
Drei Jahrhunderte – drei Brücken über den Firth of Forth
Heute verlassen wir Edinburgh in nördlicher Richtung und erkunden einen Teil der Region Fife, welche sich vom Firth of Forth bis zum Firth of Tay erstreckt. Den Firth of Forth überqueren wir auf der Queensferry Crossing Bridge. Geplant ist ein Besuch des Falkland Palace und des Secret Bunker. Auf dem Rückweg wollen wir dem Fife Coastal Path und den Fischerdörfern Crail, Anstruther und Elie entlang des Weges folgen.
Der Weg führt uns bei Regen über die 2017 eröffnete Queensferry Crossing Brücke, welche über den Firth of Forth führt. Sie verbindet Edinburgh mit der nördlich gelegenen Region Fife. Mit einer Länge von mehr als 2.640 m handelt es sich um die längste Schrägseilbrücke der Welt. Sie entlastet die Forth Road Bridge, welche bei der Eröffnung 1964 die längste Hängebrücke Europas war. Die Forth Road Bridge ist heute nur noch für Busse, Taxi etc. befahrbar. Sie wird oft mit der Golden Gate Bridge verglichen.


Die älteste Brücke ist die 1890 eröffnete Forth Bridge, eine imposante rote Stahlkonstruktion für die Eisenbahn. Die Forth Bridge zählt heute zum Unesco Weltkulturerbe als Beispiel viktorianischer Ingenieurskunst. Mit 2,5 km überspannt sie das Mündungsgebiet des Forth.
Bei der Verbindung zwischen Dundee im Norden Schottlands mit dem aufstrebenden Süden wurde damals zuerst die Brücke über den Firth of Tay gebaut, welche jedoch ein Jahr nach Eröffnung in einem Sturm zusammenbrach, als gerade ein Zug darüberfuhr. 75 Menschen fanden den Tod. Dieses Ereignis inspirierte Theodor Fontane zu seiner Ballade «Die Brücke über den Tay». Der Erbauer dieser eingestürzten Brücke, Thomas Bouch, hatte ursprünglich auch den Auftrag für die Brücke über den Firth of Forth erhalten. Nachdem ihm eine Mitschuld am Einsturz der Brücke zugesprochen wurde, wurde der Bau der Brücke aber neu ausgeschrieben.
Benjamin Baker und John Fowler erhielten dann den Zuschlag für die heute noch in Betrieb stehende Auslegerbrücke. Wer sich für den Bau der Brücke und historische Bilder interessiert, sollte den ausführlichen Bericht von Bernd Nebel lesen.
In Schottland hat man für eine Sisyphusarbeit die Redewendung «painting the Forth Bridge». Übrigens kann man alle drei Brücken gut vom Südufer in South Queensferry sehen. Wir geniessen aber den Blick auf alle drei Brücken erst am nächsten Tag.
Der Falkland Palace
Unterwegs wird das Wetter erst einmal richtig schlecht, so dass uns Angst und Bange wird. Als wir in Falkland ankommen hat sich das schlechte Wetter jedoch deutlich verbessert. Sogar der Regen hat aufgehört. Der Falkland Palace liegt am Fusse der als Wanderparadies bekannten Lomond Hills. Er wird vom National Trust verwaltet.

