Die Halbinsel Sámara
Nach sechs abwechslungsreichen Wochen bin ich letzte Woche von meiner Reise aus Costa Rica in die kühle Schweiz zurückgekehrt. Diese Reise war für mich etwas Besonderes, war es doch die erste Reise, die ich allein unternommen habe. Einen guten Teil der Zeit habe ich in Sámara mit dem Verbessern meiner Spanischkenntnisse und dem Erlernen des Surfens verbracht. Dieser Beitrag ist der erste einer Reihe von geplanten Beiträgen. Nachfolgend werde ich euch in diesem ersten Beitrag die Gegend um Sámara vorstellen.

Anreise nach Sámara
Wer keinen Mietwagen zur Verfügung hat, fährt in Costa Rica Bus. Vom grossen Busbahnhof in San José aus kann man in jegliche Richtung fahren. In der Hauptreisezeit kann es sinnvoll sein, sich das Ticket vorab online zu kaufen. Allerdings funktioniert das nicht immer einwandfrei.
Die Busse sind Reisebusse, allerdings sind nicht alle mit einer funktionierenden Klimaanlage ausgestattet. In der Hitze können die über 5 Stunden Busfahrt recht anstrengend sein. Haltestellen werden nicht angesagt, deshalb fand ich es nützlich, meine Fahrt auf Google Maps mitzuverfolgen.
Auf dem Hinweg habe ich in San José übernachtet, da ich nach dem Flug nicht direkt noch die lange Busfahrt auf mich nehmen wollte. Die Gastfamilie für eine Nacht und die Abholung vom Flughafen hatte ich über die Sprachschule organisiert und als sehr angenehm empfunden. Auf dem Rückweg habe ich dann aber zugunsten eines Urlaubstages mehr am Meer darauf verzichtet und bin gleich im Anschluss an die Busfahrt in den Flieger gestiegen.
Tipp: Wenn ihr auch direkt weiterfliegen wollt, packt die warme Kleidung für den Flug ins Handgepäck und zieht euch erst auf dem Flughafen in San José um.
Sámara – ein internationales Dorf
Sámara ist ein kleiner Strandort auf der nördlich gelegenen Halbinsel Guanacaste. Mit knapp 3‘000 festen Einwohnern hat es trotz der Touristen, die es sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland anzieht, noch den Charakter eines Dorfes, wo jeder jeden kennt und grüsst. Durch die Sprachschule Intercultura, die ich fünf Wochen lang besucht habe, und die ortseigene Massageschule, befinden sich immer Touristen in Sámara, was zu einem regen Austausch verschiedener Kulturen und Geschichten führt.

Der Hauptanziehungspunkt Sámaras ist natürlich der 2.5 Kilometer lange Strand, der gleichermassen zum Baden und Entlanglaufen einlädt. Durch ein vorgelagertes Riff sind die Wellen des Pazifiks hier nicht allzu stark. Am linken Ende des Strandes kann man zu Ebbezeiten auf eine Insel hinüberschwimmen und schnorcheln – solange man ohne grosse Erwartungen ans Schnorcheln herangeht. Die Unterwasserwelt liegt doch vergleichsweise recht ausgestorben da. Einen Schwarm fliegender Fische und vereinzelte schüchterne Buntfische habe ich trotzdem sehen dürfen.
Surfparadies
Die Surfschulen, die sich am Strand aneinanderreihen, zeugen von der Anfängerfreundlichkeit der Wellen Sámaras. Aufgrund der Pandemie haben wir (die Schüler der Sprachschule) während meines Aufenthaltes die Surfstunden und Bretter sehr günstig bekommen. Eine einstündige Lektion kostete 40 US-Dollar. Solange mindestens eine Lektion pro Woche genommen wurde, war ein Brett für eine Woche gratis. So sind wir nach oder vor der Schule, je nachdem, wann die Flut günstig war, fast jeden Tag surfen gegangen – solange wir Lust und Energie hatten. Vorteilhaft fand ich, mit anderen Schülern der Sprachschule gemeinsam zu surfen, sich gegenseitig anzufeuern und zu motivieren. Alleine war ich immer viel schneller frustriert und habe deutlich weniger schnell Fortschritte gemacht.

