Dolce Vita und Geschichte -Sehenswürdigkeiten in Poschiavo
Poschiavo im Valposchiavo überrascht mit einem Hauch von Italien – im Herzen der Alpen. Eingebettet in den südlichsten Zipfel Graubündens, fast an der Grenze zu Italien, strahlt der Ort eine entspannte, fast mediterrane Atmosphäre aus. Die schönsten Poschiavo Sehenswürdigkeiten erzählen von einer bewegten Vergangenheit: etwa die prachtvollen Häuser der Zuckerbäcker, die Casa Tomé oder der Palazzo de Bassus-Mengotti, der heute ein Museum beherbergt. Wer die Sehenswürdigkeiten in Poschiavo erkundet, taucht tief in die Geschichte von Armut, Auswanderung und Wohlstand ein.
Schon die Anreise über den Berninapass ins Valposchiavo ist sowohl mit dem Auto als auch der Bahn ein Erlebnis. Diese Bergwelt ist einzigartig. Die Berninalinie der Rhätischen Bahn verbindet Pontresina mit dem italienischen Ort Tirano. Die Schmalspurbahn fährt auf einer spektakulären Bahnstrecke. Kurz bevor der Zug die Schweiz verlässt, zieht er in einem Kreisbogen bei Brusio seine letzte Schleife. Dieser Kreisbogen ist eine technische Meisterleistung und ein Highlight für Bahnliebhaber.
Als wir in Poschiavo ankommen, empfängt uns die Piazza mit einer trägen Stille. Rund um den Hauptplatz reihen sich Restaurants und das historische Hotel Albrici*. Wir geniessen einen grossen Eisbecher und einen echten italienischen Espresso. Schade, ist an diesem schönen Herbsttag kein Markt in Poschiavo. Süsse Spezialitäten des Valposchiavo finden wir dann aber in der Bäckerei neben dem Palazzo de Bassus-Mengotti.
Ich lade dich ein, mitzukommen auf eine Zeitreise durch Poschiavo. Neben Sehenswürdigkeiten in Poschiavo gebe ich dir auch Tipps für Ausflüge im Valposchiavo. Das süsse Leben wartet auf dich.

Sehenswürdigkeiten Poschiavo
Bevor wir uns die Häuser der Zuckerbäcker oder die Casa Tomé ansehen, führt uns unser Stadtbummel durch Poschiavo vorbei an der Kirche San Vittore Mauro mit ihrem romanischen Kirchturm. Der hohe Kirchturm aus dem 12. Jahrhundert wurde nicht, wie der Rest der Kirche, während der Barockzeit verändert. So ist die Kirche heute ein interessanter Stilmix. Leider war die Tür verschlossen, sodass wir das Innere nicht besichtigen konnten.


Ebenfalls in Orange gehalten ist das alte Augustinerinnen-Kloster. Das 1615 gegründete Kloster wurde 1865 geschlossen. Heute wird das alte Klostergebäude als Altersheim genutzt.
Auf der Suche nach dem Eingang der Kirche kommen wir am Sant’Anna Beinhaus vorbei. Das Beinhaus war früher eine Kapelle. Als man bei Renovierungsarbeiten der Kirche San Vittore Mauro im 19. Jahrhundert jedoch zahlreiche menschliche Überreste unter dem Fussboden fand, überführte man sie in die Kapelle.

In der Altstadt von Poschiavo sieht man viele schön renovierte Engadiner Häuser genauso wie Villen.


Die Häuser der Zuckerbäcker im Spaniolenviertel
Religiöse und politische Konflikte, in deren Folge es zur Abspaltung des heute zu Italien gehörenden Veltlin kam, führte zur Störung der Handelswege und Verkehrsströme. Der Handelsaustausch wurde durch neue Zölle und Grenzkontrollen komplizierter.
Die begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen in den abgelegenen Tälern und die Störung der Handelswege zwangen die Bewohner von Valposchiavo, ihr Glück anderweitig zu suchen. In Graubünden spricht man auch vom «Hunger der Berge«. Ob als Kaufleute, Handwerker oder Söldner, viele Graubündener sahen sich gezwungen, auszuwandern, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Einige dieser Auswanderer, vor allem Zuckerbäcker (Konditoren) hatten im Ausland beträchtlichen Erfolg. Einige spezialisierten sich auch auf den Handel mit Kaffee und Spirituosen. Sie eröffneten in zahlreichen europäischen Ländern, aber auch in Australien, Nord- und Südamerika «Schweizer Cafés» oder Handelshäuser. Erst der Erste Weltkrieg, die Russische Revolution und der Spanische Bürgerkrieg setzten dieser Bewegung ein Ende.

