Óbidos – ein Bilderbuchort mit seiner Festung, den schmalen Strassen und weissen Häusern
Wie mag wohl ein Ort aussehen, den Generationen von Königen ihren Ehefrauen schenkten? Ein Ort, der Einheimische und Touristen gleichermassen begeistert? Ein Ort, der eine der aussergewöhnlichsten Buchhandlungen beherbergt, die wir je gesehen haben. Die Attribute für Óbidos reichen von romantisch bis mittelalterlich. Wobei letzteres wahrscheinlich auf die Festung – Castelo de Óbidos und die Stadtmauer zurückzuführen ist. Wir sind gespannt. Von unserem neuen Standort in Lourinha, in der Nähe von Peniche, ist es nicht weit nach Óbidos.
Wir machen uns früh auf den Weg und folgen dem Navi. Dieser führt uns unterhalb der markant in der Landschaft herausragenden Festung direkt zu den Parkplätzen am hinteren Stadttor beim Castelo de Óbidos.
Die Festung stammt vom Ende des 13. Jahrhunderts. Sie ist neben der 1565 m langen und 13 m hohen Stadtmauer ein Wahrzeichen der Stadt, welches man schon von weitem sieht. In den historischen Mauern des Castelo de Óbidos befindet sich ein modernes Hotel – die Pousada Castelo de Óbidos. Auf Teilen der Stadtmauer können Unerschrockene spazieren gehen und den Blick in die weite Landschaft geniessen. Der König Dom Dinis, dem die Befestigung der Stadt zu verdanken ist, schenkte den Ort seiner Dona Isabel zur Hochzeit. Damit legte er den Grundstein einer Tradition, die bis 1834 Bestand hatte und der Óbidos den Beinamen «Stadt der Königinnen» eintrug.
Rundgang durch Óbidos
Eine Buchhandlung als Attraktion?
Gleich nachdem du die Festung hinter dir gelassen hast, kommst du an der Igreja de Santiago vorbei. Du solltet unbedingt die Treppen zur Kirche hochsteigen und dich im Inneren umsehen. Wir haben in unserem Leben schon viele spannende Buchhandlungen gesehen, aber ein im wahrsten Sinne des Wortes «Tempel der Bücher» ist uns so noch nie begegnet. In der entweihten Kirche hat der Buchhändler José Pinto einen speziellen Ort für eine Buchhandlung gefunden. Die Kirche ist in ihrer Struktur erhalten geblieben. Eine eingebaute Holzkonstruktion führt im Halbrund an Regalen vorbei.
Auf der Empore sitzt eine alte Dame und klöppelt. Durch einen Seitengang kann man sie besuchen. Sie stellt wahre Kunstwerke her, die aussehen wie filigrane Silberarbeiten. Neben Armreifen, Ringen und Ohrringen klöppelt sie auch ganze Bilder, Krageneinsätze und vieles mehr. Mit Gesten macht sie uns klar, dass sie die Poesie von Gedichten in ihren Klöppelarbeiten erzählt. So sind dann an den Wänden neben unglaublich komplizierten Anleitungen auch überall Gedichte zu finden. So virtuos sie mit den Klöppeln umgeht, so kann sie auch ohne Worte nur mit Gestik und Mimik mit uns kommunizieren, denn wir sprechen leider kein Portugiesisch und sie keine der anderen Sprachen.
Hinweis: Óbidos ist eine literarische Stadt, in der Bücher eine grosse Rolle spielen. Für schlaflose Nächte könnte man sich beispielsweise im ehemaligen Kloster und heutigen Bücherhotel «The Literary Man» einquartieren. Dort warten ungefähr 60.000 Bücher darauf, gelesen zu werden.
Auf der Hauptstrasse von Óbidos – Rua Direita
Geht man entlang der Hauptstrasse Rua Direita, kommt man von einem Souvenirladen zum nächsten, nur unterbrochen von diversen Restaurants und Boutiquen. Ein Grossteil der Einwohner von Óbidos, die innerhalb der Stadtmauern wohnen, scheinen direkt oder indirekt von den Besuchern zu leben.
