Zwischen Concarneau und Pont-Aven (Bretagne)
Zwischen Concarneau, mit der historischen Altstadt Ville Close und dem ehemaligen Künstlerdorf Pont-Aven warten Bilderbuchdörfer sowie schöne Strände und felsige Landzungen darauf, entdeckt zu werden. Trévignon wird uns nicht nur wegen des Leuchtturms, sondern vor allem wegen der Austern in Erinnerung bleiben. Was es damit auf sich hat, verrate ich dir im Beitrag. Diese Region erlangte durch Kommissar Dupins ersten Fall «Bretonische Verhältnisse» einige Berühmtheit. Deshalb solltest du die Gegend zwischen Concarneau und Pont-Aven besser in der Nebensaison erkunden. Selbst dann wird es schon voll, weshalb wir die Ville Close erst nach Geschäftsschluss besuchen. Begleite uns auf einem Abendspaziergang durch Concarneau. Tauche ein in die Geschichte der Künstlerkolonie von Pont-Aven, deren heute wohl berühmtester Vertreter Paul Gauguin war. In Pont-Aven entwickelte er den Synthetismus.
Wie immer gilt, lass dich inspirieren und mache dir dein eigenes Bild.
Concarneau – La Ville Bleue
Concarneau wird auch die blaue Stadt genannt. Während unseres Aufenthaltes versuchen wir herauszufinden, wieso Concarneau diesen Beinamen trägt. Ja, Concarneau ist eine Stadt am Meer und besitzt neben einem Fischereihafen auch einen Sporthafen. Das war jedoch nicht immer so. Erst als der Fischfang in Concarneau immer mehr an Bedeutung verlor, wurde ein Teil des Fischereihafens als Ankerplatz für Sportboote freigegeben. Die Häuser sind oft mit blauen Fensterläden und Türen versehen, was den Beinamen der Stadt unterstreicht.
Mitte August findet alljährlich das Fête des Filets Bleus (Festival der blauen Netze) statt. 1902 verschwanden plötzlich die Sardinen vor der Küste der Bretagne für sieben Jahre, was erhebliche erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen hatte. Von Künstlern wurde deshalb 1905 das Fest der blauen Netze zur Unterstützung der Fischer gegründet und nach den traditionellen blauen Netzen der Fischereiflotte Concarneaus benannt.
Unser Vermieter gibt uns noch eine weitere Erklärung für die Bezeichnung blaue Stadt. In der bretonischen Sprache gibt es das Wort «glas», welches abhängig vom Kontext grün oder blau bedeuten kann. Man vermutet, dass dieses Wort häufig für die Beschreibung von Concarneau verwendet wurde. In der französischen Übersetzung entschied man sich für Blau.
Corniche und Marinarium
Die Corniche ist eine Promenade entlang der Küste. Da unser gemietetes Appartement direkt an der Küstenstrasse liegt, spazieren wir gern die Corniche auf dem Weg in die Stadt entlang. Dieser Weg ist gesäumt von einigen Erklärungstafeln und bietet schöne Ausblicke auf das Meer und die eine oder andere Villa.
Der Weg entlang der Corniche führt vorbei am Marinarium von Concarneau. Dies ist eine der ältesten Meeresbiologischen Forschungsstationen der Welt. Gegründet wurde es 1859. Im Laufe der Jahre entwickelte es sich zu einem bedeutenden Zentrum für Meeresbiologie und Umweltschutz. Heute nimmt es auch einen Bildungsauftrag wahr. Aquarien und Ausstellungen erwarten den Besucher des Marinariums (Öffnungszeiten findest du auf der Website).
Ville Close – die befestigte Altstadt von Concarneau
Möchtest du die Stimmung in der Ville Close geniessen, musst du entweder morgens früh oder abends nach Geschäftsschluss durch die Altstadt bummeln. Für schöne Bilder solltest du ein wenig den Wasserstand im Blick behalten, denn von Wasser umgeben wirkt die Altstadt einfach viel fantastischer. Tatsächlich liegt die Altstadt auf einer Insel im Mündungsbereich des Flusses Moros.
Tagsüber schieben sich die Touristenmassen durch die Altstadt, die mit schönen alten Steinhäusern und Fachwerkhäusern bebaut ist. Im Gegensatz zu vielen mittelalterlichen Städten geht es in der Ville Close gar nicht so eng zu, wenn die Touristen weg sind.
