Bummel durch Solothurns Altstadt mit Abstecher zur Verenaschlucht
Kennst du das? Du fährst einem Ziel entgegen, siehst Schilder und plötzlich fällt dir unterwegs wieder ein – den Ort wollte ich mir doch anschauen. So geht es uns jedes Mal, wenn wir an der Autobahnverzweigung nach Solothurn vorbeikommen. Schliesslich soll Solothurn die schönste Barockstadt der Schweiz sein. Auf dem Weg nach Biel nehmen wir uns endlich die Zeit für einen Bummel durch Solothurns Altstadt. Das Wetter gönnt uns zwischen zwei Regenschauern sogar noch einen Abstecher zur Verenaschlucht.
Solothurn mit seiner schönen Altstadt hat Atmosphäre. Obwohl das Wetter wie so oft in diesem Sommer mittelhochprächtig ist, pulsiert das Leben in der Altstadt. An der Aare kommt fast ein wenig mediterranes Flair auf. Ein Bummel durch die Altstadt von Solothurn macht definitiv Spass. Individuelle Geschäfte, witzige Schaufenstergestaltungen, schöne Brunnen, Cafés und Restaurants und alles in einer Kulisse von Bürgerhäusern, die auf Wohlstand in der Vergangenheit deuten. Ab 1530 war Solothurn für 300 Jahre Niederlassung der französischen Ambassadore. Vielleicht weht noch ein Hauch von der Lebensart der französischen Könige durch die Stadt? Dazu kommt eine wunderliche Eigenheit oder Vorliebe der Solothurner für die Zahl 11, deren Auswirkungen man überall begegnet.
Altstadt Bummel oder Solothurns Liebe zu den Schnapszahlen
Hast du dich schon einmal mit Numerologie und der magischen Bedeutung von Zahlen beschäftigt? Nein? Mir ging es genauso, aber wenn man einen Besuch der Stadt Solothurn plant, kommt man an der Zahl 11 nicht vorbei. Für mich ist die 11 bis dato gedanklich eher mit dem Beginn der fünften Jahreszeit, dem Karneval verbunden. Du weisst schon der 11.11., 11 Uhr 11, der Zeitpunkt, an welchem die Narren die Herrschaft übernehmen.
Nicht so in Solothurn, da gilt die Zahl 11 manchen sogar als «heilige Zahl». Dies ist allerdings erstaunlich. Gilt die Zahl 11 in der christlichen Zahlensymbolik doch eher als unvollkommene Zahl. Die Zahl überschreitet die 10 Gebote, so dass sie in der Literatur mit Sünde in Verbindung gebracht wird. Und die 12 Apostel Jesus waren nach dem Verrat auch nur noch 11.
11 und das Vielfache von 11
Besuchst du Solothurn kommst du jedenfalls an der 11 und ihren Vielfachen nicht vorbei. Die Zahl 11 ist in Solothurn positiv besetzt. Der Bezug zur Zahl 11 scheint historisch gewachsen zu sein. Man findet keinen Anfang für die Vorliebe, findet aber überall den Ausdruck dieser Vorliebe.
So gibt es in Solothurn eine 11 i Uhr mit einem 11 Stunden Ziffernblatt und einem Glockenspiel mit 11 Glocken. Willst du in Solothurn ein Bier trinken, kommt ihr heute nicht am «Öuffi-Bier» (Dialekt für 11) vorbei. Die Brauerei wurde wahrscheinlich nicht zufällig am 11.11.2000 gegründet. Als Mitbringsel eignet sich die 11-i-Schokolade der Confiserie Hofer. So spielt heute jeder vom Anwalt bis zur Immobilienfirma mit der Zahl 11 so gut er kann.
Bereits die Sage zu den beiden Stadtheiligen Urs und Viktor spielt mit der Zahl 11. So gehörten diese beiden der 11. Thebäischen Legion an. Auch soll es 11 Zünfte in Solothurn gegeben haben. Das alles ist jedoch nicht wirklich belegt. Sucht man lange genug in der Geschichte findet man eine Zeit in der der Kanton Solothurn in 11 Vogteien aufgeteilt war. 11 Kirchen und 11 historische Brunnen gehören zum Stadtbild. Wobei die Stadt Solothurn 47 öffentliche Brunnen hat. Ist man auf die Zahl 11 oder ein Vielfaches davon fixiert, kann man sich alles auch richtig zusammenzählen. Das Meisterstück in Sachen 11 ist die St. Ursen-Kathedrale, der wir auf unserem Rundgang durch die Solothurner Altstadt begegnen. Aber irgendwie macht diese Schrulligkeit die Stadt sehr liebenswert.
Rundgang durch Soluthurns Altstadt
Wir parken das Auto in der Tiefgarage vor dem Baseltor und begeben uns durch jenes Stadttor in die lebendige Altstadt von Solothurn. Man kann unschwer erkennen, dass das Baseltor zur Stadtbefestigung von Solothurn gehörte.
