Neue Reifen für das Wohnmobil

Unser im Oktober gebraucht gekauftes Wohnmobil hat nur Winterreifen auf eigens zugelassenen 18 Zoll Leichtmetallfelgen. Da es uns dieses Jahr Richtung Süden zieht, brauchen wir Sommerreifen für das Wohnmobil. So beginnen wir, uns intensiv mit dem Thema Wohnmobil Reifen auseinanderzusetzen. Es ist schon ohne Spezialfelgen eine Wissenschaft für sich. Deshalb versuchen wir das Thema Reifen für das Wohnmobil mal übersichtlich für euch zusammen zu fassen. Schliesslich haben wir eine Menge gelernt.

Was man bei der Auswahl von Reifen für das Wohnmobil alles beachten sollte

Reifen für jede Jahreszeit

Theoretisch gibt es Winterreifen, Sommerreifen und Allwetter- auch Ganzjahresreifen genannt. Ganzjahresreifen klingt nach einer einfachen Lösung des Problems. So einfach ist es dann leider nicht, denn es stellt sich bei der Recherche schnell heraus, dass Ganzjahresreifen immer ein schlechter Kompromiss sind. Sie sind nämlich weder für Schnee- und Matschsituationen noch für heisse Temperaturen wirklich gut geeignet. Ausserdem herrscht in den meisten Ländern, die mit Schnee rechnen können, eine Winterreifenpflicht oder zumindest eine situative Winterreifenpflicht. Wer dazu mehr wissen will, findet beim ADAC, dem TCS und dem ÖAMTC stets aktuelle Information zur Winterreifenpflicht in europäischen Ländern. In Deutschland gilt zur Winterreifenpflicht noch eine Übergangsregelung.

Aber mal ganz ehrlich, ein Wohnmobil ist ein schweres Fahrzeug, wer hier bei den Reifen spart, gefährdet sich und andere. Die auf Sommer oder Winter spezialisierten Reifen können aufgrund ihrer Gummimischungen und Rillen mit deutlich besseren Fahreigenschaften punkten.

So ist das Profil eines Sommerreifens weniger komplex als das eines Winterreifens und hat weniger Rillen zur Wasserverdrängung. Dadurch wird die Kontaktfläche zur Fahrbahn maximiert und das Fahrzeug hat durch die bessere Bodenhaftung auch eine bessere Bremswirkung. Dies und die Gummimischung für warme Temperaturen machen den Sommerreifen aber ungeeignet, um im Winter bei tiefen Temperaturen und Schnee damit zu fahren.

Für uns ist schnell klar, dass wir unserem Wohnmobil jetzt Sommerreifen verpassen wollen. Sollten wir planen, in der Wintersaison mit dem Wohnmobil unterwegs sein zu sein, brauchen wir dann auch neue Winterreifen. Die Reifen an unserem Wohnmobil haben zwar noch ein neuwertiges Profil, sind aber bereits 2014 produziert worden. Das haben wir beim Kauf des Wohnmobils leider nicht gesehen.

Die wichtigsten Reifenparameter und ihre Auswirkungen

Um den richtigen Reifen für das Wohnmobil zu finden, hilft ein Blick auf die Papiere (Zulassung und CoC Dokument). In den Papieren steht, mit welchen Reifen das Wohnmobil vom Hersteller ausgeliefert wurde und für welche weiteren Grössen es noch zugelassen ist. Auf der Seitenwand der Reifen findet ihr alle Informationen zum montierten Reifen.

Die Reifen, mit denen ein Fahrzeug vom Hersteller ausgeliefert wird, sind die Original-Equipment Reifen, die der Fahrzeughersteller ausgewählt hat. Sie erfüllen die exakten Anforderungen des Automobilherstellers, nachdem sie einer Reihe strenger Prüfungen unterzogen wurden.

Die Reifengrösse

Die Reifengrösse wird definiert durch Reifenbreite, Reifenhöhe und den Felgendurchmesser. Diese Information steht als Gruppe von Zahlen und Buchstaben auf dem Reifen.

Reifenbreite, Reifenhöhe und Felgendurchmesser 255/60 R18, Lastindex 112 und Geschwindigkeitsindex "H" in der unteren Reihe - Wohnmobil Reifen
Reifenbreite, Reifenhöhe und Felgendurchmesser 255/60 R18, Lastindex 112 und Geschwindigkeitsindex «H» in der unteren Reihe

Im Fall der Reifen, die momentan auf unserem Wohnmobil montiert sind, wären das Reifen mit einer Breite von 255 mm (25,5 cm). Die «60» steht für die Reifenhöhe von der Felge bis zu Lauffläche in Prozent der Reifenbreite. 60% von 255 mm ergibt eine Reifenhöhe von 153 mm (15.3 cm).

Das «R» steht für Radialreifen. Dieser Indikator hat heute seine Wichtigkeit verloren, denn Diagonalreifen werden nur noch für Oldtimer benötigt und hergestellt. Die Zahl «18» hinter dem R gibt den Durchmesser der Felge in Zoll an (ein Zoll = 25.4 mm).