Du betrittst das Innere der hohen Mauern der Ville Close durch ein massives Stadttor, die Porte Saint-Guénolé. Es ist eines von drei Stadttoren. Anschliessend geht es durch eine Art Vorhof, der rechts und links von Wachtürmen flankiert wird. Irgendwo da muss es auf die Stadtmauern hochgehen, aber bei unserem abendlichen Besuch waren die Türen der Wachtürme verschlossen.
Die Rue Vauban ist die Hauptstrasse in der autofreien Ville Close. Gleich linker Hand befindet sich das Musée de la Pêche. Ansonsten reihen sich Souvenirläden, Boutiquen und Restaurationsbetriebe aneinander.
Die Rue Vauban mündet in den Place und anschliessend die Rue Saint-Guénolé. Dort gibt es eine Art Amphitheater. Hier kann man auf die Befestigungsanlage klettern und den Blick über die Werften und Docks sowie die Strasse, die einen auf schnellstem Weg nach Pont-Aven bringt, werfen.
Zwischen Stadtmauer und Kirche gibt es auch einen schönen Park. Beim Stadttor am Park landet auch die kleine Fähre, die Besucher auf die andere Seite des Festlands bringt.
Interessant ist auch der Blick vom Weintor auf Concarneau.
Die Neustadt von Concarnau
Gegenüber der Ville Close befindet sich die Neustadt mit zahlreichen Geschäften und Restaurants. Markant ist das Gebäude der Markthalle. Davor finden der Wochenmarkt und der Biomarkt statt. Viele Besucher werden jedoch zum l’Amiral, dem Lieblingsrestaurant von Kommissar Dupin pilgern. In der Nebensaison ist das Restaurant montags geschlossen, weshalb wir im Le Chantier am Fischereihafen hervorragend gegessen haben. Allerdings hatten wir Glück, dass wir noch einen Platz bekommen haben. Am besten, du reservierst deinen Platz im Le Chantier rechtzeitig. Im l’Amiral solltest du zwei Tage im Voraus reservieren.
Entlang der Küste nach Pont-Aven
Trévignon
Trévignon ist eine felsige Landzunge im Meer. Unübersehbar steht ein Schloss auf der Landzunge. Château Artaud wurde im 19. Jahrhundert erbaut und befindet sich in Privatbesitz. Es kann nicht besichtigt werden. Linkerhand hat die Felsküste sandige Abschnitte und dekorative Felsbrocken.
Die Felsen sind über und über mit Seepocken bewachsen und unglaublich scharfkantig. In den wassergefüllten Ritzen kann man Tomaten-Anemonen beobachten.
Wer sich zutraut, auf der Hafenmauer zu balancieren, kann den dekorativ auf den Felsen stehenden Leuchtturm von Trévignon auch bei Flut besuchen.
Von oben sieht man den Hafen von Trévignon und die weissen Sandstrände wie den Plage Tregunc.
Auf dem Rückweg steigen wir über das Becken ab, in dem auch das Haus der Seenotrettung auf Stelzen steht. Das befindet sich aber in Selbstauflösung, weshalb gewarnt wird, nahe am Haus entlangzugehen. Der felsige Boden ist hier über und über mit Austern übersät. Auch an den Stelzen des Hauses wachsen sie empor, genauso wie an den Hafentreppen. Wilde Austern in solchen Massen sind uns vorher noch nie begegnet. Es ist unheimlich.
Bis dato kannten wir vor allem die Austernbänke. So in freier Wildbahn erscheinen sie ähnlich den Seepocken wie eine Plage. Bei Wikipedia lernen wir, dass Austern Hermaphroditen sind, das heisst, dass sie ihr Geschlecht wechseln und damit die Population an das Nahrungsangebot anpassen können. Während der Mensch ein Messer braucht, um die Austernschale aufzubrechen, schafft der Seestern es, jede Auster ohne Werkzeug zu öffnen.
Bilderbuchorte aus einer anderen Zeit
Ein ganzes Dorf mit reetgedeckten kleinen Steinhäusern und liebevoll gepflegten Gärten kannst du im beschaulichen Kercanic sehen.
Auf den Dächern wachsen blaue Iris, auch Schwertlilien genannt. Ihre Rhizome helfen, die Dachstruktur zu stabilisieren. Ausserdem glaubte man, dass die Iris vor Blitzschlag schützt. In der griechischen Mythologie ist Iris die Göttin des Regenbogens. Es hiess, der Regenbogen würde Feuchtigkeit aus der Erde ziehen und die Wolken damit speisen. Die Iris ist deshalb auch das verbindende Symbol zwischen Himmel und Erde, Göttern und Menschen. Im Christentum ist die Iris Symbolpflanze für die Dreieinigkeit. Die Iris blüht im April in der Bretagne.