Etwas irritierend ist, dass der Autoverkehr durch das Baseltor fliesst, denn hat man das Tor durchschritten, wähnt man sich fast in einer Fussgängerzone. Diese beginnt aber erst später. Auf der anderen Seite des Baseltors ist eine kleine Filmcrew gerade dabei eine kurze Szene in auffälliger Kostümierung zu drehen.
So laufen wir weiter durch Solothurns Altstadt und begeben uns zum bedeutendsten Schweizer Bauwerk des Frühklassiszismus, der St. Ursen-Kathedrale. Sie ist das Wahrzeichen der Stadt und die vielleicht wichtigste Sehenswürdigkeit Solothurns. Und sie ist wie angedeutet ein Bravourstück der Zahl 11. Der Neubau dauerte 11 Jahre von 1762 bis 1773. Im Inneren gibt es 11 Altäre, der Kirchturm ist 6 mal 11 m hoch und hat 11 Glocken. Und es führen 3 mal 11 Treppen hoch zur Kathedrale.
Als nächstes werfen wir einen Blick in die Jesuitenkirche, die von 1680 bis 1689 erbaut wurde.
Und schon stehen wir vor dem ältesten Bauwerk der Stadt, dem Zeitglockenturm. Er wurde Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut. Unter einem kleinen Dach stehen Ritter, König und Gerippe für die Vergänglichkeit der Zeit und erinnern an den Sinn des Lebens. Das grosse komplizierte astronomische Uhrwerk zeigt Tag, Monat und Jahreslauf an. Hier beim Zeitglockenturm findet auch mittwochs und samstags der Markt statt. Natürlich steht hier auch einer der 11 historischen Brunnen von Solothurns Altstadt.
Die 11 historischen Brunnen in der Altstadt von Solothurn
Solothurn liegt nicht nur an der Aare, sondern auch am Südfuss des Juragebirges, so dass es hier zahlreiche Quellen gibt. In Leitungen gefasst, sprudelt es aus den Brunnen der Stadt. Ob schon die Römer hier in Salodurum einen Brunnen hatten? Urkundliche Erwähnung fand der erste Brunnen 1303.
Ein Brunnenbauboom setzte in Solothurn ein, nachdem die Stadt Bern innerhalb von drei Jahren neun Brunnen mit Figuren einweihte. Schöne Brunnen waren Zeichen von Reichtum und Bedeutsamkeit einer Stadt. Begünstigt durch den Wohlstand, der mit dem französischen Einfluss im 16. Jahrhundert Einzug hielt, baute und renovierte auch Solothurn Brunnen. Drei Mal sprudelte in der Geschichte Solothurns (1689, 1725, 1729) sogar roter und weisser Wein aus einem Brunnen. Dies war ein Geschenk des französischen Botschafters anlässlich der Geburt von Henri Louis, Duc de Bourgogne, der Vermählung Ludwig XV. und vier Jahre später anlässlich der Geburt seines ersten Sohnes.
Die kunstvoll verzierte Säule des Fischbrunnens auf dem Marktplatz in der Altstadt Solothurns weist einen unglaublichen Detailreichtum auf. Unten schmücken sie zwei geflügelte Köpfe aus deren Mündern die Rohre mit dem Wasser entspringen. Darüber befinden sich am Schaft der Säule Akanthusblätter und Fruchtgehänge. Schildhalter sind eine Meerjungfrau und ein Mischwesen aus Mann und Fisch (Triton). Darüber befinden sich weitere Akanthusblätter bevor Widderköpfe das Kapitell schmücken. Gekrönt wird die Säule von einem Bannerträger.
Tipp: Spazierst du durch die Altstadt von Solothurn schau dir die Brunnen genauer an. Beim Gerechtigkeitsbrunnen kannst du beispielsweise unterhalb von Justitia die Vertreter der geistlichen und weltlichen Macht der damaligen Zeit entdecken: den deutschen Kaiser, den Papst, den türkischen Sultan und den Schultheiss von Solothurn. Humor hatten die Solothurner damals wohl. Der St. Georgsbrunnen erzählt beispielsweise die Geschichte des Drachentöters.
Seitenwechsel über die Aare und zurück
Bevor wir die Seiten wechseln und die Aare überqueren, weckt das unglaubliche Angebot einer Eisdiele unsere Aufmerksamkeit. Nach einer Viertelstunde Beratung haben wir endlich raus, wer was nimmt, damit wir möglichst viele der kreativen Geschmacksrichtungen testen können.
Die Aare ist in ihrem Bett sehr schnell unterwegs. Das merkt ein kleines Bötchen, welches Anlegemanöver übt. Unser Ziel ist es, den Krummturm näher zu betrachten. Vorher zieht aber ein vollkommen von Weinlaub eingewachsenes Haus unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es stellt sich heraus, dass hier ein Bio-Laden residiert.
