Chaumont, Cheverny & Beauregard – inspirierende Gärten rund um Blois

Wer das Loiretal bereist, kommt an den berühmten Schlössern nicht vorbei. Ich jedoch habe ich mich ganz bewusst auf die Gärten konzentriert. Viele der berühmten Schlossgärten folgen strengen barocken Linien. Das mag eindrucksvoll sein, doch mich spricht die Unterwerfung der Natur nicht an. Ich bin ein Fan der englischen Gartenkunst, die das ungezähmte inszeniert. Deshalb führt unser erster Zwischenstopp auf der Reise in die Bretagne nicht zu den bekannten Prunkbauten, sondern zu drei Gärten rund um Blois. Besonders Chaumont-sur-Loire, bekannt für sein internationales Gartenfestival, war für uns ein echtes Highlight – aber auch Schloss Cheverny und Beauregard wussten zu überraschen.

Ich lade dich ein, mit mir durch die Tulpenpracht in Cheverny zu flanieren und die Zedern und Wasserkanäle zu entdecken oder im Irrgarten verloren zu gehen. Erfahre bei einem Bummel durch die Gärten von Beauregard, was ein Porträt-Garten ist und lass dich in die Parkanlagen von Chaumont sur Loire entführen, wo neben Blumen, uralten Bäumen und vielen Zwischenräumen Kunst darauf wartet, entdeckt zu werden.

Selbstverständlich nehme ich dich auch mit ins Schloss Blois mit seiner berühmten Wendeltreppe, auch wenn von den einstigen Gartenanlagen des Schlosses heute nicht mehr viel übrig ist. Immerhin haben die Bewohner des Schlosses massgeblich die Geschichte mitbestimmt.

Cheverny – Gartenvielfalt und Oster-Overkill

Nur rund 20 km von Blois entfernt, liegt das Schloss Cheverny bekannt für seine Gärten und üppig dekorierten Innenräume. Der Besucher betritt das Gelände seitlich zur barocken Parkachse, die heute auf der Vorderseite des Schlosses sehr schön mit alten Bäumen wie in einem englischen Landschaftsgarten bewachsen ist.

Schloss Cheverny in der langen geraden Parkachse gesehen, flankiert von altem Baumbestand.
Schloss Cheverny

Im 14. Jahrhundert erwarb die Familie Hurault die Ländereien des Anwesens und liess im 16. Jahrhundert ein erstes Wohnhaus und ein befestigtes Schloss errichten. Das heutige Schloss stammt aus dem 17. Jahrhundert. Die Gartenareale wurden im Lauf der Zeit immer wieder neu gestaltet.

Im Inneren bietet das Schloss Inneneinrichtung aus mehreren Epochen. Deckenbemalungen, Wandverkleidungen, Mobiliar – alles wäre eine Augenweide, würde nicht die überbordende Osterdekoration alle Aufmerksamkeit der zahlreichen Besucher auf sich ziehen. Für uns sind es zu viele Menschen und ganz eindeutig zu viele Osterhasen, andere Besucher hingegend zeigten sich begeistert. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.

Bereits seit 1922 ist das Schloss Cheverny für die Öffentlichkeit zugänglich. Einige zusätzliche Berühmtheit erlangt es, weil es Hergé zur Gestaltung seines Schlosses Moulinsart inspirierte. Insofern gibt es im Schloss eine Dauerausstellung zu Tim und Struppi – die Geheimnisse des Mühlenhofs. Diese interaktive Ausstellung mit Falltüren und dem Nachbau einiger Originalräume muss extra gebucht werden. Für Fans des Comics sicher ein Muss.

Der Gemüsegarten

Zwischen Trophäensaal und Zwinger der Jagdhunde-Meute liegt der Gemüsegarten. Jetzt im April dominieren noch die Tulpen die Beete. Im hinteren Teil wachsen Rosen und vor den sonnigen Mauern stehen zahlreiche grosse Töpfe mit Kräutern. Die Gärtner sind schon eifrig bei der Planung der Neubepflanzung der Beete.

Der Gemüsegarten von Schloss Cheverny ist im April voller Tulpen bepflanzt und mit Ostereiern dekoriert.
Tulpen statt Gemüse

Der Tulpengarten

500.000 Tulpen ziehen sich wie ein Band durch die Gartenanlage von Cheverny bis zum Teich. Im April bestimmen vor allem die Tulpen und Osterdekorationen die Beete. Man soll ja nicht vergleichen, aber in Chaumont-sur-Loire, wo der künstlerische Anspruch der Gärtner spürbar ist, wirkten die Frühlingsbeete eleganter und stimmiger komponiert.