Nach meinen sechs Wochen in Sámara konnte ich mich dann doch recht gut auf einem Board halten, und das trotz meiner anfänglichen Schwierigkeiten. Am schönsten war es immer, wenn wir nach vier Uhr nachmittags mit der untergehenden Sonne, oder, in meinem Fall nur einmal, am morgen früh in den ersten Sonnenstrahlen surfen konnten. Zwar kann es je nach Strömungen und Stärke der Wellen recht anstrengend sein, doch die Sekunden, die man stehend auf dem Wasser verbringen kann, sind die Mühe wert. Doch sollte man die Gefahren des Sports nicht ausser Acht lassen. Einige Surfunfälle unter Bekannten hinterliessen doch ein gewisses Mass an Respekt vor der Kraft des Ozeans und den scharfen Kanten eines Surfboards.
Tierreiche Umgebung
Sámara Trails
Auf den „Sámara Trails“ kann man die Feuchtwälder rund um Sámara erkunden. Empfehlenswert dabei ist ein Guide, der die gut versteckten Vögel, Schlangen, Affen, Eidechsen und Insekten nicht nur erkennen, sondern auch benennen kann. Meine Tour durch die trockenen und weniger trockenen Flussbetten des Waldes mit Guide Bernie begann um halb sieben und endete gegen elf mit einem costa-ricanischen Frühstück. Neben einer unglaublichen Vielfalt an Vögeln, darunter Falken und Uhus, fanden wir eine schlafende Boa, Brüllaffen, einen Helmbasilisk (im Englischen „Jesus Christ Lizard“, da er über Wasser laufen kann), Fledermäuse und ein ängstliches Opossum. Tatsächlich hatten wir auf den Sámara Trails mehr Glück mit der Sichtung von Tieren als später im Nationalpark Manuel Antonio. Auch hier zahlten wir einen Freundschaftspreis.

Delfintour
Auf der Delfintour in der letzten Woche machten wir dann jedoch eine deutlich weniger positive Erfahrung. Auf der dreistündigen Bootsfahrt hätten wir neben Delfinen auch Schildkröten, Rochen, und mit ganz viel Glück zu der späten Jahreszeit sogar Wale sehen und beim Schnorcheln noch weitere Tiere entdecken können. Doch sobald wir das Boot betreten hatten, wurde uns mitgeteilt, dass die Wellen und das Wetter zu schlecht seien, um schnorcheln gehen zu können.
Bereits nach wenigen Minuten waren die meisten von uns dank der deutlich grösseren Wellen ausserhalb von Playa Carrillo seekrank. Nachdem wir nach eineinhalb Stunden, während derer wir geradeaus vom Festland wegfuhren, immer noch kein Lebewesen erblickt hatten, drehten wir um. Inzwischen hatten sich Wolken vor dem Land gebildet, und prompt befanden wir uns im Regen. Das Boot hatte bloss ein Sonnendach, und so lenkte uns die Nässe und Kälte, die uns bis in die Knochen kroch, von unserer Seekrankheit ab.

Als der Motor dann auf halber Strecke ausging, und die Wellen anfingen, unser kleines Boot seitwärts zu drehen und zu kippen, dachten wir für einen kurzen Moment, dass wir an diesem Donnerstag unser Grab in der kühlen See finden würden. Doch zum Glück musste nur der andere Benzintank angeschlossen werden. Kurz vor der Anlegestelle sprangen wir dann alle noch kurz ins Wasser, da uns in der nassen Kleidung die Luft deutlich kälter vorkam als das Meer. Zurück in Sámara vermissten wir dann doch zum ersten Mal die warmen Duschen, die es dort nicht gibt, und lachten abends bei einem Cocktail über unser Pech.

Von anderen habe ich mir jedoch auch positive Geschichten über die Delfintour erzählen lassen. Mit der Natur ist es ja immer eine Frage des Glücks.
Schildkröten – Eiablage und Schlüpfen
Sehr viel Glück hatte ich dafür in meiner ersten Woche bei der Schildkrötentour. Gebucht habe ich sie beim selben Anbieter wie die Delfintour. Er hat einen Stand im Ortszentrum neben dem Palí Supermarkt. Abhängig von Gezeiten und Stand des Mond verabredet man eine Uhrzeit. Wir wurden um 19:00 Uhr an der Schule abgeholt und zur Playa Corozalito gefahren. Auf der abenteuerlichen Fahrt erzählte der Guide von den Schildkröten Costa Ricas und ihren Lebenszyklen. Nach einer Stunde erreichten wir den verlassenen Strand. Nun brauchte es gute Augen, Geduld und gutes Schuhwerk, denn nun läuft man den Strand auf und ab.
Bevor wir die ersten Schildkröten auf dem Weg zur Eiablage erblickten, winkte unser Guide vom anderen Ende des Strandes aufgeregt. Er hatte etwas entdeckt: Drei kleine Babyschildkröten schauten aus einer Kuhle im Sand. Mir ist es heute noch unbegreiflich, wie der Guide sie in der Dunkelheit gefunden hat. Wir sahen zu, wie der Guide mit Handschuhen vorsichtig anfing zu graben. Nach und nach kamen insgesamt 47 lebendige kleine Schildkröten zum Vorschein. Die drei, die zuoberst auflagen, waren die Pioniere. Sie hatten bereits drei Tage des Grabens hinter sich, um aus dem Nest an die Luft zu kommen.