Die Bedeutung der Reifengrösse

Fahrzeugsysteme wie der Tacho und die Systeme für mehr Fahrsicherheit wie beispielsweise ABS (Antiblockiersystem) und ESP (Elektronische Stabilitätsprogramm) sind auf den Abrollumfang abgeglichen. Verändert man den Abrollumfang muss man damit rechnen, ihre Funktionsweise zu beeinträchtigen.

Aus den Angaben der Reifengrösse kann man ganz einfach den Abrollumfang berechnen. Die Formel lautet 2 x Pi x Radius des Umfangkreises = Abrollumfang
Pi = 3.14159
Radius des Umfangkreises = Durchmesser der Felge in cm geteilt durch 2 + Reifenhöhe

Für unseren Reifen sieht die Rechnung wie folgt aus:
2 x 3.14159 x (18 x 25,4 : 2 + 153 mm) = 2.397,66 mm

Gerundet ergibt sich ein Abrollumfang von 2,4 m.

Geringe Abweichungen vom zugelassenen Abrollumfang (nach unten) können national zulässig sein. Ist der Abrollumfang kleiner als der des vom Hersteller zugelassenen Reifens, zeigt der Tacho eine höhere als die tatsächliche Geschwindigkeit an.

Da in die Berechnung des Abrollumfangs der Felgendurchmesser und die Reifenhöhe einfliessen, sind das die zwei Parameter, welche miteinander korrelieren, wenn ihr etwas verändert.

Reifenbreite

Die Reifenbreite ist ein weiterer Parameter an dem man stellen kann. Sind breitere oder eher schmalere Reifen von Vorteil? Dieser Frage ist der ADAC nachgegangen. Ob breitere Reifen von Vorteil sind, hängt von der Gewichtung der Fahreigenschaften ab. Um nur einige Beispiele zu nennen: Breitere Reifen haften besser auf trockener Fahrbahn und bremsen dadurch auch schneller. Bei viel Wasser auf der Fahrbahn, schwimmen sie dagegen eher auf. Auch verschleissen breitere Reifen weniger, verbrauchen aber mehr Treibstoff.

Der Lastindex

Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Wahl des richtigen Reifens für das Wohnmobil ist der Lastindex des Reifens. Er steht für die Tragfähigkeit des einzelnen Reifen und ist mit einem Zahlencode verschlüsselt.

Für die Auswahl des richtigen Reifens ist hier die höchste zulässige Achslast des Fahrzeugs massgeblich. Wobei die Achslast von Vorderachse und Hinterachse variieren. Da man vier gleiche Reifen verwenden soll, definiert die maximale Achslast den Lastindex des Reifens.

Nehmen wir beispielsweise ein Fahrzeug mit einer maximalen Achslast auf der Vorderachse von 1’600 kg und für die Hinterachse von 2’200 kg an. Die Achslast der Hinterachse ist für die Wahl des richtigen Reifens des Wohnmobils massgeblich. Die Achslast verteilt sich auf beide Reifen, so dass in unserem Beispiel jeder Reifen 1.100 kg tragen muss.

Im Internet findet ihr die Tabellen mit den Informationen, welcher Lastindex welcher Tragfähigkeit entspricht.

Ausschnitt aus der Tabelle Lastindex - Reifen für das Wohnmobil
Ausschnitt aus der Tabelle Lastindex

Es gibt auch Reifen, welche für grössere Lasten noch eine zusätzliche Verstärkung von Reifenunterbau und Seitenwand aufweisen. Diese sind dann mit dem Buchstaben C gekennzeichnet. Diese Kennzeichnung steht nach der Felgengrösse.

Doch auch der Luftdruck in den Reifen beeinflusst die Tragfähigkeit. Mit sinkendem Luftdruck nimmt die Belastbarkeit der Reifen stetig ab. Im Gegenzug vergrössert sich die Belastbarkeit durch Erhöhung des Luftdrucks. Der empfohlene Richtwert sollte dabei aber nicht überschritten werden, da sich dann das Fahrverhalten verändert.

Der höchstzulässige Reifendruck

Auf den meisten Reifen ist auch der maximal zulässige Reifendruck (MAX INFLATION) angegeben. Er wird in zwei Masseinheiten angegeben, der SI-Einheit Pa (Pascal) und der US-Einheit PSI (Pounds per Square Inch).

Tragfähigkeit des Reifens und maximaler Reifendruck - Reifen für das Wohnmobil
Tragfähigkeit des Reifens und maximaler Reifendruck

Hierbei entsprechen 100 kPa (sprich kilo-Pascal) dem Druck von 1 bar. Die im Bild unten angegebenen 350 kPa entsprechen also 3.5 bar Druck. Bei richtigem Reifendruck nutzen sich die Reifen gleichmässig über die Zeit ab.