Um den Krummturm herum befindet sich ein kleiner Park mit Schatten spendenden Bäumen und diversen Kanonen. Es ist ein mittelalterlicher Wehrturm, der in Wirklichkeit nicht schief ist. Das Dach des Turms wirkt jedoch auf den Betrachter ziemlich schief. Die Dachform hängt aber mit dem Grundriss des Turms zusammen, einem unregelmässigen Fünfeck.
Wir haben den Park noch nicht ganz verlassen, als es zu regnen beginnt. So kommt es, dass wir nicht zur anderen Brücke laufen, sondern mit ein paar kleinen Umwegen zurück zum Parkhaus gehen. Das Viertel rund um das alte Zeughaus, welches heute ein Museum beherbergt, ist wirklich sehenswert.
Tipp: Schau dir auf alle Fälle das Solothurner Rathaus an. Ein ehemaliges Wohnhaus wurde im Laufe der Jahrhunderte so oft an- und umgebaut, dass eine erstaunliche Architekturmischung entstanden ist.
Zur Riedholzbastion gelangst du, wenn du die Altstadt von Solothurn wieder durch das Baseltor verlässt. Solothurn war eine rundherum befestigte Stadt. Bei schönem Wetter kannst du von der erhöhten Position den Blick in die Umgebung geniessen.
Tipp: Ist dir so ein Bummel durch die Altstadt von Solothurn zu langweilig oder willst du Kinder für eine Stadterkundung begeistern, so schaut dir die Rätsel-Trails von Solothurn-Tourismus an. Da ist sicher für jeden etwas dabei.
Abstecher zur Verenaschlucht
Eigentlich ist es ein schöner Weg, der von Solothurn durch die schattige Verenaschlucht führt. Allerdings ist das Wetter so unbeständig, dass wir beschliessen mit dem Auto zum nördlichen Ende (beim Restaurant) der Schlucht zu fahren, um wenigstens einen Blick in die Schlucht zu werfen.
Hier am nördlichen Ende weitet sich die Schlucht auf. Auf der einen Seite der Schlucht steht das Eremitenhäuschen und die Martinskapelle. Gegenüber, eine Verbindung mit dem Fels eingehend, steht die Verenakapelle.
Im Eremitenhäuschen lebt seit dem 15. Jahrhundert fast durchgängig ein Einsiedler. Wobei die Verenaschlucht ein beliebtes Ausflugsziel ist, so dass der Ort zwar abgeschieden, aber nicht einsam ist.
Hinter der Martinskapelle befindet sich eine Höhle, in der die heilige Verena im 4. Jahrhundert gelebt haben soll. Diese ist aber genauso wenig wie die Martinskapelle zugänglich. Dennoch kann man einen Blick ins Innere der Kapelle werfen und versteht automatisch, dass man zum Schutz der Kapelle draussen bleiben muss.
Tipp: Wer eine Rundwanderung unternehmen möchte, könnte den Weg durch die Verenaschlucht mit dem Meditationsweg verbinden.
Hinweis: Traditionell werden in der Verenaschlucht in der Adventszeit Kerzen aufgestellt, so dass viele Leute in die Schlucht pilgern, um die stimmungsvolle Atmoshäre zu geniessen.
Die heilige Verena – Legenden
Verena soll 300 n.Chr. von Oberägypten über Italien in die Gegend um Salodurum gekommen sein. Scheinbar hatte sie einen Verwandten in der christliche Thebäischen Legion, der der Säuberungswelle unter Kaiser Diokletian zum Opfer fiel. Erst wurde die Legion zwei Mal dezimiert. Das bedeutet, dass jeder 10. Mann hervortreten musste und getötet wurde. Schliesslich sollte die Legion als ganzes hingerichtet werden. Den beiden Stadtheiligen von Solothurn gelang mit einigen Mitstreitern die Flucht.
Verena blieb einige Jahre in der nach ihr benannten Schlucht. Sie war in Heilkunde bewandert und heilte Menschen von ihren Krankheiten und trug so zur Verbreitung des christlichen Glaubens bei. Als sie zu prominent wurde, flüchtete sie Aareabwärts. Erst liess sie sich bei Koblenz nieder, später gelangte sie nach Zurzach, wo sie 350 n.Chr. starb.
Um ihre Person ranken sich zahlreiche Legenden. Von Mehlsäcken deren Inhalt sich erneuert über Kämpfe mit dem Teufel, aus denen sie siegreich hervor ging bis hin, dass der Wein, den sie den Armen schenken wollte, sich in Wasser verwandelte, als man sie des Diebstahls bezichtigen wollte. Auch soll Verena ihre Reise in Richtung Koblenz auf der Aare auf einem Mühlstein unternommen haben. So ist sie zur Patronin der Müller und Fischer geworden.
Der Verenatag ist der 1. September. In Zurzach ist dieser Tag ein Feiertag. Wie das Wetter an diesem Tag ist, soll es die nächsten 4 Wochen bleiben.