Stein am Rhein im Herbst
Bei strahlendem Sonnenschein machen wir uns an einem Herbsttag auf den Weg, um Stein am Rhein zu besuchen. Doch schon lange bevor wir unser Ziel erreichen, hüllt uns dichter Nebel ein. Ein mystischer Rundgang von der Werd Insel zur Altstadt beginnt. Die Lebensader Rhein zieht uns scheinbar dieses Jahr in den Bann. So waren wir bei einer der Rheinquellen, in der Rheinschlucht, am Rheinfall oder am Bodensee.
Am Nachmittag schaffte es die Sonne dann doch noch für kurze Zeit den Nebel ein wenig aufzulösen. Doch sieh selbst, wie unterschiedlich ein Ort je nach Lichtstimmung wirkt. Wie immer gilt, lass dich inspirieren und mache dir selbst ein Bild.
Spaziergang zur Werd Insel im Nebel
Wir parken als einzige unser Auto am Bahnhof in Stein am Rhein. Der erste Schock wartet nach dem Aussteigen aus dem Auto auf uns, denn im Nebel ist es empfindlich kalt. Hier sind ungefähr 7 Grad weniger als zu Hause beim Losfahren.
Unser Weg führt uns vorbei an der Burg Kirche, deren Turm gerade eingerüstet ist und weiter zum Rhein hinunter. Die Stimmung ist geheimnisvoll. Dennoch sind wir etwas konsterniert, dass man die Häuser auf der anderen Seite im Nebel nicht einmal erahnen kann.
Auf dem Weg am Ufer des Rheins folgen wir der Ausschilderung zur Werd Insel. Überall glitzern Spinnennetze mit den gesammelten Wassertropfen.
Nur wenig Leute sind bei diesem Wetter unterwegs. Auch wenn wir eigentlich mit der Absicht kamen, Sonne zu tanken, finden wir die Nebelstimmung toll.
Die Sicht vom Steg reicht nicht weit. Auf dem Geländer des Stegs sitzen Lachmöwen wie Wegelagerer, die sich nach unten fallen lassen, wenn jemand vorbeiläuft. Im flachen Wasser stehen grosse Fische.
Die Geschichte der Klosterinsel Werd
Was man im Nebel nicht erkennen kann, die Werd Insel ist eine von drei kleinen Inseln im Ausfluss des Rheins. Der Name Werd wurde von Ward abgeleitet, was so viel wie Flussinsel bedeutete.
Historische Spuren der Werd Insel führen bis zu den Pfahlbauern zurück. Für den Abt Ottmar vom Kloster St. Gallen war die Werd Insel ein Verbannungsort. Im Jahr 759 starb er auf der Insel. Er wurde auf der Insel begraben, später aber rehabilitiert und ein zweites Mal im Kloster begraben.
Auf seiner Grabstelle auf der Werd Insel wurde bereits im 10. Jahrhundert eine Kapelle errichtet, die zur Wallfahrtsstätte wurde. Seit 1957 bewohnen Mönche des Franziskanerordens das Priesterhaus neben der Kapelle.
Die Werd Insel ist ein Ort der Ruhe und inneren Einkehr und gehört auch zum Wasser- und Zugvogelreservat. Besucher können sich mit einem Gedanken oder einem Gebet ins Labyrinth begeben und zur Mitte schreiten und verharren. Anschliessend soll man gestärkt aus dem Labyrinth in den Alltag zurückgehen.
Das Labyrinth ist eine Nachbildung des Labyrinths der Kathedrale von Chartres. 12 Kreise führen auf 444 m bis zur Mitte. Die Zahl 12 steht dabei für die 12 Monate, die Apostel oder die Stämme Israels. Die Quersumme von 444 ist wiederum 12 ….
Wir verlassen die Insel wieder. Auf dem Steg sind nun nur wir und die Möwen.
Die Altstadt von Stein am Rhein
Anschliessend folgen wir dem Uferweg zurück bis zur Brücke über den Rhein. Jetzt ist der Nebel schon weniger dicht und man erkennt erste Gebäude.
Dort, wo sich sonst Menschenmassen drängeln, ist jetzt fast niemand unterwegs.
Bevor wir zum Rathaus gehen, werfen wir noch einen seitlichen Blick auf das Kloster Sankt Georgen. Dieses Kloster wurde vom Hohentwiel bei Singen im Jahr 1007 hierher verlegt. Besichtigt werden kann es nur von April bis Oktober, aber die Aussenbereiche sind offen.
Durch das Rheintörlein, einem kleinen Tor in der Ummauerung, gelangt man zum Ufer des Rheins.
Inzwischen ist uns der Nebel in die Glieder gefahren und wir halten in der Altstadt Ausschau nach einem netten Café oder Restaurant, um uns ein wenig aufzuwärmen und vielleicht etwas gegen den kleinen Appetit zu unternehmen. Auch wenn Jörg beim Lesen der Speisekarten einen Bärenhunger bekommt und ihn überall etwas anlacht, ist es Gwendolyn, welche genau den richtigen Ort für uns findet. Eine kleine Crêperie. Im inspirierenden Interieur dürfen wir im ersten Stock des Fachwerkhauses Platz nehmen und unsere leckeren Crêpes geniessen.
