Alpenpanorama vom Chasseral und Tête de Moine in Bellelay – ein Tag voller Genuss

Über den den Col de Chasseral zum Gipfel

Unsere Woche mit dem Wohnmobil im Jura endet heute. Für den letzten Tag haben wir uns noch ein kleines Highlight ausgesucht, zumal das Wetter mitspielt. Unser Ziel, bevor es endgültig nach Hause geht, ist das Tête de Moine Museum in Bellelay. Wollen wir doch endlich das Geheimnis lüften, warum dieser Käse in Rosetten geschabt wird. Für die Anreise entscheiden wir uns für die Panoramaroute über den Col du Chasseral. So brechen wir vom Ost-Ende des Neuenburgersees auf und fahren via Nods über den Col du Chasseral. Die schmale Passstrasse überquert die südlichste und höchste Kette des Juragebirges. Der Pass befindet sich auf 1.502 m. Schon von hier geniesst man bei guter Sicht das spektakuläre Alpenpanorama fast greifbar nah. Eine kleine Stichstrasse führt dann zum Bergrestaurant mit einem grossen Parkplatz. Von da aus kann man die letzten Meter zum Gipfel des Chasseral laufen.

Die schmale Strasse führt von Nods zum Col du Chasseral. Das leuchtende Grün begleitet uns jedoch nicht lange. - Panoramroute über den Col de Chasseral
Die schmale Strasse führt von Nods zum Col du Chasseral. Das leuchtende Grün begleitet uns jedoch nicht lange.
Ein paar Kurven und Höhenmeter später stehen die Bäume noch kahl da. - Panoramaroute über den Col du Chasseral
Ein paar Kurven und Höhenmeter später stehen die Bäume noch kahl da.
Panoramaroute über den Col du Chasseral - Blick zurück
Panoramaroute über den Col du Chasseral – Blick zurück

Auf dem Chasseral die Seele baumeln lassen

Die Seele auf Chasseral baumeln zu lassen, ist sicher nicht zu jeder Zeit möglich, denn der Berg ist ein beliebtes Ausflugs- und Wanderziel. Und auch Fahrradfahrer fühlen sich reihenweise berufen, sich die schmalen Strassen der Panoramaroute zum Col du Chasseral hochzuquälen, ebenso wie Motorradfahrer von den Kurven angezogen werden. Dieses Ausflugsziel sollte man also besser unter der Woche und ausserhalb der Ferien besuchen.

Die Panoramaroute über den Col du Chasseral ist auch bei Motorradfahrern sehr beliebt.
Die Panoramaroute über den Col du Chasseral ist auch bei Motorradfahrern sehr beliebt.
Die Stichstrasse zum Restaurant und Hotel ist so gar nicht nach Jörgs Geschmack, Aussicht hin oder her. Wenigstens haben wir kaum Gegenverkehr.
Die Stichstrasse zum Restaurant und Hotel ist so gar nicht nach Jörgs Geschmack, Aussicht hin oder her. Wenigstens haben wir kaum Gegenverkehr.

Wer bei all dem Verkehr die schmalen Strassen lieber meiden möchte, hat auch die Möglichkeit, mit dem Bus die Panoramaroute über den Col du Chasseral anzureisen. Es fahren sowohl Busse von St. Imier als auch von Nods aus.

Wir jedenfalls müssen die Aussicht vom Chasseral nur mit wenigen Leuten teilen. So laufen wir als Erstes an der Felskante entlang zum Gipfel des Chasseral. Auf dem Weg sind wir hin- und hergerissen. Sollen wir die Augen auf den Boden heften, um die zahlreichen kleinen Blüten zu bewundern? Oder lassen wir die Blicke lieber in die Ferne schweifen, um die Aussicht und das Alpenpanorama zu geniessen.

