Einsteigen und hinfahren, wo es schön ist – ganz so einfach ist das im Moment nicht. Mit diesem Satz spiele ich nicht nur auf die Corona Situation an, sondern darauf, dass wir in Zürich gerade einen Rückfall in den Winter haben. Nachts herrschen plötzlich wieder Temperaturen von minus 3 bis 4 Grad. Unser Auto, welches ja gerade mit neuen Sommerreifen aus der Werkstatt gekommen ist, muss innen geputzt und initial für die erste Wohnmobiltour des Jahres in den Süden der Schweiz gepackt werden. Leider haben wir keine Erfahrungen, ab welchen Aussentemperaturen es auch im Auto gefriert, also kann alles was heikel ist, erst am Abfahrtstag geladen werden. Umso mehr freuen wir uns auf etwas wärmere Temperaturen im Süden. Wir haben uns den Delta Camping in Locarno als Übernachtungsort ausgesucht.


Die Schweiz ein Land von Tunneln und Baustellen
Da im März der Gotthardpass noch geschlossen ist und der Lukmanierpass teilweise recht eng und im Frühjahr oft dort vereist ist, wo die Sonne den Schnee geschmolzen und das Wasser über Nacht wieder gefroren hat, entscheiden wir uns für unsere Wohnmobiltour in den Süden der Schweiz für die Strecke durch den Gotthardtunnel. Vor der Abfahrt ist es immer sinnvoll einen Blick auf den Zustand der Pässe zu werfen.
Da noch nicht Hauptreisezeit ist und auch kein langes Wochenende vor der Tür steht, checken wir die Verkehrslage am Gotthardtunnel nicht. Allerdings haben wir das Gefühl wir fahren von Baustelle zu Baustelle. Vor allem vor und nach dem Gotthardtunnel sind lange Baustellen, da ist der Stau an Ostern schon vorprogrammiert. Obwohl vor dem Gotthard nicht viel los ist, steuern rote Ampeln die Einfahrt. Nie zuvor, und wir sind die Strecken Richtung Süden schon oft gefahren, ist es uns so aufgefallen, wie jetzt, wo wir mit dem Wohnmobil unterwegs sind, dass sich ein Tunnel an den anderen reiht. Auf der Rückfahrt, wo ein starker Fönwind bläst, sind die Tunnel fast schon erholsam zu fahren. Bei Wind merken wir die Höhe unseres Wohnmobils ganz schön
Immer wieder sind wir von den unterschiedlichen Wetterkondition vor und nach dem Gotthardtunnel überrascht. Auf der Nordseite hängen noch dicke Eiszapfen herunter, auf der Südseite steigt die Temperatur sprunghaft an und die Forsythienhecken blühen entlang der Autobahn. Das wichtigste ist aber, die Sonne scheint.


Camping mit Hindernissen
Delta Camping Locarno
Die Auswahl an Campingplätzen ist Mitte März noch überschaubar, da viele der Campingplätze erst um den 1. April herum öffnen. Insofern haben wir uns für unsere erste Wohnmobiltour in den Süden der Schweiz den Delta Campingplatz in Locarno herausgesucht. Ursprünglich hatten wir überlegt, einen Platz im Voraus zu buchen. Davon haben wir jedoch schnell wieder Abstand genommen, als wir gesehen haben, dass dafür extra 50 Sfr Buchungsgebühr fällig geworden wären. So fahren wir auf «Gut Glück» zum Delta Camping in Locarno und kommen während der Siesta Zeit an. Die lange Schlange am Checkin zeigt uns, dass wir nicht die einzigen sind, die die Mittagspause nicht auf dem Radar hatten. Ärgerlich wäre es nur gewesen, wenn wir uns morgens extra beeilt hätten. So müssen wir jetzt nur noch 15 Minuten totschlagen.
Auf dem Delta Campingplatz in Locarno gibt es Plätze der Kategorie A und B. Die A Plätze befinden sich alle am Wasser und kosten 10 Sfr Aufpreis pro Nacht. Vom Lago Maggiore trennt einen allerdings ein hoher Maschendrahtzaun. Die Plätze am See-Einschnitt sind ohne Zaun und halbwegs eben. Wir bekommen freie Plätze genannt und können schauen, welcher uns gefällt. Auf der Suche nach einem schönen Platz fällt uns auf, dass man teilweise sehr lange Stromkabel braucht, um an den Strom zu gelangen. Die Wege zwischen den Campingplätzen sind sehr schmal. Die Plätze der Kategorie B sind meist sehr uneben. Ohne Auffahrkeile geht hier nichts.