Räumlichkeiten im Schloss
Das nur teilweise erhaltene Schloss hat eine Schlosskapelle mitten im Schloss, in der noch jeden Sonntag die Messe gelesen wird. Imposante Wandteppiche schmücken einen langen Flur. Die früheren Besitzer nahmen sie stets mit auf Reisen. Dafür waren allein 3 Kutschen notwendig. Daneben gibt es auch ein Arbeitszimmer zu bewundern.
Als neuester Raum soll eine Apotheke zu bewundern sein, die leider an uns vorbeigegangen ist. Manche Räume werden über Mittag geschlossen, wenn der freiwillige Betreuer seine Mittagspause macht. Die vielen Freiwilligen erteilen bereitwillig Auskunft und freuen sich über Fragen oder ein Gespräch.
Im abgebrannten Ostflügel des Schlosses wurden weitere Räume rekonstruiert. Eine Art Hochstuhl im dortigen Schlafzimmer zog die Aufmerksamkeit der Mädchen an. Sie bekamen erklärt, dass es sich dabei keineswegs um einen Stuhl handelte, um kleine Kinder zu füttern, sondern dass es sich bei diesem Exemplar um einen Bestrafungsstuhl handelte. Die Kindermädchen durften unartige hochwohlgeborene Kinder nicht züchtigen, weshalb sie auf diesen Hochstuhl gesetzt wurden. Mit der Zeit wurde ihnen langweilig. Entweder schliefen sie ein oder sie fingen an zu zappeln. Das Ergebnis war meist das gleiche – sie fielen vom Stuhl und schlugen sich den Kopf an, wodurch sie indirekt die Züchtigung dann doch noch erhalten hatten, die den Kindermädchen verboten war.
Tenniscourt und Parkanlage
Maria Stuart hielt sich wohl gern in diesem Schloss auf und verbrachte ihre Tage mit der Jagd und dem Tennisspiel. Sie schockierte Besucher, indem sie in Hosen Tennis spielte. Dieser älteste Tenniscourt Englands ist im Park zu besichtigen. Die Schwalben nutzen den überdachten Zuschauerraum heute als Nistplatz und fliegen ständig über die Köpfe der Besucher ein und aus.
Es ist kaum zu glauben, dass diese wunderschöne Parkanlage im Zweiten Weltkrieg als Kartoffelfeld genutzt wurde. Der Schlossgarten wurde erst 1947 bis 1952 nach Vorbildern des 16. Jahrhunderts wieder angelegt.


Im Park steht ein Gewächshaus aus viktorianischen Zeiten mit Zahnradgestänge, um die oberen Fenster zu öffnen. Darin sind Geranien ausgestellt. Geranien gehören eigentlich nicht zu meinen Lieblingspflanzen, aber solche Sorten, wie die hier ausgestellten, habe ich vorher auch noch nie gesehen.



In der Parkanlage gibt es einiges zu entdecken. Über den Bugingham Palace mussten wir wirklich lachen.




Im Visitor Center, wo eine kleine Figur im Regal sitzt, die für das Schloss-Suchrätsel gefunden werden muss, ruft dann eine Schirmmütze aus Harris Tweet ganz laut: «Kauf mich!».

Nach einer Ehrenrunde durch den sehenswerten Ort fahren wir weiter zum Secret Bunker.


Der Secret Bunker
Der Secret Bunker wird als bestgehütetes Geheimnis während des Kalten Krieges vermarktet. Der Weg ist gut ausgeschildert. Von der eigentlichen Strasse führt der Abzweig durch ein kurzes Waldstück und Haferfelder zu einem unscheinbaren Haus. Wären rundherum nicht alte Militärfahrzeuge ausgestellt und Stacheldraht um das Gelände, käme man nicht auf die Idee, dass man eine militärische Anlage betritt.
Nach der Kasse durchschreitet man eine Tür, über der ein Schild mit folgender Aufschrift hängt: «Durch diese Türen wären im Falle eines Atomkriegs die wichtigsten Menschen der Nation gegangen. Jetzt gehen durch diese Türen die wichtigsten Personen der Welt – unsere Besucher.»
Nach der Tür geht es nach unten und durch einen 150 Yards langen Tunnel zum eigentlichen Bunker. Je weiter wir kommen, desto unangenehmer wird die Luft. Irgendwann erreicht man dann den eigentlichen Bunker mit seinen Schlaf- und Technikräumen. Sogar ein Fernsehstudio gibt es im Bunker.