Frühlingsenzian und Miniaturbutterblumen bilden einen schönen Farbkontrast. Bei den Schneefeldern an den Hängen des Chasseral blühen noch die Krokusse und vereinzelte Narzissen sind auch zu sehen.
Frühlingsenzian und Miniaturbutterblumen bilden einen schönen Farbkontrast. Bei den Schneefeldern an den Hängen des Chasseral blühen noch die Krokusse und vereinzelte Narzissen sind auch zu sehen.
Beim Anblick der Sendeantenne auf dem Gipfel des Chasseral erwartet man fast, gleich einen Raketenstart zu erleben.
Beim Anblick der Sendeantenne auf dem Gipfel des Chasseral erwartet man fast, gleich einen Raketenstart zu erleben.

Rund um die Sendeantenne gibt es Terrassen mit Sitzgelegenheiten. Der Ausblick auf die weite Landschaft ist beeindruckend. Gleitschirmflieger tauchen immer mal wieder auf, bevor sie wieder aus dem Blickfeld verschwinden. Da es hier zieht, bleiben wir nicht lange und kehren zum Parkplatz zurück, der sich inzwischen langsam füllt. Wie die Zeit vergeht, es ist schon Mittag.

Immer noch liegt an den Hängen Schnee. - Blick vom Gipfel des Chasseral
Immer noch liegt an den Hängen Schnee.
Wie das wohl ist, von einem Gleitschirm aus dieses Panorama zu geniessen? Gleitschirmflieger am Chasseral
Wie das wohl ist, von einem Gleitschirm aus dieses Panorama zu geniessen?

Wir wollen dieses Panorama vom Chasseral, welches sich vom Säntis bis zum Mont Blanc erstreckt noch nicht verlassen und bleiben noch, mit einer dampfenden Tasse Kaffee, den Blick in die Ferne gerichtet. Schade, dass man mit dem Wohnmobil nicht über Nacht hier oben stehen darf.

Der Tête de Moine – eine Erfindung aus Bellelay

Irgendwann machen wir uns dann doch auf den Weg zum Tête de Moine Museum in Bellelay. Passenderweise haben wir auf unserem Weg auf der Panoramaroute über den Col du Chasseral nach St. Imier gleich einen Milchtankwagen vor uns auf der Strasse. Man könnte meinen, die Milch wird sauer, so schnell ist er auf der schmalen Strasse unterwegs. Uns hängt er problemlos ab. Vielleicht hängt die Geschwindigkeit auch mit den AOP Vorgaben zusammen. Die besagen, dass die Rohmilch innerhalb von 24 Stunden nach dem Melken im Käsekessel verarbeitet werden muss.

Auch Milchtankwagen nehmen die Panoramaroute über den Col de Chasseral
Auch Milchtankwagen nehmen die Panoramaroute über den Col de Chasseral

Wer sich nicht für die Geschichte des Käses interessiert und nur Tête de Moine direkt im Herstellungsgebiet kaufen möchte, kann dies bereits in St. Imier bei der Käserei Spielhofer tun. Die Käserei ist ausgeschildert. Der Tête de Moine wird nämlich nicht nur in Bellelay hergestellt, wo er seinen Ursprung hat, sondern in mehreren Landkäsereien. Um ein echter (AOP geschützter) Tête de Moine zu sein, muss die Milch aus einem bestimmten, sehr eingegrenzten Gebiet stammen. Auch müssen viele Vorschriften eingehalten werden. Beispielsweise ist das Füttern von Silage verboten.

Die Fahrt vom Chasseral über die Landstrassen nach Bellelay, was so viel wie schöne Waldlichtung bedeutet, macht Spass. Bellelay ist ein alter Klosterweiler und lag früher auf einer wichtigen Handelsroute, was man sich heute in der Abgeschiedenheit gar nicht mehr vorstellen kann.

Das Tête de Moine Museum in Bellelay

Das Museum des Tête de Moine in Bellelay ist ein imposantes Gebäude. Es ist ein historisches Nebengebäude des Klosters in Bellelay. Im ersten Moment sind es aber die grossen Strohpuppen, welche die Aufmerksamkeit des Besuchers fesseln.