Der Geschwindigkeitsindex

Neben dem richtigen Lastindex muss bei der Wahl des Reifens für das Wohnmobil auch der Geschwindigkeitsindex berücksichtigt werden. Der Geschwindigkeitsindex wird ebenfalls in einem Buchstaben hinter dem Lastindex angegeben. Bei unserem Reifen ist es das «H». Dieser Geschwindigkeitsindex gibt die Höchstgeschwindigkeit an für die dieser Reifen konstruiert und zugelassen wurde.

Bei der Auswahl der Reifens für euer Wohnmobil muss der Geschwindigkeitsindex mindestens der Motorleistung entsprechen. In unserem Fall könnte der Mercedes 163 km/h fahren. Das bedeutet wir brauchen mindestens einen Reifen mit dem Geschwindigkeitsindex R.

Ausschnitt aus dem Geschwindigkeitsindex - Reifen für das Wohnmobil
Ausschnitt aus dem Geschwindigkeitsindex

Das Herstellungsdatum

Nach der Buchstabenfolge DOT findet ihr auf dem Reifen das Herstellungsdatum. Denn auch wenn die Reifen noch nicht gefahren und sachgemäss gelagert wurden, lassen ihre Eigenschaften mit der Zeit nach. Der Standard für diese Angabe wurde vom US «Department of Transport», kurz DOT, eingeführt und hat sich weltweit durchgesetzt.

Herstellungsjahr des Reifens - Reifen für das Wohnmobil
Herstellungsjahr des Reifens

Im vertieften Feld ganz rechts steht die Zahl 2214. Die ersten beiden Ziffern stehen für die Kalenderwoche, die letzten beiden Ziffer für das Jahr, in dem der Reifen produziert wurde. Unsere Winterreifen stammen also von der 22ten Woche im Jahr 2014. Für unseren Geschmack ist das ein wenig alt.

Das Reifendruckkontrollsystem (RDKS)

Seit 1.11.2014 gilt in der EU und der Schweiz die Pflicht, neu zuzulassende PKW und Transporter bis 3.5 Tonnen mit einem Reifendruckkontrollsystem auszurüsten. Dieses RDKS gibt es in zwei Varianten. Variante eins ist das indirekte RDKS ohne spezielle Sensoren. Bei Variante zwei hat jedes Rad einen eigenen Sensor mit Funkübermittlung. Diese speziellen Sensoren haben eine fest eingebaute Batterie mit begrenzter Kapazität und müssen deshalb durchschnittlich alle 7 Jahre ausgetauscht werden. Auch muss jeder Reifensatz (Sommer- und Winterreifen) einen eigenen Sensorsatz haben. Dies verteuert den Reifenersatz je nach Variante.

Unsere Reifen für das Wohnmobil

Wenn ihr glaubt, dass es uns nun leicht gewesen wäre, den passenden Reifen mit guten Bewertungen auszuwählen, irrt ihr euch gewaltig. Unser Lernprozess geht insofern weiter, als wir akzeptieren müssen, dass es nicht alle Reifenspezifikationen in Kombination gibt. Für die Felgen, auf denen unsere Winterreifen montiert sind, gibt es keine Sommerreifen mit der richtigen Grösse. Weiterhin lernen wir, dass es nur sehr wenig Testberichte im Bereich der Reifen für Wohnmobile gibt. Auch ist es so, dass ein Reifen, der 2019 schlecht im Test abschneidet, 2020 deutlich besser bewertet wird. Nur kann man das Herstellungsdatum beim Kauf der Reifen nicht beeinflussen.

Wir standen also vor der Wahl, den Preis niedrig zu halten und Ganzjahresreifen oder neue Reifen und neue Felgen für das Wohnmobil zu kaufen. Da die Sicherheit für uns vorgeht, haben wir in den sauren Apfel gebissen und sowohl Reifen als auch Felgen gekauft. Eine gängige Reifengrösse hat den Vorteil, dass man bei einem defekten Reifen im Ausland eher Ersatzreifen findet.

Letztendlich ist die Entscheidung für die Original Leichtmetallfelgen von Mercedes in der Grösse 17 Zoll gefallen. Damit müssen wir das Fahrzeug nicht erneut vorführen. Ist aber leider die teuerste Variante. Als Reifen haben wir den Continental VAN Contact 200 mit der Lastzahl 117/115 und dem Geschwindigkeitsindex R ausgewählt. Damit wir ein Reserverad haben, kaufen wir 5 Reifen mit Felgen und eine Halterung für das Reserverad. Denn dort, wo sich normalerweise das Reserverad befindet, hat unser Fahrzeug die Webasto-Heizung.

Gern würden wir von euch hören, wie ihr mit dem Ersatzrad beim Wohnmobil umgeht. Meist ist es ja so, wenn man es hat, braucht man es nicht. Nur hat man keines, braucht man es auf alle Fälle. So altert es dann im besten Fall ungenutzt vor sich hin. Schreibt uns einen Kommentar.

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