Ein letzter Programmpunkt dieses Urlaubs steht noch auf dem Weg zum Flughafen auf unserer Wunschliste. Wir wollen uns den laut Reiseführer «schönsten Garten Südasiens» – Lunuganga von Geoffrey Bawa – ansehen. Das ist einfacher gesagt als getan, denn unser Fahrer hat zwar schon einmal von einem Bawa Garten gehört, war aber in 30 Jahren seiner Fahrertätigkeit selbst noch nie da, obwohl er nicht weit von Bentota lebt.
So fragt er mehrfach nach, ob wir nicht den Brief Garden des älteren Bruders Bevis Bawa meinen. Dieser befindet sich etwa 10km nordöstlich von Aluthgama beim Dorf Kalawila und damit etwa eine Stunde von Lunuganga entfernt. Dieser Garten würde definitiv bei einer weiteren Reise nach Sri Lanka auf der Besichtigungsliste stehen. Heute ist unser Ziel aber Lunuganga.
Obwohl unser Fahrer sich bei anderen Fahrern erkundigt hat, muss er sich in Bentota anfangen, durchzufragen. Nirgendwo findet man das kleinste Hinweisschild auf Lunuganga. Dies ist umso erstaunlicher als im ehemaligen Wohnhaus von Geoffrey Bawa auf Lunuganga auch ein kleines Gästehaus betrieben wird.
Für Nichtgäste werden die Tore zu Lunuganga vier Mal am Tag kurz vor Beginn der Führungen geöffnet. Wer zu spät kommt, hat Pech. Das grosse Eingangstor bleibt dann unerbittlich geschlossen, weshalb wir fast eine Stunde zu früh ankommen. Auch die anderen Teilnehmer der Führung kommen deutlich früher. Nicht einmal ein Name am Tor verrät uns, dass wir richtig sind. Die Fahrer erkundigen sich bei den Torhütern, um sicher zu sein. Ein liebloses A4 Blatt in Folie, welches die Zeiten der Tour mitteilt, ist alles was daraufhin deutete, dass wir richtig sind. Besucher scheinen hier nicht wirklich erwünscht zu sein.

Wer war der Erbauer von Lunuganga – Geoffrey Bawa?

Beschäftigt man sich mit dem Werdegang von Geoffrey Bawa, dem berühmtesten Architekten Sri Lankas und einflussreichsten Architekten Asiens, dann erfährt man viel über eine bemerkenswerte Biografie.
Geoffrey Bawa wurde 1919 in Colombo (damals noch britisch Ceylon) in eine multiethnische Familie hineingeboren. Wie sein Vater, ein erfolgreicher Rechtsanwalt, reiste Geoffrey Bawa für ein Jurastudium nach England. Nach dem Studium kehrte er 1944 als Rechtsanwalt zurück und arbeitete im Folgenden kurzzeitig in einer Anwaltskanzlei.
Nachdem seine Mutter verstarb, reiste er für zwei Jahre in den Fernen Osten, durch die Vereinigten Staaten und Europa. 1948 kehrte er nach Sri Lanka zurück. Dort kaufte Geoffrey Bawa eine Kautschuk Plantage mit einem Bungalow aus den 30er Jahren in der Absicht, diese in einen Garten zu verwandeln.
Da ihm notwendiges Wissen für die Umgestaltung fehlte, ging er im Architekturbüro Edwards, Reid und Begg in Colombo in die Lehre. Als sein Lehrer und letzter verbliebener Partner Reid 1952 verstarb, kehrte Geoffrey Bawa für ein Studium der Architektur nach England (Cambridge) zurück.
Im Alter von 38 Jahren begann er dann seine Karriere als Architekt in Sri Lanka. Er hatte indessen seine Berufung gefunden. Bis zu seinem Tod im Jahr 2003 entwarf er über 90 Bauten. Darunter befanden sich Privathäuser, Hotelanlagen, Schulen, Firmensitze, Kirchen und auch das neue Parlamentsgebäude. Seine Werke sind alle im Standardwerk «The Complete Works». dokumentiert. Er gilt als Mitbegründer des «Tropical Modernism» und erhielt viele Auszeichnungen für sein Werk.
Lunuganga – Geoffrey Bawas Synthese von Architektur und Natur
Ein Garten der besonderen Art
An seinem tropischen Paradies Lunuganga arbeitet Geoffrey Bawa bis zu seinem Tod. Es gab keinen fixen Plan, sondern der Garten entwickelte sich im Laufe der Zeit. Wobei es kein Garten im klassischen Sinn mit Beeten und Blumen ist. Der Garten stellt sich mehr als eine Abfolge verschiedener Lebensräume dar, die jeweils zu einem eigenen Kunstwerk kombiniert wurden. Das verbindende Element der einzelnen Räume ist zivilisierte Natur. Das Spiel von Licht und Schatten und den unterschiedlichen Grüntönen ist beeindruckend. Kunstwerke überraschen den Besucher. Teilweise arbeiteten bis zu 40 Gärtner und weitere Angestellte für ihn.


Wer wirklich in diesen Garten eintauchen möchte, muss ein oder zwei Nächte auf Lunuganga verbringen. Denn nur Gäste dürfen sich frei im Paradies bewegen und haben die Chance die Lichtstimmungen zu unterschiedlichen Tageszeiten wahrzunehmen.
Dass es sich um ein tropisches Paradies handelt, merken wir heute unangenehm am feucht-heissen Wetter. Alles klebt schon vom Nichtstun. Pünktlich werden die wenigen Besucher am Tor vom Guide zur Führung abgeholt und laufen die Auffahrt durch einen kleinen Dschungel Richtung Haupthaus. Wir biegen jedoch ab, bevor wir es erreicht haben.