Tulpenpracht im Garten von Schloss Cheverny, welch ein Kontrast zu Chaumont-sur-Loire.
Das Tulpenband zieht sich durch den Landschaftsgarten

Der Garten der Liebe

Eine Brücke führt über den Fluss, bevor er sich zu einem See aufstaut. Schwarze Schwäne und ein weisser Schwan ziehen ihre Runden und lassen ihren Schwanengesang ertönen. Rote Herzen drehen sich im Wind und kontrastieren das frische Grün der Bäume. Im Garten der Liebe stehen sechs Bronzeskulpturen des schwedischen Künstlers Gudmar Olovson. Die Bilder zeigen: Les deux Soeurs und Prélude.

Wald und Wasserkanäle

Nur, wer die Tour mit Elektroauto (eigentlich ein kleiner Zug) und Schiff bucht, kommt in den Genuss, einen Blick auf den Wald und die zahlreichen Wasserkanäle auf den Ländereien, die zu Schloss Cheverny gehören, zu werfen.

Tipp: Kaufst du diese Ticket-Variante, musst du noch bei der Abfahrtstelle der Züge die Uhrzeit für deine Tour reservieren. Am besten du reservierst die Tour gleich als Erstes, sonst kann es sein, dass alle Touren bis zum Abend schon ausgebucht sind.

In rasanter Fahrt geht es in den Wald durch eine Zedern-Allee. Hier stoppt der Zug kurz und man bekommt ein paar Informationen in sehr schnellem Französisch zu den Zedern und den Wäldern, die zu Schloss Cheverny gehören.

An einer Lichtung steigt man aus und wechselt in Boote, die dort in einem Kanal vor Anker liegen. Gemächlich wird die Fahrt in den Elektrobooten fortgesetzt. Auf einem kurzen Stück des langen Kanalnetzes bekommt man einen schönen Perspektivwechsel. Für die Seerosen sind wir allerdings viel zu früh da.

Sumpfzypressen stehen wie Ballerinas im von Seerosenblättern bedeckten Wasser - Bootsfahrt Schloss Cheverny.
Ausflug mit dem Boot

Weitere Gärten in Schloss Cheverny

Zwischen Schloss und Orangerie befindet sich der Garten der Lehrlinge. Dies war früher ein klassischer Garten, der heute durch allerlei Installationen seine strenge Form verliert und einen schönen Blick auf das Schloss bietet.

Zarte Mohnblumen aus Glas erheben sich aus dem Wasserbecken und schaffen einen ganz eigenen Kontrast zu den formalen Hecken auf der Rückseite von Schloss Cheverny.
Aufbrechen der Linien

In der Orangerie kann man sich stärken. Es gibt ein Restaurant mit festlich gedeckten Tischen und einen Selbstbedienungsbereich mit Sitzplätzen innen und aussen. Die Dekoration im Inneren der Orangerie lässt dem Besucher beim Warten das Wasser im Mund zusammenlaufen, hängen doch allerlei Süssigkeiten von der Decke.

Unweit der Orangerie befindet sich auch der Irrgarten. Irgendwann lerne ich es, dass Irrgärten nichts für mich sind. Rein finde ich immer, aber wieder herauszufinden ist schon schwerer. Relativ neu angelegt ist der süsse Garten – ein Obstgarten.

Das Gespenst im Irrgarten von Schloss Cheverny ist nicht hilfreich, wenn man den Ausgang sucht.
Ein Wegweiser aus dem Irrgarten wäre mir lieber gewesen

Tipps für deinen Besuch im Schloss Cheverny

Zum Schloss gehören drei grosse, kostenlose Parkplätze. Wer früh kommt, findet sicher auf P 1, dem Schloss am nächsten gelegen, noch einen Platz. Früh kommen lohnt auch, um den Besuchermassen etwas aus dem Weg zu gehen. Da man für eine Besichtigung für Schloss Cheverny und seine Gärten aber gut vier Stunden (oder auch mehr) einplanen kann, sollte man sich im Vorfeld überlegen, wo man möglichst ungestört sein möchte.

Wir empfehlen den Besuch an einem schönen Tag. Im Park gibt es mehrere schöne Picknickstellen. Wer ein Picknick dabei hat, ist klar im Vorteil. Alle anderen finden in der Orangerie etwas. Die Schlangen sind gegen Mittag jedoch lang und es dauert bis die Bestellungen abgearbeitet sind.

Das rosa Luxemburgerli ist nur eine von vielen Süssigkeiten, die von der Decke in der Orangerie von Château de Cheverny hängen und Appetit machen, während man wartet.
Für jeden Geschmack hängt es etwas von der Decke der Orangerie

Für Kinder gibt es für die Erkundung von Schloss Cheverny ein Rätselheft. Frage unbedingt an der Kasse danach.