Obwohl es in Kerascoët ebenfalls schöne alte Häuser geben soll, fahren wir von Kercanic weiter über Trémorvézen. In diesem Ort steht eine alte Kirche aus dem 16. Jahrhundert. Sie ist ein schönes Beispiel für mittelalterliche bretonische Sakralkunst. Leider war sie geschlossen.
Wir setzen unseren Weg von Concarneau nach Pont-Aven weiter fort und halten als Nächstes erst wieder in Port Manec’h.
Port Manec’h
In der geschützten Bucht von Port Manec’h fliessen der Aven und der Belon ins Meer. Seit dem 19. Jahrhundert ist Port Manec’h ein beliebtes Urlaubsziel der französischen Oberschicht gewesen. Deshalb gibt es in Port Manec’h grosse Villen, die als Sommerresidenzen erbaut wurden. Heute deuten auch die zahlreichen Bojen zur Befestigung der Schiffe die Beliebtheit des Hafens an.
Als wir im April am Hafen stehen, werden die Ankerplätze alle gerade vom Schiff im Bild überprüft und gegebenenfalls beschwert, damit die Schiffe nicht abtreiben.
Die Villa Kerlilon oberhalb des Strandes ist auch heute noch eine private Sommerresidenz. Aber nicht nur die wohlhabenden Bürger zog es nach Port Manec’h, auch die Maler der Künstlerkolonie von Pont-Aven, schätzten das Licht und die Landschaft rund um Port Manec’h. So hatte auch das berühmte Hotel von Julia Guillou in Pont-Aven eine Dependence in Port Manec’h neben dem Leuchtturm.
Wer mehr Zeit hat und gern wandert, kann dicht am Ufer des wilden Fjords des Aven die 12 km zwischen Port Manec’h und Pont-Aven auf dem Zöllnerpfad (GR 34) wandern.
Pont-Aven und seine Künstler
Schon im April ist der kleine Ort Pont-Aven voller Menschen. Auf der Suche nach einem Parkplatz folgen wir dem Aven ein ganzes Stück in Richtung Meer. Irgendwo am Ende des Quai Théodore Botrel am Yachthafen wird eine Parklücke frei. Hier am Aven mit Segelschiffen, Katamaranen und zahlreichen Villen entlang der Hänge ist Pont-Aven sehr idyllisch.
Je weiter man ins Zentrum von Pont-Aven vorstösst, umso mehr Restaurants, Cafés und Hotels in allen Stilrichtungen erbaut, warten auf Gäste.
Pont-Aven nutzte die Wasserkraft des Aven früher, um 14 Mühlen auf einer Strecke von 2 km zu betreiben. Da Pont-Aven selbst keinen Bahnanschluss hat, war der Hafen entsprechend wichtig für den Umschlag von Mehl.
Vielleicht ist es dem Umstand zu verdanken, dass Pont-Aven keinen Bahnhof hatte, dass die dörfliche Idylle lange erhalten blieb. Jedenfalls entdeckten französische Künstler Pont-Aven ab der Mitte des 19. Jahrhunderts für sich. Das besondere Licht der Bretagne, die reizvolle Landschaft, der künstlerische Austausch und nicht zuletzt günstige Lebenshaltungskosten zogen immer mehr Künstler nach Pont-Aven. Waren es anfänglich französische Maler, kamen im späten 18. Jahrhundert auch immer mehr amerikanische und britische Maler nach Pont-Aven. Die Blütezeit der Künstlerkolonie begann in den 1880er Jahren.
Den Künstlern auf der Spur
In der oberen Etage des Musée de Pont-Aven bekommst du nicht nur einen guten Eindruck davon, wie Pont-Aven zur Zeit der Künstler aussah, sondern erfährst auch viel über die Maler der Künstlerkolonie von Pont-Aven, deren berühmtester Paul Gauguin war. Dazu warten ständig wechselnde Kunstausstellungen auf den Besucher. Im Innenhof wurde ein Garten nach einem Bild von Charles Filiger angelegt.
Da wir in der Ausstellung viel über den Bois d’Amour gehört haben, beschliessen wir ihn noch kurz zu besuchen. Es ist ein schöner Spaziergang im Schatten alter Bäume mit weiteren Tafeln zu Bildern.