Nachdem alle ihre Eintrittsgebühr bezahlt haben, fängt die Führung an. Und schon befinden wir uns in einem Dilemma. Hören wir den Ausführungen des Guides zu oder versuchen wir den Garten auf uns wirken zu lassen und ein paar Fotos zu schiessen. Beides gleichzeitig ist unmöglich, da uns der Guide im Schweinsgalopp durchs Gelände hetzt. Es ist unglaublich schade, dass wir die Aus- und Einblicke kaum geniessen können. Wenigstens die Kinder folgen den Ausführungen des Guides, so dass wir im Nachhinein noch ein paar Erklärungen bekommen.
Eine Kautschuk Plantage verwandelt sich
Als Geoffrey Bawa mit der Umgestaltung der Plantage begann, schaffte er zuerst einen freien Blick über den See mit seiner Insel. In einem weiteren Schritt erschuf er eine lange weite Aussicht auf den im Süden gelegenen «Cinnamon Hill». Das Gelände fällt erst vom Haus in eine Senke und erhebt sich dann wieder. Tatsächlich aber führt in der Mitte eine Straße zu einem anderen Grundstück. Diese wurde tiefer gelegt und gut verborgen, damit sie das Gesamtbild nicht stört. Erst wenn man durch den überdachten Durchgang des Draftmen’s House geht, sieht man, dass man sich tatsächlich auf einer Brücke befindet, die die Straße überquert. Zugleich bildet eine dichte, aber niedrige Bepflanzung mit Sträuchern eine undurchdringliche Barriere rechts und links neben der Strasse.
Den «Cinnamon Hill» liess Bawa 3 m abtragen, damit er vom Haus einen Blick auf eine im Hintergrund liegende Erhebung mit einer Stupa jenseits des Sees erhielt. Heute sieht man die inzwischen zugewachsene Stupa nicht mehr.

Die geführte Tour durch Lunuganga
Die Führung beginnt irgendwo hinter dem Haus. Es ist schwer zu sagen, denn Gebäude, Höfe und Veranden verbinden sich nahtlos miteinander.





Wir kommen am ursprünglichen Bungalow vorbei. Die Innengestaltung ist interessant, aber leider ist uns nur ein spiegelnder Blick durch die Fenster gestattet.


Weiter geht es hinab zum Schmetterlingsteich und den Reisfeldern. Gleich hinter den Reisfeldern gelangt man anschliessend durch schachbrettmusterartige Steinplatten, die von Frangipani Bäumen gesäumt werden zum See.




Die Gestaltung des Seeufers hat einen italienischen Touch. Immer wieder werden wir vom Garten überrascht. Mal schaut Pan aus dem Unterholz, mal ist es ein inzwischen überwuchertes Windrad und ein anderes Mal sind es weidende Kühe. Besonderen Spass machen uns die unzähligen Glocken, die man überall im Gelände finden kann.


Im weiteren Verlauf geht die Führung am Draftmen’s House vorbei auf den «Cinnamon Hill», wo ein grabender Waran unsere Aufmerksamkeit von den Ausführungen zu den sich da befindenden Häusern ablenkt. Und schon müssen wir weiter eilen.





Das Wohnhaus von Geoffrey Bawa
Eine Besichtigung des Hauses ist uns leider nicht gestattet. Nicht einmal den Blick von der Terrasse über den See können wir geniessen, denn diese Aussicht ist den Gästen vorbehalten. Der Eindruck mit den kahl in den Himmel ragenden Ästen des Frangipani Baumes ist schon grandios. Gern würde ich den Baum auch mit seinen duftenden Blüten einmal auf der Terrasse sitzend sehen. Die Wuchsform der Frangipani Bäume ist auch nicht zufällig entstanden, sondern wurde durch das Beschweren von Ästen erreicht. So breiten sich die Äste noch mehr als normal aus.

Am Ende der Terrasse fällt das Gelände steil zum See hin ab.




Weitere architektonische Spuren von Geoffrey Bawa in Sri Lanka
Wer nach diesem Beitrag neugierig auf Werke von Geoffrey Bawa geworden ist, kann sich in Sri Lanka auf vielfältige Weise seinen Gebäuden nähern.
Da wäre das Stadthaus Nr. 11, das Wohnhaus Bawa’s in Colombo, indem man übernachten oder nach Voranmeldung an einer Führung teilnehmen kann. Wobei ich glaube, dass man das Ambiente eines Ortes vor allem spürt, wenn man einige Nächte darin wohnt.
Dort starten auch private Führungen, die auf den Spuren von Geoffrey Bawa wandeln.
Das von Geoffrey Bawa entworfene Parlamentsgebäude südlich von Colombo in Sri Jayewardenepura Kotte kann virtuell oder tatsächlich nach vorheriger Anmeldung besucht werden.
Als sein Meisterwerk schlechthin gilt das Kandalama Hotel, welches sich nahtlos in den Dschungel zwischen Dambulla und Sigiriya einfügt.
Auch mit Übernachtungen im Heritance Ayurveda Maha Gedara in Beruwela kann man auf Geoffrey Bawa’s Spuren wandeln.
Dem Verzeichnis seiner Arbeiten kann man viele weitere von ihm entworfene Gebäude entnehmen. Wir haben versucht in Bandarawela, die von ihm gebaute Kirche zu besuchen. Leider haben wir im Nachhinein festgestellt, dass wir die falsche Kirche besichtigt haben. Wir hatten uns schon ein wenig gewundert. Auf de roffiziellen Bawa Website findet man verschiedene Informationen, auch zu Übernachtungsmöglichkeiten.