Beauregard – Gärten zwischen Porträts und Perspektiven

Der Kontrast zwischen Chaumont-sur-Loire, Cheverny und Schloss Beauregard könnte kaum grösser sein. Es fängt schon damit an, dass Google Maps uns unbedingt zur Orangerie von Beauregard bringen will. Das ist aber nicht die Zufahrt. Als wir endlich den grossen Parkplatz gefunden haben, fragen wir uns unwillkürlich, ob das Schloss Beauregard überhaupt geöffnet hat, denn es stehen nur eine handvoll Autos auf dem Parkplatz.

Schloss Beauregard - in dieser Ansicht sieht man sehr schön, das alte Herrenhaus, welches später integriert wurde.
Links das alte Gebäude von Schloss Beauregard

Man betritt das nur 6 km von Blois entfernte Beauregard durch ein altes Häuschen und befindet sich mitten in einer Landschaft wieder. Blühende Wiesen, ein See und Baumgruppen. Die Natur scheint weitestgehend sich selbst überlassen zu sein.

Ursprünglich wurde der Garten von Beauregard als geometrischer Garten angelegt. Im 19. Jahrhundert wurde der Garten jedoch als englischer Landschaftsgarten umgestaltet.

Das Schloss liegt noch in der Ferne. So beginnen wir unseren Besuch mit dem Portraitgarten, auf den ich sehr gespannt war.

Der Portraitgarten von Schloss Beauregard

Der Portraitgarten wurde 1992 im ehemaligen Küchengarten von Schloss Beauregard angelegt. Gilles Clément, ein Landschaftsgärtner, plante zwei mal sechs von Hecken umrahmte «Zimmer». Die geometrische Form der einzelnen «Zimmer» stellen den Bilderrahmen für seine Portraits dar, ähnlich wie in der Galerie des Illustres, für die das Schloss Beauregard berühmt ist.

Doch wie passen Pflanzen und Portraits von Berühmtheiten der Geschichte zusammen? Hier hat der Landschaftsgärtner eine geniale Idee. In jedem «Zimmer» herrscht eine Blütenfarbe vor. Und jede Farbe hat eine Bedeutung, die sich auf die in den Portraits im Schloss dargestellten Personen bezieht.

Gelb, die Farbe der Untreue etwa, verweist auf die Könige und ihre Geliebten. Karl VII. war der Erste, der eine Geliebte bei Hof einführte. Die Farbe verweist aber auch auf den Vater des Sonnenkönigs, der der letzte porträtierte König in der Galerie des Illustres ist. Blau war die Farbe des bedeutendsten Ritterordens in Frankreich, dem Orden vom Heiligen Geist.

Im gelben Gartenbereich des Portraitgartens von Schloss Beauregard dominiert ein grosser Busch mit gelbem Blattaustrieb die noch in Knospe befindlichen gelben Schwertlilien.
Gelb wie die Farbe der Untreue

Durch die «Zimmer» des Gartens führt ein geschwungener Weg. In der Mitte zwischen den zwei Mal sechs «Zimmern» befindet sich ein Grünstreifen, der als imaginärer Stammbaum, die porträtierten Personen verbindet.

Der Landschaftsgärtner Clément scheint ein Anhänger des «faulen Gärtners» zu sein. Clément selbst beschreibt das Konzept als «Garten in Bewegung»: «Arbeite so viel wie möglich mit dem Garten, aber so wenig wie möglich gegen ihn.» Mit meinen Worten wiedergegeben: Solange die Pflanzen nicht gegen das grosse Konzept verstossen, dürfen sie wachsen, wie es ihnen gefällt.

Für diesen Garten müsste man zu einer späteren Jahreszeit noch einmal wiederkommen. Jetzt im April hat noch nicht viel geblüht.

Ein Wald voller Gesichter

Wer nun einem Seitenweg in den Wald folgt, landet in einem Wald voller Gesichter. Zu jedem Gesicht gibt es eine Beschreibung zur Bedeutung der Person. Es ist wie eine Zeitreise. Leider sind die Texte meist nur in Französisch, ausgenommen bei den Königen.

An dicken Holzpfählen hängen die Portraits aus der Galerie des Illustres im Wald von Schloss Beauregard mit einer Erklärung. Kein Vergleich mit der Kunst in Chaumont-sur-Loire.
Im Wald der Gesichter

Fast noch spannender finde ich die verbindende Darstellung von Personen aus der Galerie des Illustres und der Aufteilung Europas und wie sich diese Aufteilung jeweils verändert hat.

Im Bild eine Momentaufnahme zur Regierungszeit von Karl VII, wie Europa, vor allem im Süden in viele kleine Herzogtümer aufgeteilt ist. - Wald von Château de Beauregard

Das Schloss Beauregard

Die ältesten Gebäudeteile des Schlosses stammen aus dem späten 15. Jahrhundert. Das alte Herrenhaus, in dem sich die alte Küche befindet wurde später in den Renaissancebau integriert. Die unterschiedlichen Baustile fallen vor allem auf der Rückseite auf.

Schloss Beauregard von der Rückseite gesehen. Erst hier sieht man die Flügel an beiden Seiten des Schlosses. Die Fensterfronten lassen noch die unterschiedlichen Bauzeiten erkennen.
Schloss Beauregard von der Rückseite

Das Schloss Beauregard wechselte im Laufe seines Bestehens oft die Besitzer. Seit 1925 gehört es der Familie du Cheyron du Pavillon. Paul Ardier, der das Schloss 1617 erwarb, war Schatzmeister unter Heinrich IV. und Ludwig XIII.. Er initiierte die berühmte Porträtgalerie. Diese Galerie beherbergt 327 Porträts bedeutender Persönlichkeiten aus der Zeit von 1328 bis 1643.

Die Galerie diente nicht nur der Zierde, sondern hatte auch einen didaktischen Zweck. Die Anordnung der Porträts folgt einer chronologischen Struktur. In der Galerie sind die Gesichter von Königen und Königinnen, Beratern, Ministern, Kardinälen und Dichtern verewigt. Einige dieser Gesichter, die Geschichte schrieben, begegnen uns im Schloss von Blois wieder, wo die Macht gelebt wurde.

Die Portraitgalerie im Schloss Beauregard, vom Dschungel überwuchert. So könnte es aussehen, wenn die Natur wieder übernimmt. Werk von Chris Morin-Eitner
Echt oder Wandverkleidung?

Im Raum mit der Galerie des Illustres trifft man auf ein weiteres Stück Geschichte. Der Boden ist mit mehr als 5.000 Delfter Kacheln aus dem 17. Jahrhundert ausgelegt.

Während Beauregard seine Besucher mit Reflexionen über Geschichte und Gärten überrascht, lädt Chaumont-sur-Loire dazu ein, über die Zukunft der Gartenkunst nachzudenken – ein gelungener Kontrast im Loiretal.

Was wäre, wenn …

Was wäre, wenn die Natur das Schloss Beauregard zurück erobert? Im Garten und im Schloss nagt überall der Zahn der Zeit. Der Schlossherr hat wohl aus der Not eine Tugend gemacht und vom franzöischen Künstler Chris Morin-Eitner im Rahmen seiner Serie „Il était une fois demain“ („Es war einmal morgen“) eine Tapisserie für Beauregard anfertigen lassen.

Die Dschungel-Tapisserie ist überwältigend, so gross und grün. Welche Bedeutung haben die Mächtigen der Geschichte noch, wenn die Natur die Spuren menschlichen Wirkens, die Symbole der Macht, verschlingt? Darüber philosophierend, spazieren wir weiter durch den Park.

Noch wirft die Tapisserie Falten, aber das tropische Beauregard mit Palmen und einem weissen Pfau ist gerade noch zu erkennen. - Werk von Chris Morin-Eitner
Beauregard in der Fantasie des Künstlers

Chaumont-sur-Loire – Gartenkunst und Ideenvielfalt

Nur etwa 20 Fahrminuten von Blois entfernt liegt Chaumont-sur-Loire, berühmt für sein internationales Gartenfestival, das jährlich von ungefähr Mitte April bis Anfang November stattfindet.

Wir besuchen es auf der Weiterfahrt nach Nantes, am Tag vor der Eröffnung des diesjährigen Gartenfestivals, welches das Motto «Es war einmal im Garten» hat. Auch, wenn wir von der «magischen Initiationsreise» nichts mitbekommen, zählen die Gärten von Chaumont-sur-Loire mit ihren Blumen und Kunstwerken sowie das Schloss zu den absoluten Highlights dieser Reise.

Streifen mit farblich harmonisch blühenden pinken, rosa und weissen Tulpen, Narzissen und weissen Vergiss-mein-nicht und Levkojen führen den Blick auf das Schloss von Chaumont-sur-Loire.

Am besten fährt man zum oberen, kostenfreien Parkplatz und betritt das Gelände von Chaumont-sur-Loire auf der Hauptachse zum Musterbauernhof. Wunderbar restauriert bieten diese Gebäude den Rahmen für verschiedene Kunstausstellungen und ein kleines Café. So ist im ehemaligen Kuhstall heute die Galerie du Fenil untergebracht. Auch ein Tropenhaus hat in der Gebäudeansammlung Platz gefunden. Allerdings war es wegen eines technischen Defekts für das Publikum geschlossen.