Eine Spezialität von Óbidos ist der Ginja de Óbidos. Dies ist ein Kirschlikör, den man überall in den Strassen gekühlt serviert bekommt. In Óbidos wird der Kirschlikör in Schokoladentöpfchen serviert.
Das Angebot der Souvenirläden ist sehr ähnlich. Von blau-weissen Kacheln als Untersetzer, blau-weissem Geschirr, Geschirrhandtüchern, Tüchern, Taschen bis hin zu Magneten gibt es so ziemlich alles. Echte Handwerkskunst sucht man in der Rua Direita jedoch vergeblich.
Von der Rua Direita hat man einen sehr schönen Blick auf den Platz und die Kirche Santa Maria. Die heutige Kirche mit dem schönen Eingangsportal stammt aus dem 16. Jahrhundert. Das Innere konnten wir leider nicht besichtigen. Die Kirche soll aber mit den mit Azulejos (Kacheln) aus dem 17. Jahrhundert verkleideten Wänden sehr sehenswert sein.
Am Ende der Rua Direita kommt man zum Stadttor von Óbidos, der Porta da Villa. Das verwinkelte Stadttor enthält eine Gebetsnische für die Schutzheilige des Ortes, Nossa Senhora da Piedade. Bis vor gar nicht lang vergangenen Tagen hat der Pfarrer hier sogar gepredigt, obwohl es in Óbidos mehrere Kirchen gibt.
Abseits der Rua Direita
Inzwischen wird es voller im Ort, wenn auch noch weit entfernt vom Besucherrekord im Dezember 2014, wo dieser kleine Ort wohl von 20.000 Besuchern überlaufen wurde. Noch dürften sich die Besuchszahlen im dreistelligen Bereich bewegen. Wobei viele der Besucher jetzt zur Mittagszeit in einem der vielen Restaurants sitzen.
Rechts und links der Hauptstrasse führen kleine Gassen mit liebevollem Blumenschmuck in weniger touristische Gegenden des Ortes.
Durch ruhige Seitenstrassen laufen wir zurück in Richtung Castelo de Óbidos.
Nachdem wir gerade erst einen Tag in Sintra verbracht haben, sehnen wir uns ein wenig nach Erholung. So werfen wir einen letzten Blick auf die Festung und fahren zurück zu unserem Haus mit Pool. Nach welchen Kriterien wir die Unterkünfte für unseren spontanen Roadtrip ausgesucht haben, habe ich ausführlicher im Beitrag «Ganz spontan 3 Wochen mit Familie durch Portugal reisen?» beschrieben. Die Temperaturen sind jetzt endlich mal so, dass wir wirklich Lust darauf haben, ins kalte Wasser zu springen und anschliessend in die Geschichte eines Buches einzutauchen. Wer keinen Pool hat, kann stattdessen ins nahegelegene Foz do Arhelo fahren. Dort erwarten dich lange Sandstrände, der kalte Atlantik und die ruhige Lagune von Óbidos zum Relaxen.
Feste in Óbidos
Im Jahresverlauf wird Óbidos zum Schauplatz einiger Feste. Angeblich kann man den wahren Charme von Óbidos vor allem an Weihnachten spüren. Denn dann wird die Stadt umbenannt in «Vila Natal». Die ganze Stadt ist dann festlich geschmückt. Eine Eislaufbahn wird aufgebaut und es gibt sogar ein Haus des Weihnachtsmanns.
Schokoladenfans dagegen sollten eher den Festkalender Ende April/Anfang Mai im Auge behalten, denn dann findet in Óbidos das Internationale Schokoladenfestival statt.
Von Mitte Juli bis Anfang August wird es mittelalterlich in Óbidos. Jeweils von donnerstags bis samstags gehört die Stadt den Minnesängern, Bettlern, Jongleuren, Adligen und Tänzern. Überall wird geschlemmt und der Handel kommt natürlich auch nicht zu kurz. Ritterkämpfe werden ausgetragen.
Am besten du erkundigst dich vorher bei einer der Tourist-Informationen, ob die Feste stattfinden können und wie das genaue Programm aussieht, wenn du zu einer der genannten Zeiten in Portugal seid.