Die Sanitären Anlagen sind für die Grösse des Campingplatzes spärlich bemessen. Auf dem Plan sind 360 Stellplätze ausgewiesen. Wenn es sechs Duschen bei den Damen waren, waren es viele. Ist der Platz voll belegt, muss man sich überall auf Wartezeiten einstellen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt für uns nicht, auch wenn die Lage des Platzes ideal ist, da man von hier aus alles (Innenstadt, Lido, Hafen, Kamelienpark, Falconeria etc.) schnell zu Fuss oder per Bus erreicht.
Probleme mit dem Wasser
Das Wasser war schon auf unserer ersten Wohnmobiltour in der Schweiz nach dem Kauf des Wohnmobils ein grosses Thema. Da wir jedoch lernfähig sind, dachten wir, wir hätten es jetzt im Griff. Dieses Mal haben wir alle Wasserhähne daraufhin überprüft, ob sie geschlossen sind, bevor wir die Pumpe eingestellt haben. Dennoch überrascht uns das Wasser erneut. Wir haben wieder fliessendes Wasser, welches aus der Dusche kommt. Dieses Mal kommt es jedoch aus der Verkleidung.
Pumpe abstellen und Auto trockenlegen, so langsam habe ich Übung darin. Sogar an einen Lumpen habe ich gedacht. Da ich für das verlängerte Wochenende vorgekocht habe, trifft es uns auch nicht so hart, dass wir die Pumpe nicht anstellen können. Das Kaffeewasser kochen wir einfach mit Flaschenwasser und zum Spülen gehen wir sowieso, wenn möglich, in die Spülküche. Allerdings überlegen wir, warum ein Schlauch geplatzt sein könnte. Schliesslich haben wir doch das Wasser im Winter brav abgelassen. Allerdings können wir uns nicht erinnern, ob wir wirklich alle Schritte durchgeführt haben. Deshalb beschliessen wir uns für den nächsten Winter eine Checkliste zu machen. An die Öffnung der Verkleidung des Serviceschachtes trauen wir uns nicht heran, da wir nicht sicher sind, wie wir die Verschlüsse ohne Beschädigung lösen können.
Unsere Werkstatt findet nach der Rückkehr heraus, dass niemand geplatzt ist, sondern sich einfach ein Schlauch gelöst hat. Nun haben wir wieder etwas über unser Auto gelernt, denn jetzt wissen wir, wie der Service Schacht aufgeht.
Der Regensensor ist unsere Rettung
Für etwas Frischluftzirkulation öffnen wir nachts das Dachfenster einen kleinen Spalt. Unser Dachfenster lässt sich nur per Fernbedienung bedienen. Dafür hat das Dachfenster einen Regensensor eingebaut.
Allerdings fällt Jörg die Fernbedienung in der letzten Nacht vom Hochbett herunter. Danach funktioniert sie leider nicht mehr. Das Gehäuse ist intakt, die beiden Batterien sind schnell wieder an Ort und Stelle und ansonsten sieht man nur eine Platine und eine Art Kondensator. Sichtbar ist kein Schaden. Nur die Fernbedienung ist beleidigt und tut nichts mehr und mit offenen Fenster können wir nicht fahren.
So kommt der Regensensor ins Spiel. Fliessend Wasser gibt es nur an der Service Station. So schliessen wir unseren Schlauch mit der Brause an und beregnen zur Belustigung der anderen Wartenden unser Auto bis der Regensensor ein Einsehen hat und das Fenster schliesst.
Wieder zu Hause von unserer Wohnmobiltour in den Süden der Schweiz lernen wir dann, dass unser Dachfenster «Heki 4 Plus» von Dometic gar nicht mehr produziert wird. Mehrere Telefonate sind notwendig bis noch ein Händler in Deutschland gefunden wird, der eine solche Fernbedienung vorrätig hat. Vom Glauben fallen wir allerdings ab, als wir hören, dass dieses simple Teil 120 Sfr kosten soll. Da müssen wir wohl der neuen Fernbedienung vorsorglich eine Stossdämpferummantelung bauen, damit sie bei einem Sturz nicht erneut kaputt geht.
Dank dem Internet wissen wir jetzt auch, dass wir die halbe Fensterverkleidung abbauen müssten, um an eine Notverriegelung des Fensters zu kommen. Die Elektronik hat so ihre Tücken. Aber für den Lernprozess haben wir ja das Auto. Es ist mit einem Wohnmobil wie mit einem Haus, man muss erst einmal eine ganze Weile in einem gewohnt haben, bevor man sich dann sein Wunschhaus baut.
Gegen das Vergessen – Checklisten
Ich sehe mich schon wie die Piloten im Flugzeug vor jeder Abfahrt Checklisten abhaken. Neben der Checkliste für das Einwintern, wird es wohl auch eine Checkliste «Prüfung vor Abfahrt» geben müssen. Wir haben gelacht als wir beim Kauf des Wohnmobils auf den post-it Zettel des Vorbesitzer gestossen sind, auf dem in grossen Buchstaben eine Erinnerung an das Abziehen des Stromkabels geschrieben war. An das haben wir gedacht. Die ausfahrbare Trittstufe fährt glücklicherweise von allein ein, wenn der Motor startet, so dass es nicht schlimm ist, wenn man sie vergisst.
Vergessen kann man aber beispielsweise auch Equipment. So haben wir uns doch eine praktische Fussmatte zugelegt. Dass wir sie noch besitzen verdanken wir freundlichen Nachbarn, die uns beim Wegfahren wild wedelnd darauf aufmerksam gemacht haben.
Beim Einpacken haben wir vergessen, die gelben Warnwesten mitzunehmen. Bisher haben wir uns noch keinen zweiten Satz zugelegt, der immer im Wohnmobil bleiben kann. Alles in allem kann man sagen, dass die Wohnmobiltour in den Süden der Schweiz wieder recht lehrreich war.