Den krönenden Abschluss unserer Reise durch die Normandie bildet der Besuch des Mont-Saint-Michel, dem Klosterberg zwischen Himmel und Erde. Majestätisch erhebt sich die Insel mit ihrer beeindruckenden Abtei in den Himmel. Dem Charme der Bucht des Mont-Saint-Michel mit ihren Poldern und Salzwiesen kann man sich nur schwer entziehen. Immer wieder taucht der Klosterberg wie eine Fata Morgana im Dunst auf. Wir nähern uns dem beliebtesten Reiseziel Frankreichs langsam. Erst eine kleine Wanderung auf dem Rückweg von Granville durch die Salzwiesen, dann ein Blick vom Parc d’agrément bis wir dann schliesslich von der Pont de Beauvoir zum Klosterberg laufen, ihn fast umrunden und schliesslich nach oben steigen. In diesem Beitrag nehme ich dich mit auf eine Achterbahn der Gefühle, gebe dir Tipps für deinen Besuch des Mont-Saint-Michel und erzähle dir etwas zu den Poldern, die einen Grossteil der Bucht überziehen.
Wie immer gilt, lass dich inspirieren und mache dir dein eigenes Bild.

Den Mont-Saint Michel im Blick
Unser Aufenthalt beim Mont-Saint-Michel steht wettertechnisch unter keinem guten Stern. Mitten im Frühling haben wir Novemberwetter mit Nebel, Regen und viel Wind. Dies ist der Grund, warum wir am ersten der beiden Tage von unserem erhöhten Wohnort in Roz-sur-Couesnon nach einem Blick vom Aussichtspunkt im Parc d’agrément beschliessen, zuerst Granville zu besuchen.

Auf dem Rückweg ist das Wetter besser. So folgen wir der Route de la Baie, wo es immer wieder Aussichtspunkte gibt. An einem dieser Rastplätze lassen wir das Auto stehen und nutzen eine trockene Phase und laufen ein wenig auf dem GR 22 durch die Salzwiesen.
Diese Wiesen werden in unregelmässigen Abständen vom Meer bedeckt. Entwässerungsrinnen verhindern, dass sie sich in Sümpfe verwandeln. Seit je her pflegen die Schafe diese als Viehweiden genutzten Salzwiesen. Das Fleisch dieser Schafe soll einen besonderen Geschmack haben. Auf der Speisekarte haben wir sie jedoch nicht gefunden.


Da wir im Restaurant Les Couesnons reserviert haben, müssen wir irgendwann umkehren, auch wenn wir mit dem Blick in die Weite hätten ewig weiterlaufen können. Wir hatten das Restaurant bereits am Ankunftsabend ausprobiert und mussten da bis 21.00 Uhr auf einen Tisch warten. Das Restaurant gehört zu einem Campingplatz und bietet eine sehr schmackhafte Küche zu sehr fairen Preisen.
Unser freundlicher Gastgeber der Gites Ferme de la Baie warnte uns vor dem Touristennepp auf und um den Mont-Saint-Michel. Wir wohnen sehr malerisch in Roz-sur-Couesnon auf dem einzigen Hügel in den Poldern weit und breit, wenn man vom 7 km entfernten Mont-Saint-Michel absieht. Morgens stehen die Hühner erwartungsvoll vor der Terrassentür und schauen herein.

Die Polder, der Couesnon und der Mont-Saint-Michel
Die Geschichte der Bucht vom Mont-Saint-Michel ist ebenso wechselhaft wie der Sand, aus dem sie besteht, und der Fluss Couesnon, der in sie mündet. Erstaunliche Kräfte stehen sich hier gegenüber. Der Mensch, der seine Grenzen immer weiter ausdehnt und das Meer. Die Polder sind die künstlichen Landflächen, die dem Wasser abgerungen wurden, da sie meist unterhalb des Meeresspiegels liegen. Eingedeichtes Land, so die Bedeutung des Wortes Polder, ist fruchtbar gemachtes Land, welches einfach zu bearbeiten ist und ganzjährig eine gewisse Feuchtigkeit im Untergrund bewahrt.

Der Couesnon bildet die ungefähre Grenze zwischen Bretagne und Normandie. Doch der Fluss veränderte früher immer wieder seinen Verlauf, sodass er als Grenze zwischen zwei Provinzen nicht wirklich geeignet war. Die Kanalisierung des Couesnon im Jahr 1858 führte ebenfalls zu einer Änderung des Flussverlaufs. Womit natürlich die Grenzdebatte erneut aufkam. Für die Menschen war die Frage der Grenzen nicht nur theoretisch, sondern hatte ganz praktische Auswirkungen, denn Rechte und Steuern hingen nicht zuletzt davon ab.

Seit je her haben die Menschen in die Gestaltung der Bucht am Mont-Saint-Michel eingegriffen. Zuletzt wurde ein Staudamm mit einem ausgeklügelten Wassermanagement gebaut. Einerseits verhindert er, dass die Flut das Wasser im Couesnon ansteigen lässt und weit hinauf alles überschwemmt und andererseits hilft er den Sand aus der Bucht des Mont-Saint-Michel zu spülen, denn die Bucht droht zu versanden.