Die erfolgreichen Auswanderer brachten es schliesslich durch harte Arbeit und unternehmerisches Geschick zu Wohlstand. Am südlichen Dorfrand von Poschiavo liessen sie prächtige Villen errichten. Diese „Häuser der Zuckerbäcker“ sind heute eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Poschiavo. Die Via dei Palazzi, eine etwa 120 Meter lange Reihe von Villen im neoklassizistischen Stil, ist ein bemerkenswertes Zeugnis ihres Wohlstands. Alle Häuser sind nach Süden ausgerichtet, mit Gärten und Pavillons, die noch immer liebevoll gepflegt werden.


Das einheitliche Bild dieses heute unter Denkmalschutz stehenden Ensembles ist dem damaligen Gemeindepräsidenten von Poschiavo, Tomaso Lardelli, zu verdanken. Er plante die ersten Häuser im Auftrag von ausgewanderten Verwandten mit dem venezianischen Architekten Giovanni Sottovia. In der Folge wurden die Häuser ab 1856 realisiert.
Casa Tomé – ein Bauernhaus mit über 600 Jahren Geschichte
Eine weitere faszinierende Sehenswürdigkeit in Poschiavo ist die Casa Tomé, eines der besterhaltenen Bauernhäuser im Alpenraum. Der älteste Teil des Hauses stammt aus dem Jahr 1357. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebäude mehrfach erweitert und an die wirtschaftliche Entwicklung und die Bedürfnisse der Bewohner angepasst.

Heute bietet die Casa Tomé einen faszinierenden Einblick in das harte Leben vergangener Zeiten. Die letzten Bewohner, zwei Schwestern, lebten bis 1990 in diesem musealen Haus. Die Casa Tomé ist noch genauso erhalten, wie sie das Haus hinterliessen. Man kann die Mühsal seiner Bewohner noch aus jeder Ritze heraus spüren.
Über den Torbogen gelangt man in einen gedeckten Innenhof, von dem aus eine Treppe zu den Wohnräumen im Obergeschoss führt. Der Innenhof verbindet Stall, Garten, Scheune und Werkstatt. Es ist eine typische Struktur für Bauernhäuser des 17. und 18. Jahrhunderts in dieser Region.

Im Haus gibt es zwei Küchen aus der Zeit, in der zwei Familien zwischen 1750 und 1850 unter einem Dach wohnten. Die erste Küche, mit einer offenen Feuerstelle, nahm ursprünglich das gesamte erste Stockwerk ein. Heute gibt es daneben eine modernere Küche, ausgestattet mit einem elektrischen Herd von 1920 und einem antiken, noch anzufeuernden Herd. Strom und fliessendes Wasser sind der einzige Luxus, den das Haus bietet.

In der Vorratskammer mit dem Brotofen hängen die traditionellen Anisbrot-Ringe mäusesicher von der Decke. Früher war das Leben der Bewohner von Selbstversorgung geprägt, mit Feldern, auf denen Kartoffeln, Roggen und Gerste angebaut wurden.


Die beiden Stuben im Haus wurden erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit Holz verkleidet und einem Ofen ausgestattet. Später wurden dann noch elektrische Leitungen verlegt. Sie dienten als Wohn- und Schlafzimmer.

Der Palazzo de Bassus-Mengotti
Spartipp: Da zum Puschlaver Talmuseum sowohl die Casa Tomé als auch der Palazzo de Bassus-Mengotti gehören, kannst du beide Sehenswürdigkeiten von Poschiavo mit einem Eintritt besuchen. Alle Informationen findest du auf der Website.
Der Palazzo wird im Jahr 1655 von Hauptmann Tommaso de Bassus in Auftrag gegeben. Er steht auf dem rechten Flussufer und nimmt somit eine Sonderstellung zum Dorf ein. Tommaso de Bassus war ein wichtiger Politiker. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen jedoch seinen Sohn, das Haus zu verkaufen. Dadurch gelangte es in den Besitz der Familie Mengotti. Diese baute das Haus mehrfach um und erweiterte es.
Geschickte Heiratspolitik führte zur Vermehrung des Reichtums. Im Museum hängen die Porträts und Stammbäume der Besitzer des Hauses.

Das Museum ist ein bunter Mix von M 13 bis etruskischer Keramik. Sehr interessant fanden wir den Ausstellungsschwerpunkt Auswanderung und die Sonderausstellung zur Hexenverfolgung. Wir sind immer wieder überrascht, wie viele Tote die Massenhysterie der Hexenverfolgung gefordert hat. Im Valposchiavo wurden 130 Menschen wegen Hexerei verurteilt. In Vicosoprano, dem Hauptort des Bergell werden die Prozesse wegen Zauberei im Gerichtsgebäude ebenfalls thematisiert.