Vom Impressionismus zum Synthetismus
Paul Gauguin entwickelte in Pont-Aven zusammen mit Émile Bernard den Synthetismus. Nicht die sichtbare Realität soll wiedergegeben werden, sondern auch die Gedanken und Emotionen des Künstlers. Der Synthetismus ist eine klare Abkehr vom Impressionismus, bei dem es um die Momentaufnahme des Lichts bei der Darstellung der Natur ging und vom Realismus, bei dem es um die detaillierte Darstellung der Wirklichkeit ging. Im Synthetismus werden Details bis zur Abstraktion vereinfacht. Anstelle von Schattierungen und Abstufungen werden flache Flächen in leuchtenden Farben, mit klaren Konturen gemalt. Das bekannteste Beispiel ist «Der gelbe Christus«, den Gauguin in Pont-Aven malte. Inspiriert wurde er zu diesem Bild durch einen Besuch in der Kapelle von Trémalo in der Nähe von Pont-Aven.
Im ganzen Ort sind Tafeln zu finden, mit Bildern von Künstlern der sogenannten École de Pont-Aven. Es ist spannend zu sehen, wie sich Orte verändert haben.
In Pont-Aven oder in Concarneau übernachten?
Das Angebot an Hotelbetten und Ferienappartements ist in beiden Orten gross. In Concarneau ist es schwierig, eine Unterkunft mit Parkplatz zu finden. Mit dem kleinen Appartement Corniche hatten wir Glück. Super freundliche Gastgeber, die uns sogar mit einem Far Breton verwöhnt haben, am Meer und doch zentral gelegen und mit Parkplatz.
Sowohl Concarneau als auch Pont-Aven werden von Tagestouristen geflutet, sodass man die Orte erst richtig geniessen kann, wenn die Tagestouristen abgereist sind. In Pont-Aven waren wir die Tagestouristen, insofern ist es schwierig einzuschätzen, wie der Ort ohne die Touristen wirkt. Parken kann man entlang des Flusses Aven kostenlos. Je später man kommt, umso weiter läuft man zurück ins Zentrum und wenn man Pech hat, sind alle Parkplätze belegt.
Hinweis: Dienstags ist Markttag in Pont-Aven.
Kommissar Dupins erster Fall spielt jedenfalls hauptsächlich in Pont-Aven und geht der Frage nach, ob es möglich wäre, dass ein noch unbekanntes Bild aus Zeiten der Künstlerkolonie irgendwo unerkannt in einem der Häuser hängt. Schliesslich beglichen Künstler ihre offene Rechnung oft mit einem Bild.
Nächstes Mal würden wir uns wahrscheinlich für eine Unterkunft in Pont-Aven entscheiden. Gern würden wir dem Aven nach Port Manec’h zu Fuss folgen und uns mehr Zeit für die Erkundung der vielen kleinen Gassen und Galerien nehmen.
Hinweis: Auf der anderen Seite von Concarneau schliesst sich die bretonische Riviera an. Auf dieser Reise haben wir nur einen Blick auf die Küste beim Roche Percée und die langen Sandstrände bei Tregonnour geworfen. Beim nächsten Mal bleibt vielleicht die Zeit und besseres Wetter für mehr Eindrücke von der bretonischen Riviera. Uns hat hier sintflutartiger Regen erreicht, der aber während der Fahrt nach Douarnenez wieder aufhörte, sodass wir die Pointe du Raz und Pointe de Millier noch besuchen konnten. Begonnen hat unsere Bretagne Reise im Wald von Brocéliande. Anschliessend haben wir uns die abwechslungsreiche Küstenlandschaft zwischen Auray und Quiberon angesehen.
Falls du noch Unterkünfte für deine nächste Reise suchst und unsere Beiträge hilfreich für deine Urlaubsvorbereitungen sind, würden wir uns freuen, wenn du über unseren Link buchst. Wir erhalten dann eine kleine Provision.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag, die kleinen Häuschen mit den blauen Details sehen ja wirklich zauberhaft aus. So idyllisch und einzigartig!
Viele Grüße
Julia & Basti
Liebe Julia, lieber Basti,
ja, die kleinen strohgedeckten Häuschen der Fischer zwischen Concarneau und Pont Aven spiegeln uns eine Idylle vor, die wohl zu keiner Zeit geherrscht hat. Die Gegend ist mehr als eine Reise wert.
Liebe Grüsse
Susan