Die beiden Strohpuppen stellen einmal den 20. Geburtstag des AOP Gütezeichens mit Ursprungsgarantie für den Tête de Moine dar und zum anderen das Erwärmen der Milch im Kessel. - Tête de Moine Museum Bellelay
Die beiden Strohpuppen vor dem Tête de Moine Museum in Bellelay stellen einmal den 20. Geburtstag des AOP Gütezeichens mit Ursprungsgarantie für den Tête de Moine dar und zum anderen das Erwärmen der Milch im Kessel.

Bei Betreten des Museum sticht zunächst die Verkaufstheke mit vielen unterschiedlich lang gereiften Tête de Moine Käselaibern ins Auge. Tête de Moine bedeutet übersetzt Mönchskopf. Einige vermuten, dass der Name Mönchskopf von der runden Tonsur der Mönche stammt. Andere glauben, dass der Name damit zusammenhängt, wie viele der zylinderförmigen Käse pro (Mönchs)kopf im Kloster vorrätig sein mussten. Wie auch immer, das Kloster Bellelay ist der Geburtsort des Tête de Moine.

Das Museum hat man relativ schnell besichtigt. Für den Besuch erhält man ein Tablet, welches einen durch die Ausstellung führt. An bestimmten Daten (diese werden im Blog des Museums bekannt gemacht) kann man der traditionellen Käseherstellung beiwohnen.

Hier wird manchmal noch Tête de Moine wie zu Zeiten der Mönche von Bellelay hergestellt.
Hier wird manchmal noch Tête de Moine wie zu Zeiten der Mönche von Bellelay hergestellt.

Den Tête de Moine richtig geniessen

Der Käse sieht nicht nur extravagant aus, er wird auch in einer einzigartigen Form genossen. Er wird geschabt. Der Legende nach sind dafür naschhafte Mönche verantwortlich. Damit das nächtliche Naschen am Käse nicht auffällt, sollen sich die Mönche darauf verlegt haben, mit einem Messer dünn die oberste Schicht abzuschaben. Dabei haben sie entdeckt, dass der Geschmack sich bei dieser Art des Verzehrs noch verbessert. So kam es, dass der Tête de Moine im Kloster von Bellelay geschabt wurde.

Wissenschaftlich gesehen verändert sich durch das Schaben die Struktur des Käses. Ausserdem kommt Luft auf die geschabte Fläche, wodurch die Aromen sich besser entfalten können.

Erst 1982 erfand Nicolas Crevoisier auf der Suche nach einer rationaleren Art des Käseschabens die Girolle. Den Prototypen kann man im Tête de Moine Museum in Bellelay bewundern. Der Prototyp hatte noch nichts mit den heute handelsüblichen Produkten zu tun. Im Gegensatz zum Prototypen wird der Tête de Moine heute in der Mitte aufgespiesst. Anschliessend kann man den Schaber aufsetzen und üben, schöne Rosetten zu schaben.

Die Erfindung der Girolle hat die Vermarktung des Tête de Moine so richtig in Gang gesetzt. Wenn wir ehrlich sind – das Auge isst mit und diese Rosetten sind wirklich die Zierde eines jeden Käsetellers. Im Tête de Moine Museum in Bellelay kann man nicht nur unterschiedlich lang gereifte Käse kaufen, sondern auch aus einer Vielzahl von Girolle Modellen wählen. Wir haben eine möglichst wenig platzeinnehmende Girolle ausgesucht. Seit wir eine Girolle besitzen, findet der Tête de Moine reissenden Absatz am Familientisch und jeder versucht seine Rosette schöner, als der andere zu machen, bevor er sich dem zartschmelzenden Genuss auf der Zunge ergibt.

Unsere Girolle aus dem Tête de Moine Museum in Bellelay zum Schaben der Rosetten. Die Käserinde fällt dabei von alleine ab.
Unsere Girolle zum Schaben der Rosetten. Die Käserinde fällt dabei von alleine ab.