Während des Essens hören wir Musik, die von der Strasse kommt. Wir sehen den Strassenmusiker unweit der Crêperie gegenüber von einem Glühweinstand, der weissen Glühwein ausschenkt. So teilen wir uns zu Dritt einen Glühwein und lauschen der Musik. Diese Unbeschwertheit lässt richtig Stimmung aufkommen. Und auch wenn alle auf den Abstand zueinander achten, ist es fast ein wenig wie zu Zeiten, bevor das Virus unser Leben auf den Kopf gestellt hat.
Kurzer Sieg der Sonne über den Nebel
Anschliessend laufen wir weiter Richtung Untertor. In einer Gasse, die zum Rhein führt, sehen wir, dass die Sonne den Nebel zu Dampfschwaden auflöst. Es ist wunderschön und plötzlich füllt sich Stein am Rhein mit Menschen.
Wir gehen am Ufer des Rheins entlang. Laufen noch einmal zum Kloster und durch das Rheintörli. Jetzt sieht man die Werd Insel aus dem Nebel auftauchen.
Sogar der Kirchturm leuchtet kurz im Sonnenschein. Allerdings ist er schon wieder in Wolken als wir vom Obertor zurück zur Rheinbrücke laufen.
Wieder am Rathaus angekommen, bewundern wir rundherum die Fassade und amüsieren uns über die damalige Mode.
Doch wie kam es zu dieser bunten Bemalung der Häuser von Stein am Rhein? Im 16. und 17. Jahrhundert waren die Bürger von Stein am Rhein dank der günstigen geografischen Lage am Ausfluss des Rheins sehr wohlhabend. Der Status als Marktplatz führte zu regem Handel und die Einnahmen aus dem Brückenzoll sprudelten. Die Wohlhabenden liessen in dieser Zeit ihre Hausfassaden mit Kalktechniken bemalen.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts fing die Renovation und Neugestaltung der Fassaden an. Sie dauerte bis Mitte des 20. Jahrhunderts. Ob nun «Renommiersucht» oder die Förderung des aufkommenden Tourismus eine Rolle spielten, weiss man heute nicht mehr mit Bestimmtheit zu sagen. Heute kann man in Stein am Rhein jedoch Fassadenmalereien aus unterschiedlichen Epochen bewundern. Das Ensemble als Ganzes ist faszinierend.
Die Werd Insel im Sonnenschein
Über die Rheinbrücke laufen wir wieder auf die andere Seite von Stein am Rhein. Wollen wir doch noch einen schnellen Blick auf die Werd Insel im Sonnenlicht werfen.
Der grösste Unterschied zwischen der Werd Insel im Nebel und im Sonnenschein ist die Weitsicht. Der Blick den man vom Steg der Werd Insel im Sonnenschein hat, ist einfach gigantisch. Das goldene Licht der Sonne lässt die Farben der schon laublosen Bäume zur Geltung kommen. Auch ein paar Lachmöven ruhen wieder auf dem Geländer.
Jetzt im November sinkt die Sonne aber schnell. Die Wasservögel sammeln sich schon zur Nachtruhe. Ein Schwan hält auch ein kurzes Nickerchen. Einen kurzen Moment bringt die untergehende Sonne die Weide zum Leuchten. Dann ist die Sonne verschwunden und mit ihr die einzigartige Stimmung.
Heimweg mit Aussicht
Für den Weg nach Hause nehmen wir jetzt einen anderen Weg. Gern würden wir dem Rhein noch ein wenig in Richtung Bodensee folgen. Allerdings fahren wir in so dichten Nebel, dass wir von diesem Vorhaben absehen. Wir wenden und fahren bei Mammern über die erste Hügelkette und dann weiter bis wir die A7 erreichen.
Wir fahren zurück zum Licht. Beim Anblick dieses Bildes fallen uns alle Gruselgeschichten ein, die wir je an Halloween gelesen haben.
Eine weitere Überraschung wartet auf uns als wir die Hügelkette erklommen haben und sich die Silhouette der Alpen vor unserem Blickfeld ausbreitet.
Gut zu wissen
Stein am Rhein ist normalerweise ein Touristenmagnet. In Zeiten von geschlossenen Grenzen, Quarantänebestimmungen etc. kann man Stein am Rhein bei Nebel fast für sich alleine haben.
Tipp: Schaut in die Wetterapp, ob und wie sich das Wetter im Verlauf des Tages ändert.
Die Stadt Stein am Rhein bietet diverse Führungen durch die Stadt an. Dafür muss man sich anmelden. Am besten ihr schaut vor eurem Besuch in Stein am Rhein mal, ob zufällig eine Führung angeboten wird, die euch interessiert.
Ein Besuch des Klosters St. Georgen ist nur von April bis Oktober möglich.
Parkplätze gibt es am Bahnhof und vor den Toren der Stadt. Auch mit dem ÖV erreicht man Stein am Rhein gut.
Wow – was für tolle Bilder. Der Nebel macht das Ganze wirklich zu etwas ganz Besonderem.
Ein sehr schöner Beitrag.
Danke dafür
http://www.viagolla.com
Hallo Sonya, es freut mich, dass dir der Beitrag und die Bilder so von Reisebloggerin zu Reisebloggerin gefallen haben. Der Ausflug hat wirklich Spass gemacht.