Während wir den Bunker mit seiner uralten Technik inspizieren und auch später im heutigen Café, dem früheren Speisesaal, einen Kaffee trinken, frage ich mich immer wieder, ob es wirklich erstrebenswert gewesen wäre, im Falle eines Atomkrieges unter der Erde zu überleben. Besonders bedrückend wird es, als wir im Kinosaal kurz in eine schwarz-weiss BBC Dokumentation von Nagasaki hineinschauen. In der Umgebung dieses Bunkers ist es fast nicht auszuhalten.
Auch die Plakate, die zeigen auf welche Ziele alle Atomsprengköpfe gerichtet waren und was im Umkreis um die Ziele als sogenannter Kollateralschaden in Kauf genommen wurde, ist heftig. Nicht, dass der Feind es anders gemacht hätte.
Auch wenn wir in dieser lebensfeindlichen Umgebung auf Leben, nämlich die Bunkerkatze Cloe treffen, sind wir froh, dass die Sonne scheint, als wir wieder die Erdoberfläche erreichen. So können wir es wie einen bösen Traum hinter uns lassen.

Entlang der Fife Küste und seiner Dörfer
Kilminning Coast Wildlife Reserve
Bei sonnigem Wetter fahren wir weiter in Richtung Küste. Ziel ist es, ein Stück dem Fife Coastal Path zu folgen. Bei dem Versuch nördlich von Crail eine Strasse direkt am Meer entlang zu finden, führt uns der Weg vorbei an einem alten Flugfeld, welches heute als Rennstrecke verwendet wird. Dann landen wir unvermittelt an einem zauberhaften Küstenabschnitt, den wir auch noch für uns allein haben. Es handelt sich um das Kilminning Coast Wildlife Reserve. Ein Wanderweg führt durch die Wiesen.



Wir erklettern den grossen Felsen am Meer, lassen uns ein wenig die Sonne ins Gesicht scheinen und lauschen dem Rauschen der Wellen. Es würde richtig Spass machen, den Küstenweg Richtung Norden zu laufen. Im Süden sind Ferienhäuser schon in Sichtweite.
Crail, Anstruther, Elie
Schweren Herzens reissen wir uns los und fahren nach Crail, wo nicht der allerkleinste Parkplatz zu bekommen ist.
Schade, so springe wenigstens ich aus dem Auto und laufe kurz zum Hafen, während Jörg versucht, irgendwo auf mich zu warten. Der Hafen in der Sonne ist wunderschön. Crail ist ein malerisches Fischerdorf mit einem kleinen Strand neben dem Hafen. Ich beobachte wie Leute Krabben mit Hilfe eines Ködernetzes fangen. Die Krabbe hält sich aussen am Netz fest, um besser fressen zu können und wird aus dem Wasser gezogen.


Das nächste Dorf, in dem wir halten, ist Anstruther. Am Hafen befindet sich ein temporärer Rummelplatz. Da es schon nach 18.00 Uhr ist, sind die Parkplätze kostenlos. Hier haben wir mehr Glück und finden sogar einen Parkplatz.


Da sich der kleine Hunger meldet, machen wir uns auf die Suche nach einem Restaurant, welches neben Fisch auch noch andere Dinge serviert. Wir finden sogar einen Platz in der Sonne und können vorzüglich draussen speisen. Wer hätte das am Morgen bei dem Regenwetter vermutet, dass wir uns am Abend die Sonne ins Gesicht scheinen lassen können.

Der Teller ist mit Erbsengrün dekoriert. Erstaunlicherweise schmecken die zarten Pflanztriebe wie Erbsen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, meine Erbsen zu beschneiden, aber wenn ich mal etwas Aussergewöhnliches suche, erinnere ich mich hoffentlich daran.
Nach dem Essen fahren wir weiter, noch ein Hafen, noch ein nettes Örtchen. In Elie fahren wir noch einmal von der Hauptstrasse ab und folgen einem Weg zum Meer. Hier erwartet uns ein Parkplatz mit Aussicht. Es stehen sogar einige kleine Wohnmobile darauf und geniessen den Abend. In der einen Richtung lädt der Elie Ness Leuchtturm zu einem Strandspaziergang ein. In der anderen Richtung stören die Erdölplattformen etwas die Romantik.


Leider ist die Blase voll und die Toiletten sind mal wieder geschlossen. So verlassen wir die Region Fife ohne weitere Stopps und fahren zurück nach Edinburgh. Wir merken uns die Region Fife mit ihrem schönen Küstenabschnitt aber mal für einen weiteren Urlaub vor.