Spaziergang durch Bellelay

Bevor wir uns für den Kauf eines halben Tête de Moine entscheiden, verkosten wir die verschiedenen Reifegrade des Käses. Währenddessen erkundigen wir uns, ob man das Kloster von Bellelay, dessen eindrucksvolles Tor wir auf dem Weg gesehen haben, auch besichtigen kann. So bekommen wir einen Schlüssel zur Klosterkirche gegen Abgabe eines Ausweises und ein Heft mit Erklärungen für einen Rundgang um die Abtei.

Das Tor zum Kloster Bellelay, dem Ursprungsort des Tête de Moine
Das Tor zum Kloster Bellelay

Das 1142 erstmals erwähnte Kloster erlebte in seiner langen wechselvollen Geschichte viele Tiefschläge. 1499 wird es gebrandschatzt. Im 18. Jahrhundert zur Blütezeit, war es angesehenes Bildungszentrum für Söhne des europäischen Adels. Nachdem es 1797 von französischen Truppen besetzt wurde, wird alles zu Geld gemacht. 1801 deckt man sogar die Zwiebeltürme der Kirche ab und verkauft das Metall. Im 19. Jahrhundert war das Kloster dann Uhrenfabrik, Brauerei und Glashütte, später dann psychiatrische Klinik. Erst 1956 wird die Kirche restauriert.

Schaut man über die Mauer, so liegt das Kloster malerisch in der Natur. Kloster Bellelay Ursprungsort des Tête de Moine
Schaut man über die Mauer, so liegt das Kloster malerisch in der Natur.
In der Kirche wird gerade eine Ausstellung vorbereitet, weshalb wir nur Zugang zur Galerie erhalten. Deren Boden schwankt unter uns so, dass wir uns nicht vorstellen können, wie sich der Boden verhält, wenn die Orgel spielt.
In der Kirche erhalten wir nur Zugang zur Galerie. Deren Boden schwankt unter uns so, dass wir uns nicht vorstellen können, wie sich der Boden verhält, wenn die Orgel spielt.

Mich interessiert sowieso am meisten der Klostergarten. Die wunderschön angelegten, terrassierten Nutzgärten sind leider sich selbst überlassen. Man kann sich aber gut vorstellen, wie die Gärten zur Zeit der Mönche bestellt waren.

An den Mauern wurde Spalierobst gezogen, auf der oberen Terasse warten zahlreiche Frühbeete auf die Vorzucht von Pflanzen. Die unteren Terrassen konnten gepflügt werden. - Bellelay, Ursprung des Tête de Moins
An den Mauern wurde Spalierobst gezogen, auf der oberen Terasse warten zahlreiche Frühbeete auf die Vorzucht von Pflanzen. Die unteren Terrassen konnten gepflügt werden.

Ausserhalb der Klostermauern

Weiterhin gehörten zum Kloster eine alte Ziegelei und Schmiede. Beiden waren wegen der Brandgefahr ausserhalb der Klostermauern untergebracht. Auch eine Mühle und Tannerie (Gerberei) befinden sich ausserhalb des Klosters. Das Haus, in dem sich das Käsemuseum befindet, hatte früher noch ein Zwillingsgebäude, welches aber abgebrannt ist. An der südwestlichen Ecke des Klosterweilers befinden sich ein See und ein Moorgelände. 51 ha Moor stehen heute unter Schutz. Bis 1945 stach man dort Torf zum Heizen.

Tipp: Für alle, die mehr Zeit haben, in der Umgebung des Tête de Moine Museums gibt es viele Wandermöglichkeiten.

Damit geht für uns eine spannende Woche mit der Fahrt über den Col de Chasseral, der Aussicht auf die Alpen und dem Besuch des Tête de Moine Museums in Bellelay zu Ende. Weitere Erlebnisse auf der Tour durch den Jura findest du in der Rubrik Westschweiz. Unsere nächste Reise führt uns spontan zwei Wochen später nach Portugal.

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