Wanderung mit Aussicht – Muottas Muragl
Heute geht es mit der Seilbahn auf den Muottas Muragl, wo unsere Rundwanderung startet. In einer ersten Etappe führt sie uns auf den Lej Muragl und weiter zur Fuorcla Val Champagna hinauf. Wer nicht so viel wandern möchte, kann auch am See Lej Muragl wieder umkehren und mit dem Panorama zurück zur Seilbahnstation laufen. Wer die Rundwanderung in Angriff nehmen will, steigt von der Fuorcla Val Champagna über eine grosse Geröllhalde ab und folgt dann dem Val Champagna weit nach unten, bevor es wieder zur Talstation der Seilbahn des Muottas Muragl geht. Für die Panoramasicht und die Knie wäre die Wanderung umgekehrt besser gewesen, aber hinterher ist man ja immer schlauer.
Wie immer gilt, lass dich inspirieren und mache dir dein eigenen Bild. Suchst du weitere Ausflugsideen, so könnte für dich unser Reisebericht über das Bergell, der Gletschergarten in Cavaglia, die Wanderung im Val Roseg oder ein Besuch der Camera obscura auf dem Bernina Pass von Interesse sein.
Rundwanderung ab der Seilbahnstation Muottas Muragl
Auf dem Muottas Muragl oben
Allein wegen des Panoramas sollte man einmal mit der Seilbahn auf den Muottas Muragl fahren. Auf einem kleinen Rundgang hinter dem Romantik Hotel auf dem Muottas Muragl gibt es neben der Aussicht allerlei Kunst zu entdecken.
Für Leute, der gern genau wissen wollen, welcher Gipfel wie heisst, gibt es allerlei Guckfenster und -löcher, die verraten, was man sieht. Technisch begabte Wanderer können sich auch versuchen, die sekundengenaue Uhrzeit von einer Sonnenuhr abzulesen. Die Strandkörbe dagegen sind eine erste Versuchung zu faulenzen, statt zu wandern.
Erste Etappe der Wanderung vom Muottas Muragl zum Abzweig am Lej Muragl
Auch wenn die Versuchung gross war, beginnen wir mit unserer Wanderung und steigen zum Lej Muragl auf. Dank unseres kleinen Rundgangs haben sich die Leute aus der Seilbahn inzwischen verteilt. Und man mag es kaum glauben, aber wir haben schon Gegenverkehr. Das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil, den man hat, wenn man auf dem Berg wohnt. Man kann gleich morgens vor dem Frühstück schon losgehen.
Und es gibt noch einen Vorteil, so früh loszulaufen. Entlang des Weges zum Lej Muragl wohnen viele Murmeltiere. Wir sehen sie immer nur ganz kurz nach einem Warnpfiff. In der Kälte des Morgens, mit der Sonne auf dem Pelz und mit wenig Wanderern auf den Wegen, sind die Tiere noch ganz entspannt. Ganze Murmeltierfamilien hätten wir auch gern gesehen.
Die Pferde, welche unseren Aufstieg beobachten, sind im Unterschied zu den Murmeltieren unglaublich relaxed. Manche Tiere schlafen sogar im Liegen.
Den See (Lej Muragl) sieht man erst kurz, bevor man ihn erreicht. Dafür hat man beim Aufstieg jetzt immer die Gletscher Moräne vor Augen.
Tipp: Wer nicht so viel wandern möchte, kann am See eine Pause einlegen und danach entweder zurück zur Seilbahn laufen oder auf der anderen Talseite in Richtung Pontresina absteigen. In beiden Fällen hat man die fantastische Panoramasicht immer vor Augen.
Zweite Wanderetappe – Aufstieg zur Fuorcla Val Champagna
Wir nehmen die letzten Höhenmeter zur Fuorcla Val Champagna in Angriff und geniessen immer wieder für einen kurzen Augenblick den Blick auf den Lej Muragl.
Wer beim Namen «Fuorcla Val Champagna» des 2.806 m hohen kleinen Bergübergangs (fuorcla) jetzt an Champagner denkt und sich fragt, was der Berg mit dem Getränk zu tun hat: Das lat. campus (Feld) ist die Gemeinsamkeit. Champagna heisst der weite Talboden, auf dem sich der Flughafen Samedan befindet. Dieser scheint für die Namensgebung des Tals, in welchem wir dann absteigen, verantwortlich zu sein.
Oben angekommen, fragt man sich unwillkürlich, wo man den Einstieg ins Geröllfeld nach unten findet. Ich laufe voraus und suche Wegmarkierungen. Im Geröllfeld sieht man sie immer wieder, aber oben ist nichts zu sehen. Ich unternehme mehrere Versuche bis ich endlich den richtigen Weg finde und Jörg lotsen kann, der diesen Teil des Weges nicht lustig findet.