Unser Tipp für die Polder in der Bucht vom Mont-Saint-Michel: Egal, ob du dich selbst versorgst oder noch Mitbringsel für daheim suchst, der Farmverkauf von La Ferme des Beaux Bois ist eine wahre Fundgrube. Du findest die Farm in Cherrueix, an der Strasse RD 797. Das Rapsöl von dort ist geschmacklich einzigartig. Auf der Farm gibt es auch einige Wohnmobilstellplätze und einen Selbstbedienungsverkauf mit frischem Obst und Gemüse ausserhalb der Öffnungszeiten.
Der Mont-Saint-Michel als Insel
Jeder hat die Bilder vor Augen, in denen der Mont-Saint-Michel komplett von Wasser umgeben ist. Doch dies sind seltene Ereignisse, auch wenn die Gezeiten in der Bucht vom Mont-Saint-Michel zu den stärksten Gezeiten Europas zählen. Der Tidenhub, der Unterschied zwischen Niedrigwasser und Hochwasser, beträgt 14 m. Der Zeitabstand zwischen zwei Hochwassern beträgt etwa 12 h 25 min. Deshalb verschieben sich die Uhrzeiten täglich.

Stehen Sonne, Mond und Erde in einer Linie addieren sich die Gezeitenwirkungen von Sonne und Mond und es kommt zur Springflut. Nur dann wird auch der Steg, der zum Mont-Saint-Michel führt, überflutet und der Klosterberg wird wirklich zu einer Insel. Die Gezeitentabelle wird für Saint-Malo veröffentlicht. Du musst 5 Minuten für den Mont-Saint-Michel zu den Zeiten addieren. Bei einem Koeffizienten von über 100 verschwindet der Steg im Wasser.
In der Bucht vom Mont-Saint-Michel zieht sich das Wasser bis zu 15 km zurück und kommt dann mit rasender Geschwindigkeit wieder. Für Fotografen interessant ist die Gezeitenwelle (le Mascaret), die man etwa zwei Stunden vor der höchsten Flut beobachten kann. Neben der Beschaffenheit des Bodens ist dies einer der Gründe, warum man nur geführte Wattwanderungen auf den alten Wegen der Pilgerer unternehmen sollte. Aufgrund der Aussentemperaturen haben wir jedoch vom Gedanken der Wattwanderung schnell wieder Abstand genommen, obwohl wir extra die Wasserschuhe eingepackt hatten. Andere waren nicht solche Frostbeulen wie wir, denn zahlreiche Wandergruppen kamen durchs Watt angelaufen.
Wanderung zum Mont-Saint-Michel
Auf dem Rückweg zu unserem Wohnort hatten wir am ersten Tag entdeckt, dass es direkt vor der Pont de Beauvoir, wenn man aus den Poldern kommt, einige Parkplätze gibt. Man muss aber früh da sein, wenn man einen dieser kostenlosen Parkplätze ergattern möchte. Von der Brücke hat man einen schönen Blick auf den Mont-Saint-Michel. Die Länge für den Rundweg vorbei am Mont-Saint-Michel sind etwa 8 km.

Alternativ gibt es einen grossen Parkplatz, von dem aus Shuttlebusse verkehren. Die Parkplatzgebühr ist hoch, aber dafür sind die Shuttlebusse kostenlos. Der Fussweg vom Parkplatz zum Klosterberg sind ungefähr 2 km. Auch wir sind den Schlenker zum Parkplatz gelaufen, weil hier weit und breit die einzigen öffentlichen Toiletten stehen.

Die Wanderung ist einfach, denn man folgt dem Fluss, den Mont-Saint-Michel immer im Blick. Noch ist Ebbe als wir ankommen. So laufen wir erst einmal aussen um den Berg herum.




Allerdings verstehen wir jetzt, was es heisst, dass die Flut «wie ein Pferd im Galopp» kommt. Das Wasser steigt schnell, so nehmen wir den Hintereingang zum Klosterberg. Und damit weicht die Weite der Enge.

Auf dem Mont-Saint-Michel
Der erste Aufstieg nach dem Hintereingang ist noch erfreulich leer. Das ändert sich aber schlagartig, als wir den Strom aus Menschen treffen, der sich vom Haupteingang nach oben schiebt.

In den schmalen Gassen ist es so voll, dass man Platzangst bekommen könnte. Das ist umso erstaunlicher, denn der 1. Mai ist einer jener drei Tage im Jahr, an denen die Abteikirche geschlossen ist. Wir wollen uns nicht vorstellen, wie es auf dem Mont-Saint-Michel aussieht, wenn sich zur Hauptsaison bis zu 20.000 Besucher durch die Gassen schieben.


Wir ärgern uns über uns selbst, dass wir diese beeindruckende Abteikirche verpassen. Das muss man erst einmal schaffen. Hätten wir damit auch nur entfernt gerechnet, hätten wir nicht auf das Wetter geachtet. Nur leider haben wir es erst mitbekommen, als wir am Abend vorher die Eintrittskarten online kaufen wollten. Das Ansinnen war zu sportlich, selbst für die Nebensaison.
Da die nächste Sturmflut auch erst stattfindet, wenn wir uns wieder auf dem Rückweg nach Hause befinden, werden wir wohl noch einmal bei hoffentlich besserem Wetter herkommen. Um den Menschenmassen zu entkommen, wäre es vielleicht eine Überlegung wert auf dem Mont-Saint-Michel zu übernachten.
Wir geniessen noch ein paar Blicke von oben auf die Stadt und die Bucht am Mont-Saint-Michel und dann flüchten wir vor den Menschenmassen und wandern zurück zu unserem Auto.

Damit endet auch unser abwechslungsreicher Urlaub in der Normandie für dieses Jahr. Auch, wenn wir viel gesehen haben, angefangen von Monets Garten in Giverny, der Umgebung von Giverny, traumhaft schönen Abteien im Tal der Seine, über charmante Orte an der Alabasterküste, die Abtei Hambye und Granville, das Wetter hätte besser sein können. Es gibt noch so viel, was wir gern gesehen hätten. Wir kommen wieder.