Solange die Temperaturen noch erträglich sind, besichtigen wir das Bahla Fort. Es wird als Weltkulturerbe der UNESCO geführt. Anschliessend fragen wir uns in Al Hamra bis zur am besten erhaltenen Lehmbausiedlung des Omans durch. Im Heimatkundemuseum Bait al Safah tauchen wir dort in das traditionelle omanische Leben ein. Danach klettern wir hoch in die Berge zum Jebel Shams und geniessen den Ausblick genauso wie die kühleren Temperaturen.
Bahla – eine Festung aus Zeiten bevor die Kanonen erfunden wurden
Geschichte der Festung Bahla
Die auf einem Steinsockel errichteten Lehmwände und -türme des riesigen Forts sind bereits von weitem zu sehen.

Im 15. Jahrhundert machte der Stamm der Banu Nebhan Bahla zu seiner Hauptstadt. Aber die Ursprünge des Bahla Forts reichen viel weiter zurück in der Geschichte. Die erste Befestigungsanlage wurde wahrscheinlich schon in vorislamischer Zeit gebaut. Ab 1406 regiert der Imam Makhzum ibn Al Fallah Bahla. Der Name der Festung Hisn Tamah geht auf einen Stammesführer der Nabhani zurück. Man vermutet, dass er die Festung zu dem ausgebaut hat, was sie heute ist.
Die ganze Oasenstadt war mit einer grossen Mauer gesichert, die ein wenig an die chinesische Mauer erinnert. Immerhin waren die Mauern 12 Kilometer lang und bis zu fünf Meter hoch und mit Wachpfaden, Wachtürmen und mehreren Toren ausgestattet. Die Reste der Mauern sind überall noch sichtbar.


Sowohl die Stadtmauer als auch das Fort wurden aus getrockneten Lehmziegeln errichtet. Tonerde gibt es in dieser Gegend wohl reichlich. Die Tonziegel sind mit Lehm oder einem Lehm-Stroh-Gemisch verputzt, seltener ist Gips beigemischt.

Wer sich für ausführlichere Informationen über das Fort Bahla und die Oasenstadt interessiert, wird hier (in englischer Sprache) fündig.
Besichtigung der Festung


Wir erreichen das Bahla Fort kurz nach Öffnung. Der Eintritt ist mit einem halben Rial überraschend günstig. Leider bekommen wir kein Informationsmaterial oder eine Art Plan, dem man folgen könnte. So sind unserer Fantasie genauso wenig Grenzen gesetzt wie unserem Erkundungsdrang.
Es gibt kleine Öffnungen, die vor allem den Mädchen auffallen. Durch diese kann man nur in gebückter Haltung gehen. Manchmal findet man nach einem solchen Gang grosse Räume, manchmal handelt es sich um eine Sackgasse. Das Entdecken auf eigene Faust verleiht dem Fort etwas von einem grossen Abenteuerspielplatz. Und das Beste ist, die Neugier wird belohnt. Die Mädchen entdecken noch im Eingangsbereich, in einem der Seitenräume, eine ganze Fledermauskolonie. Wenn man weiss, dass Fledermäuse im Fort wohnen, sieht man sie aber auch in anderen Räumen oben an den Decken.

Bis auf eine Mädchen-Schulklasse, die dabei sind, kichernd die Festung zu verlassen, haben wir das Fort für uns allein.
Die Räume auf der linken Seite der Festung sind bis heute leer, obwohl es wohl geplant war, die Räume mit Exponaten zu gestalten. Solche haben wir weniger vermisst als Beschreibungen oder Hinweise zu den Räumen. Besonders schmerzhaft aufgefallen ist uns, dass die Türhöhe hier gegensätzlich zur Raumhöhe ist.



Es gibt unzählige Räume zu besichtigen, schmalen Treppen zu folgen, von denen man nicht weiss, wo man landet. Der Besucher heute kann besichtigen, was er sich zutraut. Es gibt keine Erklärungen, aber auch keine Verbote oder Sicherungen.



In einem der Räume innerhalb der Festung in der Festung, sind Displays zur Bedeutung der Freitagsmoschee aufgestellt. Die Freitagsmoschee befindet sich am Fuss des Forts, im Südwesten. In der Freitagsmoschee wurde eine schön geformte Mihrab (Gebetsnische), die wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert stammt, restauriert.
In der Mitte der Festung gibt es moderne, saubere WC-Anlagen.
Der Souk von Bahla
Als die Sonne immer höher steigt, verlassen auch wir das Fort. Wir schauen uns noch kurz den restaurierten Souk an. Er befindet sich auf der anderen Seite der verkehrsreichen Strasse gegenüber der Festung. Die meisten Geschäfte sind jedoch geschlossen.


Abschliessend betrachten wir den Baum, unter dem man nicht verweilen soll, weil man sich sonst leicht in ein Tier verwandelt. Wo diese Sage ihren Ursprung hat, ist nicht ganz bekannt. Magische Kräfte hatten und haben die Einwohner Bahlas wohl eher nicht. Der Reiseführer vermutet, dass das grosse Wissen um Pflanzen und Heilkräuter damit zu tun haben könnte.

Unter dem Baum verweilen wir nicht, sondern eilen zurück zur Klimaanlage im Auto. Das Thermometer erzählt, dass es draussen schon 43°C sind.
Während die Masse der Oman Touristen eher Jabreen, dem vollständig restaurierten Palast von Imam Bilarub ibn Sultan Al-Yaruba einen Besuch abstattet, haben wir dem kaum besuchten Bahla den Vorzug gegeben. Da wir leider in der Kürze der Zeit nicht alles, was sehenswert wäre, besichtigen können, verzichten wir auf die Besichtigung von Jabreen. Unser nächstes Ziel ist Al Hamra
Lehmhaussiedlung in Al Hamra
Wieder einmal müssen wir uns entscheiden. Wollen wir uns die Ruinen der Lehmbauten im historischen Tanuf beim gleichnamigen Wadi oder Al Hamra anschauen. Die Entscheidung fällt schliesslich zugunsten von Al Hamra, weil wir hoffen, im Museum Bait al Safah ein wenig vom traditionellen Leben der Menschen mitzubekommen.
Nur finden muss man das Lehmbauviertel erst einmal. Der Ort Al Hamra ist viel grösser als erwartet. Das erste Mal fragen wir an der Tankstelle. Dort werden wir aber in die falsche Richtung geschickt. Das zweite Mal fragen wir beim Pförtner einer Behörde. Da er kein Englisch spricht, organisiert er sofort jemanden, der uns einen abenteuerlichen offroad Weg, wahrscheinlich eine Abkürzung, entlang von Fussballfeldern erklärt. Immerhin nähern wir uns damit unserem Ziel an.


Als nächstes, schon in Sichtweite der Lehmhäuser, fragen wir einen Autofahrer nach dem Museum. Weil es zu kompliziert zum Erklären ist, wartet er bis wir gewendet haben und fährt dann voraus.


Erst glauben wir an ein Missverständnis, denn wir verlassen die Gegend mit den Lehmhäusern und fahren oberhalb durch ein moderneres Wohnviertel, aber dann geht es von der anderen Seite tief in das Viertel der Lehmhäuser hinein. An einem Werbeschild für das Museum parken wir im Schatten einer Hauswand und unser freundlicher Autofahrer fährt weiter. Später stellen wir fest, dass diese Strasse so schmal wird, dass unser Auto nicht um die Kurve passt.

Besuch des Museums Bait al Safah
Nun wandern wir am Schild vorbei und suchen den Eingang des Museums. Bei der Suche treffen wir auf ein deutsches Paar, welches ebenfalls das Museum sucht und schon kurz vor dem Aufgeben ist. Auf der dem Schild gegenüberliegenden Seite, im Halbdunkel einer geöffneten Tür sehe ich an der Treppe an der hinteren Hauswand ein Schild «Rezeption» mit dem Pfeil nach oben. Den Mutigen gehört die Welt oder anders gesagt, weil wir dem Schild im Inneren eines Hauses folgen, finden wir das Museum doch noch.
Küche – Blick hinter die Kulisse
Kaum erreichen wir die obere Etage, begrüssen uns vier Frauen unterschiedlichen Alters. Nachdem die Schuhe ausgezogen sind, dürfen wir die Küche betreten.
Dort zeigt uns eine der Frauen, wie man Brot traditionell im Oman bäckt. Den Teig aus Mehl, Wasser und Salz tupft man mit den Händen auf eine heisse Platte. Ist der Teig gebacken, kratzt man ihn mit einem Spachtel ab. Das hauchdünne Brot ist 2 Wochen haltbar und wird mit Süssem und Salzigem gegessen. Selbst trocken schmeckt es gut.


Anschliessend sehen wir, wie kraftzehrend die Körner zu Mehl gemahlen werden.

Traditionell importiert man den Kaffee grün aus dem Jemen und röstet ihn zu Hause über dem offenem Feuer.

Weiterhin sehen wir wie Sandelholz mit Safran zu einer Paste verarbeitet wird. Da jeder eine Kostprobe auf die Stirn erhält, sehen wir nun wie Indianer auf dem Kriegspfad aus. So können wir uns aber von der kühlenden und Kopfschmerz lindernden Eigenschaft selbst überzeugen. Ausserdem stellen die Frauen aus der Frucht eines hier wachsenden Baumes ein Massage-Öl her.
Ankleidezimmer – Das Geheimnis der Bekleidung wird gelüftet
Nach dem Besuch der Küche begeben wir uns ins Ankleidezimmer. Hier hängen Kleider, Hosen und Gewänder. Die junge Frau erklärt uns, welche Kleidungsstück wie und von wem getragen werden.

Die Kleidung der Frauen variiert in Farbe, Material und Stil je nach Region. Meist tragen die Frauen im Oman eine Hose, die oben weit ist und am Knöchel eng zusammenläuft. Darüber wird ein Kleid getragen. Je nach Region reicht es bis zu den Knien wie eine Tunika oder schleift gar auf dem Boden und passt farblich zur Hose. Über den farbenprächtigen Kleidern wird ausser Haus ein Umhang getragen. Wobei der Umhang bei verheirateten Frauen schwarz ist. Unverheiratete Frauen können Farbe bekennen.
Bei den Kopftüchern sind die Variationen vielfältig. Verheiratete Beduinenfrauen tragen eine Maske, die den Bereich der Augen und Nase bedeckt.
Auch die Männerkleidung wird uns präsentiert. Diese besteht aus einer Kopfbedeckung und einem langen Gewand. Die Kopfbedeckung ist entweder eine runde bestickte Kappe oder ein als Turban gebundenes Tuch. Meistens sind die Gewänder in hellen Farben gehalten. Wir waren erstaunt über die teilweise unangenehmen Stoffe der Gewänder. Die Erklärung lautet, dass Männer eitel sind und es ihnen wichtiger ist, dass das Gewand faltenfrei locker zu Boden fällt, als dass der Stoff angenehm wäre. Diese Gewänder haben am Kragen eine sogenannte Quaste, die aus vielen Einzelfäden besteht. Männer nutzen die Quaste zum Parfumieren. Manchmal dient die Quaste aber auch als Zahnseidenersatz.
Brennend hat uns Frauen natürlich interessiert, ob und gegebenenfalls was die Männer unter ihrem Gewand tragen. Die junge Frau erklärte uns, dass die Männer ein T-Shirt und Unterhosen darunter tragen. In manchen Regionen wird statt des Gewandes auch eine Hose und ein langes Hemd darüber getragen.
Gastfreundschaft und Fragerunde