Blick auf den Musterbauernhof von Chaumont-sur-Loire und seine Stallgebäude. Im Vordergrund liegt eine Skulptur. Die Bäume verstecken die Ställe.
Der Bauernhof ist eine eigene kleine Welt

Die Stallungen wurden 1877 im Auftrag des Prinzen de Broglie erbaut. Der Architekt Paul-Ernest Sanson bekam den Auftrag die prachtvollsten und modernsten Ställe Europas zu bauen.

Das Schloss Chaumont-sur-Loire

Mit seinen Rundtürmen und der Zugbrücke wirkt das Schloss Chaumont-sur-Loire wie eine Märchenbuchkulisse. Erhöht über der Loire gelegen, geniesst man wunderbare Ausblicke auf die Landschaft. Das war nicht immer so. Erst als der Nordflügel des Schlosses 1750 im Besitz von Jacques Donatien abgerissen wurde, konnte die Terrasse mit Ausblick geschaffen werden.

Das Schloss von Chaumont-sur-Loire mit seinen Rundtürmen und der Zugbrücke über die man das Schloss betritt.
Das Märchenschloss
Blick über die Loire vom Schloss Chaumont-sur-Loire. Die Loire ist ein naturnaher Fluss mit zahlreichen Inseln.
Die Loire ist ein überraschend naturnaher Fluss mit zahlreichen Insen

Hinter dieser märchenhaften Fassade verbirgt sich eine bewegte Geschichte. Sie reicht weit zurück. Bereits im 10. Jahrhundert bauten die Grafen von Blois ein Schloss an dieser Stelle. 1465 wurde es von Ludwig XI. zerstört. Ab 1469 begann der Wiederaufbau. 1560 kaufte Katharina von Medici das Anwesen nach dem Tod ihres Mannes Heinrich II. und zwang seine langjährige Geliebte Diane de Poitiers, ihr Schloss Chenonceau gegen Chaumont-sur-Loire einzutauschen.

Ab 1875 war das Schloss Lebensmittelpunkt des Prinzen von Brogli und seiner Frau, der reichen Erbin einer Zuckerfabrik. Dem Paar verdanken wir auch den heutigen Landschaftsgarten. 1938 ging das Schloss in den Besitz des französischen Staats über.

Die Skulptur L’Œil de l’oubli (Das Auge des Vergessens) von Anne et Patrick Poinier im Landschaftspark von Chaumont-sur-Loire wird eingerahmt vom Grün des Waldes.
L’Œil de l’oubli (Das Auge des Vergessens) von Anne et Patrick Poinier

Neben wunderbar von Brogli eingerichteten «Historischen Gemächern» im Stil des 15. und 16. Jahrhunderts sind auch die möblierten Privatgemächer des Paares zu bewundern. Das Schloss Chaumont-sur-Loir gehört heute zu den am besten möblierten Schlössern Frankreichs.

Teile der Räume des Schlosses werden als Ausstellungsräume genutzt.

Der Landschaftsgarten

Als Prinz von Brogli mit seiner Frau das Schloss zu seinem Lebensmittelpunkt machte, gab es noch keinen wie auch immer gearteten Park. Zwei Weiler samt Kirche und Friedhof mussten verlegt werden, um Platz zu schaffen.

Heute verläuft eine Ringallee um den Park herum. Auf Luftaufnahmen sieht man, dass zahllose Wege im Kreis neue geometrische Elemente bilden. Baumgruppen und einzeln stehende Bäume schaffen dabei immer wieder neue Perspektiven. Vor allem im Herbst muss das Spiel der Laubfarben fantastisch sein.

Auf einer Fläche von 21 Hektar bildet der Park von Chaumont-sur-Loire die Kulisse für bleibende und wechselnde Kunstinstallationen. Meist wirkt es so harmonisch, als hätte die Kunst sich selbst ihren Platz ausgesucht. Welch ein Kontrast zur Osterdekoration in Cheverny.

Trotz mehr als drei Stunden Spaziergang durch den englischen Landschaftspark von Chaumont-sur-Loire haben wir längst nicht alles gesehen.

Tipps für deinen Besuch in Chaumont-sur-Loire

Solltest du dich für Kunst und Landschaftsgärten interessieren, empfehle ich dir, direkt in der Gästeunterkunft von Chaumont-sur-Loire*, nur 700 m vom Parkeingang entfernt, zu übernachten und den Zwei-Tages-Eintritts-Pass zu kaufen.

