Die Sonne scheint, als wir uns Sonntagmorgen auf den Weg nach Kollbrunn begeben. Ein Hauch Frühling liegt in der Luft und doch war an diesem Morgen noch alles gefroren. Unser Ziel heute liegt im Züricher Oberland. Wir wollen dem Bäntal zur Tüfels Chilen folgen. Eigentlich hatte ich mir eine Rundwanderung vorgestellt, aber dann hatte Jörg eher Zeit und überraschte mich damit, dass er schon alles herausgesucht hätte. Vor Ort stellte sich dann allerdings heraus, dass seine Vorbereitung genau bis zur Tüfels Chilen reichte, so dass wir anschliessend improvisierten und die Wanderung nach Rämismühle-Zell weiterführten.
Momentan zieht es uns förmlich in die Natur. Sonne tanken, Batterien aufladen, den Gedanken freien Lauf lassen, sich bewegen, Neues entdecken, Fotografieren, der Kreativität freien Lauf lassen – es gibt so viele Gründe.
Erste Etappe Kollbrunn – Tüfels Chilen
Der Ort ist menschenleer und unser Auto ist das einzige, welches am Bahnhof Kollbrunn parkt. Hier starten wir unsere Wanderung. Wir wollen erkunden, was es mit der «Teufels Kirche» auf sich hat. So laufen wir als erstes durch ein Wohnquartier, in dem einige Vogelvolieren stehen, aus denen exotische Rufe ertönen. Anschliessend müssen wir kurz ein Stück der Strasse folgen, bis wir die Bahnschienen überqueren können. Schnell haben wir die Häuser hinter uns gelassen und folgen dem noch im Schatten liegenden Bäntalbach in eine mit Reif überzogene Landschaft.

Der Weg zur Tüfels Chilen liegt noch im Schatten, während auf der anderen Seite bereits die Sonne scheint und den Frost zum Verschwinden bringt.

Und dann steigt die Sonne unvermittelt so hoch, dass sie den Schattenbereich trifft. Von jetzt auf eben wird alles in Schwaden von Dunst gehüllt. Es ist wie ein Zauber. Die Klarheit weicht. Im diffusen Licht verschwindet die reale Welt und macht der Magie Platz.

Von nun an führt uns der Weg durch ein Wechselspiel von Licht und Schatten, welches ich auf unterschiedliche Art und Weise versuche mit der Kamera einzufangen. Der verwilderte Wald wird zu einem Mysterium.


Das letzte Stück des Weges führt durch einen ursprünglichen, verwilderten Wald. Er übt eine unglaubliche Faszination auf mich aus.


Und dann stehen wir auch schon vor der Tüfels Chilen.
Die Tüfels Chilen – ein Naturwunder
Die Tüfels Chilen ist ein Tuffsteinbruch, in dem letztmals 1873 Tuffstein von Hand gesägt wurde. Gleichzeitig befindet sich oberhalb des treppenartigen Tuffsteinbruchs ein Quellgebiet. Die Quellen wurden bis heute nicht gefasst. Seit der Stilllegung des Steinbruchs hat ihn sich die Natur Stück für Stück zurückerobert. Im feuchten Schatten des Waldes wachsen Moose, Farne und Gräser auf den einstigen Treppen des Steinbruchs.

Die steilen Treppen führen zu einem beachtlichen Tuffsteinkegel, der über allem thront. Diesen Kegel hat die Quelle selbst geschaffen.
Das Quellwasser ist sehr kalkhaltig. Die Ablagerungen entstehen dadurch, dass Kalk aus dem Wasser ausgeschieden wird. Moos entzieht dem Wasser Kohlendioxyd. Dadurch steigt der pH-Wert des Wassers, weshalb dieses weniger Kalk halten kann und Gräser und Moos mit Kalk überzieht. So entsteht der poröse Quelltuff auch Kalktuff genannt.

Die Tüfels Chilen wurde unter Naturschutz gestellt, denn der Quelltuff wächst Jahr für Jahr minimal weiter.

Dem Namen auf der Spur
Einstmals wurde die Quelle oberhalb der Tüfels Chilen wahrscheinlich als Quellheiligtum verehrt. Dafür spricht zumindest eine dort gefundene römische Münze.
Weltweit wurden viele Quellen in vorchristlicher Zeit verehrt. Wurden sie doch symbolisch mit der Entstehung des Lebens gleichgesetzt. Man schrieb den Quellen göttliche Kräfte zu. Die Gottheiten der Quellen sind oft mit Jungfrauen verbunden. In der griechischen und römischen Mythologie sind es Nymphen, die an Quellen oder Flüsse gebunden sind und diese beschützen. Auch bei den Kelten waren Quellen Orte von mythischen weiblichen Wesen wie Elfen, Feen oder Nymphen.
In den nordischen Sagen entspringt unter den Wurzeln des Weltenbaums Yggdrasil eine Quelle (Urdsbrunnen), die Schicksalsquelle. Behütet wird der Weltenbaum von drei weissen Frauen, den Nornen Urd, Verdandi und Skuld. Dies sind nur einige Beispiele.

Nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft stiessen die Alemannen im 7. Jahrhundert ins Tösstal und ins Zürcher Oberland vor. In diese Zeit fällt auch die Bekehrung der Bevölkerung zum Christentum.
Die heidnischen Bräuche waren der christlichen Kirche bei der Verbreitung ihres Glaubens allerdings hinderlich. Sie ging verschiedene Wege, um den heidnischen Glauben zu brechen. Am erfolgreichsten waren Verbote oder die Integration der heidnischen Gebräuche in den Kirchenkalender. In Irland wurden beispielsweise die Quellheiligtümer mit christlichen Heiligtümern überbaut. Der Name Tüfels Chilen deutet erst einmal auf eine Dämonisierung der Quelle.
Interessanterweise wurden Teile der Kirche in Zell mit dem Quelltuff von Tüfels Chilen erbaut. Im Kirchturm kann man sie noch bewundern. Vielleicht schliesst sich so einfach der Kreis.
Barbara Hutzl-Ronge verweist auf einen weiteren Umstand. Die Kirche in Zell ist Johannes dem Täufer und Johannes dem Evangelisten geweiht. Der grosse Wasserheilige und der Fischer vom See Genezareth. Insofern könnte man zum Schluss gelangen, dass man hier mit Dämonisierung und Überlagerung des Quellheiligtums auf Nummer sicher gegangen ist.
Zweite Etappe von der Tüfels Chilen nach Rämismühle-Zell
Oberhalb von Tüfels Chilen angekommen, warten Bänke in der Sonne und ein Picknickplatz auf die Besucher. Wir wollen jedoch nicht einfach nur umkehren, so folgen wir den Schildern nach Rämismühle. Als erstes erreicht man auf dem Weg entlang der Felder Ober Langenhard, einen Ort, der uns mit seinen wunderschön renovierten alten Bauernhäusern und Scheunen richtig gut gefällt.


Der Weg führt uns am Restaurant Linde vorbei. Von irgendwo steigt uns der Duft von Bratwürsten in die Nase. Wir würden sofort ins Restaurant einkehren, aber leider sind alle Restaurants noch geschlossen. So folgen wir den Schildern weiter und stossen auf den Paul Burkhard-Weg nach Zell.
Der Paul Burkhard-Weg
Info Tafeln geben Auskunft über den Schweizer Komponisten, der ab 1959 in Zell lebte. Er komponierte u.a. für die Zeller Kinder die «Zäller Wienacht», schrieb Operetten, Opern und geistliche Stücke. Weltweite Bekanntheit erlangte der Hit «Oh, mein Papa»
Der Weg führt teilweise steil nach unten und scheint gerade generalüberholt worden zu sein. Alte und neue Holzskulpturen schmücken ihn.


Der Weg folgt nun ein Stück der Strasse entlang. Ein Schild gibt darüber Auskunft, dass die uralte Linde nicht mehr mit baumpflegerischen Massnahmen gequält wird, sondern der Natur ihren freien Lauf gelassen wird. Dies führt zu Lebensraum für viele Tiere von Insekten bis zu Fledermäusen. Eine hübsche Bank lädt zum Verweilen ein.

Und dann stehen wir in Zell vor der renovierten alten Kirche. Im Inneren kann man Fresken aus dem 14. Jhd. bewundern. Da jedoch Sonntag ist und wir nicht stören wollen, vertagen wir den Besuch im Inneren auf ein anderes Mal.

In der Ortsmitte hat man dann die Wahl, ob man auf direktem Weg zum Bahnhof läuft oder am Waldrand entlang. Wir nehmen den Weg am Waldrand. Mit dem Zug fahren wir zurück nach Kollbrunn. Alternativ könnte man auch dem Weg an der Töss entlang nach Kollbrunn folgen. Das haben wir uns mal für eine Fahrradtour vorgemerkt.
Gut zu wissen
Start der Wanderung zur Tüfels Chilen ist Kollbrunn Bahnhof. Hier gibt es auch einen Parkplatz, der bei unserer Rückkehr ziemlich voll ist. Die reine Wanderzeit zur Tüfels Chilen beträgt ungefähr 50 Minuten. Tüfels Chilen liegt inmitten eines Wandergebiets, sodass sich ein Besuch der Tüfels Chilen mit verschiedenen Wanderungen verbinden lässt. Inspiration liefern die Wanderkarte Züricher Oberland oder outdooraktiv.
In Zell könnte man sich noch den Zeller Giessen, einen Wasserfall ansehen oder zum Aussichtspunkt Zell laufen und den Blick über die Landschaft geniessen.