In diesem Wohnraum findet bei Datteln, Kaffee und Tee die Fragerunde statt. Die Innentemperatur im Haus ist auch ohne Klimaanlage sehr angenehm. Dafür sorgen die dicken Lehmwände und die übereinander angeordneten Fenster.
In den Gesprächen, erfahren wir einiges über das Familienleben in der Grossfamilie. Wer als Frau heiratet, lebt im Haushalt der Schwiegereltern, sofern die Wohnungen bzw. Häuser gross genug sind. Die jungen Frauen lernen viel von den Schwiegermüttern und haben stets Hilfe bei der Betreuung der Kinder. Auch die Alten werden selbstverständlich innerhalb der Familie gepflegt. Der Nachteil ist, dass man nicht unbedingt Herr über seine Zeit ist.
Frauen dürfen arbeiten gehen. Unabhängig von einer Erwerbstätigkeit wird bei der Eheschliessung unter den Familien ein Lohn ausgehandelt, der den Frauen monatlich zu bezahlen ist. Samstags besucht das Ehepaar die Eltern der Frau.
Lebt das Paar in einer eigenen Wohnung, geht die Frau, wenn sie nicht arbeitet morgens zu den Schwiegereltern und kehrt nach dem Abendessen mit Mann und Kindern ins eigene Domizil zurück. Eine Lebensweise wie wir sie in Europa häufig leben, mit hunderten von Kilometern Entfernung zwischen Eltern, Kindern und Enkeln, ist im Oman undenkbar.
Am Ende des Besuches kassiert die junge Frau den Eintrittspreis von 3 OMR pro Person. Abschliessend können wir noch das Nachbarhaus besichtigen. Von dort hat man einen guten Blick über die Dächer der Stadt.


Auch wenn es sehr heiss ist, laufen wir noch ein wenig durch die Palmengärten und die Ruinen des alten Ortes.




Die sehr einfachen Zimmer des Bait Aljabal Hospitality Inn entsprechen in ihrer Raumaufteilung dem, was wir im Haus des Museums Bait al Safah gesehen haben.
Mit einem letzten Blick sagen wir Al Hamra lebewohl.

Auf dem Weg zum Jebel Shams
Von Al Hamra führt eine Strasse zum Jebel Shams. Zuerst folgt die Strasse einem ausgetrockneten Flussbett.


Im weiteren Verlauf führt die Strasse stetig bergauf. Wir halten für das eine oder andere Foto an.



Unterwegs wird die Teerstrasse für 6 km unterbrochen. Kaum sind wir auf der Gravelroad unterwegs, sehen wir ein Auto, welches von der Strasse abgekommen ist und nun unterhalb der Strasse steht. Von Niederländern im Hotel erfahren wir am Abend, dass dieser Unfall früher am Tag passiert ist und dass deshalb alle Touristen ihre Autos dort parken mussten und mit Jeeps der Einheimischen zu den Aussichtspunkten gefahren wurden.
Für uns hat dieser Unfall keine Konsequenzen, wir können selbst nach oben fahren. Glücklicherweise treffen wir auf die blauen Wassertankfahrzeuge immer nur, wenn die Strasse auch breit genug ist. Voll beladen kommen sie bergauf nicht so schnell voran. Leer, bergab sind sie allerdings schneller als wir. Offensichtlich machen sie diese Fuhren mehrmals am Tag.


Mit dem Geländewagen erreicht man ein Hochplateau am Rande der Wadi Nakhar Schlucht, dem Grand Canyon des Omans. Die Schlucht fällt hier 1.000 m ab. Von mehreren Aussichtspunkten kann man einen spektakulären Ausblick auf die Schlucht geniessen. Die Strasse ist hier auch wieder geteert. Das Hochplateau ist bewohnt. Daneben gibt es hier auch mehrere Hotels.






Der Gipfel des Jebel Shams ist 3009 m hoch. Auf ihm befindet sich eine Radarstation. Zur Radar Station führt ebenfalls eine Gravelroad.

Für uns wird es Zeit, umzukehren und wieder nach Nizwa zu fahren. Es gäbe in dieser Ecke noch so viel zu sehen und so viele abenteuerliche Strecken zu fahren. Aber das haben wir für eine andere Reise vorgemerkt.

Спасибо