Der Besuch von Chaumont-sur-Loire lohnt sich zu jeder Jahreszeit. Besonders natürlich zur Hauptsaison von ungefähr Mitte April bis Anfang November, wenn das internationale Gartenfestival stattfindet. Aber auch im Winter lockt Chaumont-sur-Loire mit Fotoausstellungen oder Weihnachten im Schloss.

Drei aufgerichtete Boote oberhalb der Ufer der Loire von El Anatsui in Chaumount-sur-Loire.
Boote als Kunstobjekte von El Anatsui

Schloss Blois – Macht und Architektur im Spiegel der Zeit

Das königliche Schloss Blois thront oben auf dem Hügel. Hier kann man in Architektur und Geschichte mehrerer Jahrhunderte eintauchen. Und auch, wenn von den einstigen Gärten nur noch Stiche im Schloss zeugen, empfehle ich dir unbedingt einen Besuch. Mit dem Audio-Guide erfährst du alles über seine Bewohner, Macht, Intrigen und Mord sowie Wissenswertes über die Architektur. Alternativ kannst du dir auch ein Tablet mieten und die Informationen lesen und visuell noch einmal anders in die Geschichte des Schlosses eintauchen. Allerdings hast du dann keine Hand zum Fotografieren frei.

Perfekt als Ergänzung ist die abendliche Son et Lumière Vorstellung, wenn das Leben und die wichtigsten historischen Momente im Schloss Blois lebendig werden. Auch hier gibt es mit Kopfhörern eine Übersetzung des Programs für dich. Die berühmte Treppe wirkt dabei immer wieder anders, je nach Beleuchtung.

Vier Baustile – vier Epochen

Schloss Blois wirkt auf den ersten Blick wie ein Sammelsurium von Gebäuden unterschiedlicher Epochen. Entstanden über mehrere Jahrhunderte zeigen sie den Geschmack der Auftraggeber. Man betritt das Schloss durch den markant rot-weissen Bau von Ludwig XII.. Sein Reiterstandbild prangt über dem Eingang. Im Innenhof treffen dann Gotik, Spätgotik, Renaissance und Klassizismus unvermittelt aufeinander. Nachfolgend nehme ich dich mit auf eine kurze Zeitreise der Architektur der Gebäude und ihrer Bewohner.

Reiterbild von Ludwig XII. in der Fassade von Schloss Blois.
Reiterbild von Ludwig XII.

Ludwig von Orléans und der gotische Wohnturm

Der älteste erhaltene Teil von Schloss Blois geht auf Herzog Ludwig von Orléans, den Bruder von Karl VI., zurück. Nach dem Tod des Herzogs von Berry erhielt Ludwig von Orléans 1392 die Grafschaft Blois als Apanage. Anstelle einer mittelalterlichen Burg liess er einen gotischen Wohnturm errichten. Das war für die Zeit bemerkenswert: Statt einer rein wehrhaften Anlage entstand ein erster Ansatz von Wohnkomfort mit politischem Anspruch.

Der Wohnturm hebt sich heute äusserlich nur noch von Aussen ab. Er wurde bei späteren Bauten von Ludwig XII. in den spätgotischen Flügel integriert, die Fenster wurden angepasst. Lange konnte Ludwig von Orléans seinen Wohnturm allerdings nicht geniessen, denn er wurde 1407 in Paris ermordet.

Vor dem Eingang sieht man noch den Wohnturm ohne die roten Ziegel, aber schon mit angepassten Fenstern von Ludwig von Orlèans.
Der Wohnturm hebt sich aussen ab, vom angebauten Gebäude

Ludwig XII. & Anne de Bretagne und der spätgotische Flügel

Ludwig XII., ein Enkel von Ludwig von Orléans, verlegte seinen Wohnsitz nach Blois, nachdem er zum König gekrönt wurde – noch bevor er Anne de Bretagne heiratete. Er liess den spätgotischen Flügel errichte. Seine rot-weisse Ziegelfassade und die typischen floralen Ornamente sowie die gegliederten Fensterreihen und -rahmungen machen ihn zu einem markanten Beispiel der Flamboyant-Gotik, der letzten, besonders dekorativen Phase der französischen Gotik.

Die rot weisse Ziegelfassade des spätgotischen Flügels von Ludwig XII. - Château Blois
Der spätgotische Flügel von der Wendeltreppe aus gesehen

Sein Wappentier, das Stachelschwein, findet man überall in Blois. Sein Wahlspruch: «Cominus et eminus» – «Aus der Nähe wie aus der Ferne» steht für die Verteidigungsbereitschaft mit Bedacht.