Tipp: Fällt dein Besuch in Poschiavo auf einen Mittwoch, solltest du noch eine weitere Sehenswürdigkeit besichtigen – die Mühle Aino mit Sägerei und Schmiede.
Übernachten im Valposchiavo
Poschiavo als Hauptort des Valposchiavo eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt, um die Sehenswürdigkeiten und die Landschaft zu erkunden. Du findest hier zahlreiche Übernachtungsmöglichkeiten. Einige Hotels bieten ihren Gästen Leihfahrräder an. Ansonsten kannst du auch hier Fahrräder mieten.
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Valposchiavo Ausflugsziele
Der Gletschergarten Cavaglia
Wusstest du, dass der Palügletscher einst die Berge des Valposchiavo geformt hat? Im Gletschergarten von Cavaglia kannst du seine beeindruckenden Spuren entdecken – darunter 21 freigelegte Gletschermühlen und einen riesigen erratischen Block. Die bis zu 14 Meter tiefen Gletschertöpfe entstanden durch den gewaltigen Druck von Eis, Schmelzwasser und Geröll und sind ein echtes Naturwunder. Neugierig? Erfahre mehr über dieses spektakuläre Ausflugsziel in unserem Beitrag!

Lago di Poschiavo
Der Lago di Poschiavo ist ein smaragdgrün leuchtender See. Von Poschiavo kannst du nach Le Prese zum Beginn des Sees laufen. Zwischen Le Prese und Miralago gibt es einen Wanderweg durch ein eindrückliches Bergsturzgebiet. Im Hotel Le Prese* kannst du dir mit Blick auf den See eine Stärkung gönnen oder übernachten. An der Mündung des Poschiavino überrascht im Sommer eine Schaukel mit Aussicht (Swing the World).
Aus Zeitgründen fahren wir mit dem Auto nach Miralago am anderen Ende des Sees.

Die Alp mit der Kapelle San Romerio
Direkt über dem Abgrund, 800 m über dem Lago di Posciavo liegt die kleine Kapelle auf der Alp San Romerio. Man erreicht sie auf verschiedenen Wegen im Sommer. Am einfachsten ist der Weg, wenn man von Brusio mit dem Postauto nach Viano fährt und von dort in 2 Stunden auf die Alp wandert. Dieser Bus ist ein Rufbus mit Fahrplan, den man mindestens eine Stunde vor Abfahrt bestellen muss.
Auf der Alp Romerio kann man im Sommer übernachten.
Wir müssen uns jedoch bei diesem Besuch mit einem sehnsüchtigen Blick von unten auf die Kapelle begnügen.

Lagh da Saoseo
Der Lagh da Saoseo gilt als schönster See der Alpen. Er liegt im Val Da Camp und ist ab Sfazù wandernd zu erreichen. Bei schönem Wetter ist die die Wanderung von Sfazù über Terzana zu empfehlen. Bei schlechtem Wetter sollte man entweder mit dem Postauto bis zur Alp Camp oder auf den befestigten Wegen laufen, die auch das Postauto nimmt. Der Postbus zwischen Sfazu und Alp Camp ist ein Rufbus mit Fahrplan und muss bis spätestens eine Stunde vorher reserviert werden. Diese Wanderung haben wir noch nicht geschafft, aber sie ist schon für nächstes Mal gespeichert.
Der Berninapass
Die Bergwelt rund um den Berninapass ist eindrücklich. Die Seen schimmern milchig grün oder sind dunkel. Die Räthische Bahn hat hier ihren höchst gelegenen Bahnhof an der Haltestelle Ospizio Bernina. Von der Haltestelle blickt man auf den Lago Bianco, der bei unserem Besuch smaragdgrün schimmerte.

Von hier kannst du zum Gletschergarten Cavaglia auf dem Ökostrompfad laufen, zur Alp Grüm wandern, wo du auch übernachten kannst oder zur Diavolezza aufsteigen und in einem Berggasthaus mit aussergewöhnlicher Lage übernachten.
Ein weiteres Highlight bei schönem Wetter ist der Besuch der Camera Obscura. Dann kannst du die Berge kopfstehen sehen. Mehr dazu findest du in einem eigenen Beitrag, denn auch wenn du nicht der grosse Wanderer bist, am Berninapass, der ungefähr eine 5 bis 6 km lange Hochebene bildet, ist es einfach schön.
Direkt auf dem Pass gibt es verschiedene Übernachtungsmöglichkeiten: