Das unglaubliche Türkis des Lac de Moiry
Normalerweise fängt man einen Beitrag nicht damit an, dass man wiederkommt, aber dieses eine Mal nehme ich das Ende als Statement an den Anfang. In diesem Beitrag nehme ich dich mit in die einzigartige Bergwelt des Val d’Anniviers, genauer gesagt zu einem Abzweig, an dessen Ende der Lac de Moiry auf dich wartet. Ein Geologiepfad entführt dich durch Zeit und Raum. Und die Farben des Lac de Moiry sind an diesem heiteren, sonnigen Tag mit tiefblauem Himmel so intensiv, als hätte man am Farbregler gespielt. Emotion und Energie pur, aber nicht nur die Farben sind an diesem Tag intensiv.
Der Mann an meiner Seite, der mit der ganzen Familie in den Anden den Abra del Acay mit 4.895 m Höhe auf unbefestigten Strassen gemeistert hat, hat heute einen schlechten Tag und zeigt sich von seiner Flachländer-Seite. Die Strasse schlängelt sich kurvenreich durch das enge Val d’Anniviers. Auf der einen Seite die Felswände, auf der anderen Seite der Abgrund. Begegnet man nicht gerade dem Postbus, so ist die Strasse eigentlich meistens breit genug für den Gegenverkehr. Aber heute stresst ihn diese Strasse so, dass unser Ausflug in einem Desaster zu enden droht. So fahren wir ab dem hübschen Ort Grimentz die letzten paar Kilometer mit dem Postbus zum Lac de Moiry.
Allerdings fahren die Busse hier in den Bergen nur in grösseren zeitlichen Abständen. Und der Bus, der dann als Erstes kommt, fährt auch nur bis zur Staumauer und nicht bis zum Gletscher. So muss ich also wiederkommen, um den Sprung vom alten Europa zum alten Afrika zu vollenden. Etwas Gutes haben diese ganzen Emotionen auch, denn in Zukunft besteht er nicht mehr darauf, diese Strassen selbst zu fahren, sondern ich darf dann.
Von Europa nach Afrika am Lac de Moiry
Der Postbus hält auf dem Parkplatz vor dem Restaurant am Lac de Moiry. Jetzt um die Mittagszeit ist es hier voll. Etwas abseits vom Parkplatz stehen drei Wohnmobile mit herrlicher Seesicht, alle deutlich grösser als unseres. Der Gedanke blitzt kurz auf, wie genial es wohl wäre, hier einfach den Liegestuhl auszupacken und im Türkis des Lac de Moiry träumend zu versinken. Am Ende des Sees gibt es die Möglichkeit, mit dem Camper über Nacht zu bleiben. Das behalte ich mal im Kopf. Die Wanderung zur Cabane de Moiry würde mich sehr reizen.
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Unsere Reise von Europa nach Afrika beginnt auf der Krone des Staudamms auf 2.250 m Höhe. Der Staudamm und das Restaurant sind noch im festen Stein des alten Europas erbaut. Enden würde der Weg an der Moiry Hütte auf 2.850 m Höhe im Gestein des alten Afrika. Die ältesten Gesteine der kontinentalen Kruste Europas stammen aus der Zeit vor 500 Millionen Jahren. Wieder andere Gesteine stammen vom Urkontinent Pangäa.
Als Pangäa zerbrach und die Kontinentaldrift auslöste, führte die Trennung zwischen dem alten Afrika und dem alten Europa zur Entstehung des Thetysmeeres, in dem sich viele Gesteine bildeten. Durch die Plattentektonik wurden sie an einigen Orten wieder zusammengeführt. So kann man rund um den Lac de Moiry heute Zeugen der grossen Teilung finden.
Leider gibt es entlang des Weges nur wenig Informationen und auch nur in französischer Sprache. Beim Verlag Èdition Loisirs et Pèdagogie ist das Buch Moiry: de l’Europe à l’Afrique dazu erschienen. Du kannst dir aber hier den Flyer mit entsprechenden Markierungen und einigen Erklärungen herunterladen. Die weiss-grünen Hinweisschilder korrelieren mit den Angaben im Flyer.
Der Weg ist das Ziel
Oh Augenblick, verweile doch, du bist so schön. Mit jedem Schritt, mit welchem man dem Gletscher näher kommt, ergeben sich neue Fotomotive. Schmetterlinge finden im Sedimentgestein etwas, was sie magisch anzieht und den Rüssel ausrollen lässt. Das intensive Türkis des Sees bietet einen schönen Hintergrund für Gräser und Blumen.
Das Türkis des Lac de Moiry wechselt immer wieder den Farbton. Je nach Lichteinstrahlung ist es mal heller und mal dunkler. Es gibt so viel zu sehen. Samen fliegen durch die Luft. Die Kuhglocken bimmeln. Allerdings bin ich nicht scharf darauf, den Kühen zu nahezukommen, denn hier grasen die Eringer Kühe. Sie gelten als sehr neugierig und kampflustig, da sie eine strikte Rangordnung haben.
Die Zeit verrinnt nur so. Mit einem Busfahrplan im Nacken müssen wir dann irgendwann entscheiden, ob wir umkehren oder ein wenig an Tempo zulegen und im Schatten auf der Strasse zurückkehren. Da ich weiss, dass ich zurückkommen werde, geniessen wir lieber das Gefühl, als würde der Sommer nie vergehen.
Wenn du auch in das Türkis des Lac de Moiry eintauchen willst, solltest du wissen, dass der Stausee gewöhnlich erst zum Ende der Saison gut gefüllt ist. An trüben Tagen leuchtet der See nicht und hat eher einen matten milchig grün-grauen Farbton. Es lohnt sich also, auf einen sonnigen Tag zu warten.
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