Das Stachelschwein mit Krone in der Hausfassade von Schloss Blois.
Das Stachelschwein

Anne de Bretagne, seine Ehefrau, war bereits zuvor mit Karl VIII. verheiratet gewesen, der jung starb und wurde durch ihre zweite Heirat erneut Königin von Frankreich. Sie galt als kluge Diplomatin und war entschlossen, die Eigenständigkeit der Bretagne zu wahren.

Die Regentschaft von Ludwig XII. dauerte 17 Jahre. Während seiner Herrschaft wurden auch die Gartenanlagen von Blois neu gestaltet. Er beauftragte den italienischen Priester und Landschaftsarchitekten Pacello da Mercogliano. Von den prächtigen Gärten, die wohl als Vorreiter der französischen Barockgärten gesehen werden können, zeugen heute allerdings nur noch einige Bilder im Schloss. Ganz anders in Chaumont-sur-Loire, wo ein weitläufiger Landschaftspark und das jährliche Gartenfestival den historischen Rahmen zeitgemäss weiterdenken.

Franz I. und der Renaissance-Flügel

Durch die Heirat von Claude, der Tochter von Ludwig XII. und Anne de Bretagne, mit Franz von Angoulême, wurde dieser nach Ludwigs Tod als Franz I. König von Frankreich. Der neue Schloss-Flügel wurde direkt zu Beginn seiner Regierungszeit errichtet. Franz brachte den Geist der italienischen Renaissance nach Frankreich. Der prachtvolle Bau war ein politisches Manifest – der König als Gönner der Künste und Mittelpunkt der Macht.

Der repräsentative Flügel mit der Wendeltreppe ist heute wohl das Wahrzeichen von Schloss Blois.

Sein persönliches Emblem war der Salamander. Sein Wahlspruch: «Nutrisco et extinguo» – «Ich nähre (das Feuer) und lösche es aus». Der Salamander steht für Wandlungsfähigkeit und Beharrlichkeit und findet sich überall im Schloss. Franz› Herrschaft dauerte 32 Jahre.

Der Salamander in der Hausfassade des Renaissance-Flügels von Schloss Blois von züngelndem Flammen und einer Krone umgeben.
Der Salamander

Schloss Blois zwischen Glanz und Krise – Heinrich II. bis Heinrich III.

Heinrich II., der Sohn von Franz I. übernahm die Krone und den Renaissance-Flügel. Mit seiner Ehefrau Katharina von Medici hatte er 10 Kinder, von denen sieben das Erwachsenenalter erreichten. Drei von ihnen – Franz II., Karl IX. und Heinrich III. bestiegen später selbst den Thron.

Heinrich II. starb im 12. Jahr seiner Regierungszeit an einer Turnierverletzung. Sein Sohn Franz II. wurde für ein Jahr König, bevor auch dieser starb. Ihm folgte sein Bruder Karl IX. auf den Thron. Bis auch er zerrissen und krank im 14. Jahr seiner Regentschaft starb. Seit dem Tod von Heinrich II. hielt Katharina von Medici die Fäden der Regierungsgeschäfte in der Hand. So gilt sie als Verantwortliche des Massakers an den Hugenotten in der Bartholomäusnacht, auch wenn es offiziell in die Verantwortung ihres Sohnes Karl fällt.

Auf Karl folgt Heinrich III. Er liess im Schloss den Herzog von Guise ermorden, nachdem dieser zu mächtig geworden war. Der Mord geschah am 23. Dezember 1588 im königlichen Schlafzimmer. Nur ein Jahr später, 1589, wurde Heinrich III. selbst ermordet. Mit ihm erlosch die männliche Linie der Valois. Blois, einst Ort des Mordes an seinem Rivalen, wurde so zum Wendepunkt des französischen Königtums.

Die Thronfolge fiel nun an Heinrich von Navarra, den nächsten männlichen Verwandten aus dem Haus Bourbon, einem Protestant, der als Heinrich IV. den Thron besteigt. Bereits 1572 hatte er Margarete von Valois, die Schwester von Karl IX. und Heinrich III., geheiratet, in der Hoffnung, die konfessionellen Spannungen zu überbrücken. Diese Hochzeit wurde jedoch vom Blut der Bartholomäusnacht überschattet, die kurz darauf stattfand.

Übersichtsgrafik der königlichen Bewohner von Schloss Blois.

Die Ehe mit Margarete blieb kinderlos und wurde 1599 annulliert, woraufhin er Maria von Medici heiratet. Blois fristete nun endgültig ein Schattendasein.