Ich habe einfach auf der falschen Seite nach dem Weg gesucht. Halte Ausschau nach der Passmarkierung. Du findest sie mit Blick auf das Geröllfeld rechter Hand.
Erst an der «Passmarkierung» findet man den Einstieg ins Geröllfeld für den Abstieg.
Im Geröllfeld ist der Weg meist gut sichtbar und auch gut zu gehen. Allerdings geht der Weg abwärts mächtig in die Knie. Hier hatte ich erstmals den Verdacht, dass die Wanderung in umgekehrter Richtung doch angenehmer gewesen wäre.
Nach ein paar ziemlich steilen Stücken erreichen wir endlich eine Art Hochebene, auf der wir unseren Knien eine Pause gönnen und picknicken.
Allerdings traue ich dem gigantischen Schuttkegel nicht über den Weg. Der kleine Fluss kommt aus ihm heraus geflossen. Was, wenn dies die Überreste eines Blockgletschers sind? Die Festung am Albulapass kann von einem getarnten Gletscher ein Lied erzählen. Blockgletscher sind Geröllhalden, die von Eis zusammengehalten werden.
Dritte Etappe – der Abstieg im Val Champagna, der kein Ende nahm
Frohen Mutes folgen wir nach der kurzen Pause weiter dem schönen Val Champagna nach unten. Begleitet werden wir vom Gluckern des Baches und ein paar Vogelrufen.
Irgendwann sind wir so weit unten, dass wir wieder unter Beobachtung der Murmeltiere stehen, die sich gegenseitig mit Pfiffen vor uns warnen. Endlich kann ich ein solches Murmeltier in einiger Entfernung ausmachen.
Natürlich hätte ich das Murmeltier gern näher vor der Linse. Also bewege ich mich langsam querfeldein auf mein Ziel zu. Das Murmeltier möchte aber nicht fotografiert werden. Nun beginnt ein lustiges Versteckspiel. Als ich so nah dran war (siehe nächstes Bild), verschwindet es. Nur, um aus einem mindestens 50 m entfernten Loch wieder herauszuschauen. Von da beobachtet es uns eine Weile, bevor es dann endgültig abtaucht. Geduldiges Warten hilft nicht, das Murmeltier bleibt verschwunden.
Beim weiteren Abstieg erscheinen dann Kühe im Sichtfeld. Da wir den markierten Weg bei der Jagd auf das Murmeltier etwas verloren haben, suchen wir einfach einen trockenen Weg über die Wiesen. Hier entspringen erstaunlich viele Minigewässer und machen den Boden ganz schön matschig.
Begegnungen mit Menschen im einsamen Val Champagna
Als erstes überholt uns ein Mountainbiker und hält für einen kurzen Schwatz an. Ungläubig starren wir ihn an. Er ist tatsächlich mit dem Rad über die Geröllhalde gefahren. Nur ab und zu musste er es mal tragen. Dann erzählt er noch von weiteren Gipfeln, die er heute beradelt hat, steigt auf und ist bald aus unseren Augen verschwunden.
Als nächstes hockt ein Jäger im Gras, gemütlich an einen Fels gelehnt und fragt uns, ob wir wegen der Kühe einen solchen Umweg gemacht hätten. Nein, es war der Matsch. Der eigentliche Weg hätte wohl mitten durch die Kühe geführt. Er erzählt uns über die Jagd in Graubünden. Im Moment werden Gämsen und Steinböcke gejagt. Jeder, der ein Jagdbrevier besitzt, kann sich anmelden und zur Jagd gehen. Das erklärt, warum wir so viele Jäger sehen. Es ist die Zeit der Herbstjagd.
Jagen hat in Graubünden noch einen sportlichen Aspekt. Man darf nämlich nicht motorisiert zur Jagd und auch Hunde sind nicht erlaubt. Die Jäger müssen also ihrer Beute zu Fuss in die Berge folgen und sie nach einer erfolgreichen Jagd auch auf dem Buckel den Berg wieder hinunterschleppen. Das macht den Kampf ein klein wenig fairer.
Auf dem Weg nach unten kommen noch mehrere Jäger hinauf. Es gibt zwar eine Jagdhütte, aber wer weiss wieviele Jäger darin Platz haben?
Während wir uns mit dem Jäger unterhalten, kommt doch wirklich noch ein Jogger angerannt. Mit kurzer Hose, Oberkörper frei, aber ein Pulsmessgerät am Oberarm und eine Wasserflasche an der Hüfte läuft er beschwingt an uns vorbei, als hätte er gerade erst angefangen. Das erinnert uns, dass wir auch noch ein Stück Weg vor uns haben.
Wir verabschieden uns vom Jäger und steigen weiter ab. Es hörte sich so an, als würden wir uns bald unserem Ziel nähern. Aber vielleicht wollten wir das auch nur so verstehen.