Kein Wunder also, dass sie fast unbeweglich dort gelegen hatten. Nun bekamen wir alle einen Handschuh und durften die Kleinen vorsichtig in die Nähe des Meeres tragen. Nicht ganz bis ans Wasser, damit sie noch alle magnetischen und geruchlichen Informationen über den Strand aufnehmen konnten, bevor sie das Wasser erreichten. Nur so können sie später ihren Weg zurück zu eben diesem Strand finden, um ihre Eier zu legen. Normalerweise gilt die Faustregel: 100-10-1. Das bedeutet, dass von 100 gelegten Eiern nur rund 10 Babies das Meer erreichen, und nur eine von ihnen bis zur Geschlechtsreife überlebt und zum Eierlegen zurück an den Strand kommt. Indem wir den Raubtieren weniger Möglichkeit gegeben haben, sich aus dem Nest ein Festmahl zu veranstalten, haben wir den Kleinen hoffentlich bessere Chancen gegeben.
Dann erblickten wir die erste Schildkröte auf dem Weg zur Eiablage – eine Lora Schildkröte, zu deutsch «olivgrüne Ridley-Schildkröte», die kleinste der vier Arten, die in Costa Rica vorkommen. Während wir ihr leise und bei Rotlicht folgten, tauchte noch eine zweite ihrer Art aus dem Ozean auf. Von den Suppen-, Leder- und Karettschildkröten bekamen wir leider keine zu Gesicht. Doch das unglaubliche Gefühl, einem solchen Ereignis beizuwohnen, zu beobachten, wie sich ein Gigant des Ozeans aus dem Meer begibt und unter erheblicher Anstrengung ein Nest gräbt, Eier legt, und es liebevoll wieder zudeckt und tarnt – das war die 40 Dollar allemal wert.
Mobilität in Sámara
Mit dem Fahrrad kommt man in und um Sámara eigentlich wunderbar zurecht. Ich habe das Fahrradfahren dort als sehr befreiend empfunden, tagsüber durch den angenehmen Fahrtwind, und nachts, weil ich mich auf dem Fahrrad deutlich sicherer als zu Fuss gefühlt habe. Verschiedene Anbieter und Familien vermieten Fahrräder zu ca. 25 US-Dollar pro Woche. Ob man nun am Strand entlang radelt, um vom östlichen Ende aus den Sonnenuntergang zu bewundern, oder ob man die anderen Strände in der Umgebung abklappert – zum Beispiel Playa Carrillo mit ihren Palmen, oder Playa Buena Vista mit dem Krokodilfluss und der Sonne, die im Meer versinkt – das Fahrrad ist garantiert nützlich.

Für einen etwas teureren Spass lassen sich in Sámara auch Quads mieten. Bei einem Preis von 90 US-Dollar am Tag ist das jedoch nicht ohne. Und doch ist es ein ganz eigenes Gefühl, auf einem Quad die Schotterstrasse nach Nosara hinunterzufahren. Gegenwind, der einem den Atem raubt, Staub in den Augen, aber Freiheit in der Luft.


Auch einen Autovermieter (Alamo) gibt es in Sámara. Für drei Tage hat uns ein kleiner Suzuki Dzire plus Versicherung 180 US-Dollar und ein paar Nerven gekostet (da es keinen Automatik-Wagen mehr gab), doch schlussendlich hat er uns sicher die knapp 300 Kilometer bis zum Manuel Antonio Nationalpark gebracht. Aber das ist eine andere Geschichte.
Pura Vida in Sámara
Im dörflichen Sámara gibt es Restaurants, Strandbars, Take Aways und Essensstände. Abends hörte man meistens von irgendjemanden, wo es gerade Live Musik gab, und oft versammelte man sich dann dort, um bei fröhlicher Atmosphäre den Musikern zu lauschen, etwas zu trinken und zu plaudern. Boutiquen und Souvenirläden zieren die Hauptstrasse Sámaras, die sich vom Strand hinaufzieht, genauso laden die kleinen Strand- und Strassenverkaufsstände zum Flanieren ein. Früchte gibt es an jeder Ecke zu kaufen, und Mangos fallen im April sowieso von jedem Baum. (Besonders geräuschvoll nachts, wenn sie über dir auf das Blechdach fallen.)

Yoga und Tanzklassen werden auch an verschiedenen Orten angeboten. Man muss also nicht unbedingt schon Salsa tanzen können, ihr könnt es in Sámara auch lernen.
Spiritualität erleben – Woman’s Circle
Ein besonders schönes und spirituelles Erlebnis ist der monatliche „Women’s Circle“. Jeweils zum Vollmond wird dieser Anlass organisiert und über Mundpropaganda und auf Facebook bekanntgegeben. Ich wurde von einer jungen Frau am Strand dazu eingeladen. Dabei versammeln sich Frauen unterschiedlichen Alters um ein Lagerfeuer am Strand. Nach einer Vorstellung und einer geführten Meditation auf Englisch erfährt man etwas über die Astrologie des aktuellen Vollmonds.
Ich hatte das Glück erstmalig am Ostara Vollmond daran teilzunehmen. Es war der grösste Mond, den ich je gesehen habe. Danach wird Musik gemacht und jede tanzt entsprechend ihrer Stimmung. Anschliessend unterhält man sich.
Es gibt auch einen „Men’s Circle“, der zeitgleich stattfindet, jedoch leider meist nicht so viele Teilnehmer hat.