Gaston d› Oreléans – der klassizistische Flügel

Gaston d’Orléans, der jüngere Bruder von Ludwig XIII., wurde 1626 nach Blois verbannt. Er plante den kompletten Umbau von Schloss Blois. Er liess 1635–1638 den klassizistischen Flügel durch den Architekten François Mansart errichten. Dazu wurde ein Teil des Renaissance-Flügels abgerissen. Die Übergänge sieht man noch.

Im Bild sieht man sehr schön, wie brachial der klassizistische an den Renaissance-Flügel angebaut wurde. - Schloss Blois
Der Übergang zwischen den Flügeln

Doch das grosse Bauprojekt kam bald zum Erliegen, denn Gaston verlor erneut die Gunst und nach dem Tod seiner Mutter Maria von Medici die schützende Hand. So blieb der geplante Neubau von Schloss Blois unvollendet und steht als Symbol gescheiterter Machtansprüche.

Der klassizistische Flügel von Schloss Blois.

Wer hingegen die Verbindung von Geschichte, Kunst und Gartenarchitektur sucht, wird in Schloss Beauregard fündig – ein Ort, an dem Portraits, Pflanzen und Perspektiven ein faszinierendes Gesamtkonzept bilden.

Lohnt sich ein Besuch im Schloss Blois?

Wegen der Gärten wohl kaum, denn die einst prächtigen Schlossgärten von Blois sind lange verschwunden. Es gibt zwar auf der Terrasse vor dem Eingang noch einige quadratische Beete und eine beschnittene Baumallee und im Inneren einen kleinen Garten beim Tour du Foix. Von dort wird man mit einem herrlichen Blick über die engen Gassen der Altstadt, auf die Loire und die Église Saint Nicolas belohnt.

Der Terrassengarten vor Schloss Blois. Rasenflächen umschliessen quadratische Beete, unterbrochen von symmetrischen Wegen, gesäumt von Mauern, Buchshecken und in Form geschnittenen Bäumen.
Der Terrassengarten

Im Haus auf dem Tour du Foix hat Gaston d’Orléans in einem kleinen Observatorium die Sterne beobachtet.

Und trotzdem, Blois lohnt einen Besuch. Hier wurde französische Geschichte geschrieben. Und wer weiss, wäre Blois nicht Königsschloss gewesen, ob es Schloss Chennonceau, Cheverny, Beauregard, Chaumont-sur-Loire und all die anderen Adelssitze gegeben hätte. Hier war einst das Machtzentrum der Valois. Vieles an der Loire hängt mit diesem Ort zusammen.

Blois eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt für die Besichtigung der Schlösser in der Umgebung. Wir haben im kleinen Haus, der Selbstversorger Einheit von Maison Loire*, einem B&B übernachtet. Sowohl das kleine Haus, als auch das Haupthaus sind wunderschön renoviert und eingerichtet. Der Gastgeber sorgt für einen warmen Empfang für seine Gäste in Französisch oder Englisch.

Meine Empfehlung für die Buchung von Unterkünften:
Auf Booking.com findest du ganz einfach die passende Unterkunft mit guten Stornierungsoptionen. Bei Buchungen über unsere Links* erhalten wir eine kleine Provision.

Kurz und knapp mein Fazit

Mein Fazit hilft dir, dich zu entscheiden, welche Gärten und Schlösser die richtige Wahl für dich sind, wenn du wenig Zeit hast.

Unser Highlight war ganz eindeutig Chaumont-sur-Loire:

  • schöner Landschaftspark mit inspirierenden Kunstobjekten
  • Märchenschloss mit auserlesener Möblierung und schönen Ausstellungsräumen
  • internationales Gartenfestival
  • Chaumont-sur-Loire ist ein Gesamtkunstwerk

Schloss Cheverny punktet mit:

  • zahlreichen Themengärten und dem Hundezwinger
  • schönem alten Baumbestand im Landschaftspark
  • interaktiver Ausstellung zu Tim und Struppi
  • schön möbliertes Schloss

Weniger gefallen hat uns

  • die ins kitschige abrutschende Osterdekoration
  • die Besucher verlaufen sich weniger
  • die langen Wartezeiten an der Kasse und der Orangerie

Schloss Beauregard punktet mit:

  • Seinem einzigartigen Portraitgarten
  • der Portraitgalerie mit über 300 Persönlichkeiten der Geschichte
  • der Dschungeltapisserie
  • einer ruhigen Atmosphäre abseits der Touristenströme

Schloss Blois punktet mit:

  • einer eindrucksvollen Son et Lumière Show
  • einem einzigartigen Architekturmix aus vier Jahrhunderten
  • spannender französischer Geschichte
  • Kunstgalerie

Gärten gibt es aber keine mehr.

Weitere Gärten, die uns in Frankreich begeistert haben, sind: Monets Garten und der exotische Garten von Roscoff.

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