Vierte Etappe – Rückkehr zur Talstation des Muottas Muragl
Manchmal ist es gut, nicht zu wissen wie ein Weg verläuft. So kann man ihn geniessen, ohne sich zu sorgen. Bis zur Brücke, auf der wir den Bach überqueren, ist es vergleichsweise angenehm zu laufen. Es geht zwar stetig bergab, aber sanft.
Danach wird es recht bald steiler. Der Weg besteht nun aus vielen Kieseln, so dass man leicht ins Rutschen kommt. Und eigentlich sagen die Knie, sie würden gern mal wieder auf einem ebenen Weg laufen.
Hatten wir vorher auf den Wiesen Hauswurze, Glockenblumen und Silberdisteln wachsen sehen, verändert sich die Vegetation zu einer unglaublichen Vielfalt. Auch Latschenkiefern wachsen hier.
Und weil es so schön ist, führt uns der Weg im Wald wieder nach oben. So überqueren wir eine Bergflanke. Dann, endlich stehen wir auf einer Lichtung mit Wegweiser. Allerdings verschweigen die wohlweislich die Entfernungs- und Zeitangaben. Links führt die Wanderung wieder aufwärts zum Muottas Muragl und geradeaus geht es runter nach Samedan. Der Flugplatz kann nicht mehr weit sein, denn wir hören laufend Flugzeuge. Ich wäre ja dafür, nach Samedan abzusteigen und dort zu schauen, wie wir unser Auto wiederfinden.
Jörg befragt jedoch lieber seine App und erklärt mir, dass es besser ist, der Ausschilderung zum Muottas Muragl zu folgen. Also laufen wir stetig bergauf, mit kürzeren geraden Abschnitten. Ich muss zugeben, eigentlich ist der Weg wunderschön, wenn ich nicht wüsste, dass wir alles irgendwann wieder hinunterlaufen müssen.
Erst laufen wir durch dunkelgrüne Kiefern- und Tannenwälder, dann kommen wir in die lichteren Lärchenwälder. Die Sonne steht inzwischen schon recht tief.
Irgendwann trennt sich dann der Weg. Wir können hoch zum Gipfel oder runter zur Talstation laufen. Wir überlegen wirklich kurz, hoch zum Muottas Muragl zu laufen, aber Zeit- oder Entfernungsangaben sind auf den Wegweisern Mangelware. So steigen wir ab. Allerdings kommen wir unserem Ziel nicht näher, denn der Weg schlängelt sich in steilen Serpentinen nach unten. Dafür sehen wir immer wieder Teile des Flugfeldes.
Es wird spät und später und wir ahnen noch nicht einmal, wo unser Auto steht. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Irgendwann erreichen wir tatsächlich den Talboden bei einem Reiterhof. Da, wo ich mal Knie hatte, befinden sich jetzt zu weich gekochte Spaghetti. Am Fluss hinter dem Reiterhof steht dann auch mal ein Wegweiser mit Entfernungsangaben. Yuhu, es sind nur noch 3 km bis zum Auto. Warum habe ich meinem Mann mit seiner App und nicht meinem Instinkt vertraut?
Mit letzter Kraft schleppen wir uns ins Auto. Die nächsten Tage sind lustig. Jörg lernt seine Oberschenkelmuskulatur schmerzhaft kennen. Während meine Knie sich nicht mehr biegen wollen. Mir war bis dato nie aufgefallen, wie weit unten WC-Schüsseln angebracht sind.
Unsere Tipps und Learnings
Würden wir die Wanderung Muottas Muragl – Lej Muragl – Fuorcla Val Champagna – Muottas Muragl noch einmal machen? Ja, aber andersherum und wahrscheinlich ab Bever. Es gibt dort einen Parkplatz am Ende des Flugfeldes und in der Nähe Haltestellen. Bergauf zu laufen, ist zwar auch anstrengend, aber man hat die schönen Aussichten immer im Blick und muss sich nicht dafür umdrehen. Bergab kann man dann die Seilbahn am Muottas Muragl nehmen.
Die Seilbahn hat zwar einen Fahrplan, passt aber die Häufigkeit der Fahrten der Nachfrage an. Ermässigungen wie GA oder Halbtax werden nicht akzeptiert. Dafür kann man Rund um die Seilbahn kostenlos parken. Zu Preisen, Betriebszeiten etc. schaut auf der Website der Seilbahn nach.
Von Bever zur Fuorcla Val Champagna sind 1.100 Höhenmeter zu überwinden. Von oben zur Seilbahnstation sind es dann noch ca. 3 km und etwa 300 Höhenmeter abwärts. Ab Punt Muragl fährt der Zug nach Bever. Von der Seilbahnstation des Muottas Muragl kann man den Bus zum Bahnhof nehmen. Auch in Bever heisst es dann entweder zum Parkplatz laufen oder einen Ortsbus nehmen.