.
Liebe Grüsse
Susan
Wer einmal da war kommt garantiert wieder. Ein wahrgewordener Traum
Hallo Jürgen,
ja, der Palpuognasee gehört zu diesen Orten, die sich ins Gedächtnis einbrennen und zu denen man gern zurückkommt.
LG Susan