Der Nationalpalast von Mafra – Kloster-Palast und barockes Bauwerk der Superlative

Der Nationalpalast Mafra ist eines jener verborgenen Juwelen, die du abseits der Touristenpfade in Portugal findest. Nur 22 Kilometer von Sintra entfernt wartet dieser monumentale Kloster-Palast darauf, von dir entdeckt zu werden. Was ihn so besonders macht? Seit 2019 gehört er zum UNESCO-Weltkulturerbe und gilt als eines der beeindruckendsten barocken Bauwerke ausserhalb Italiens. Mit seinem weitläufigen Cerco Garten und der Tapada, einem ehemaligen königlichen Jagdpark, bildet er ein nahezu einzigartiges Beispiel barocker Architektur und Gartenkunst.

Der Palast brüstet sich mit mehreren Superlativen: Er beherbergt nicht nur den weltweit grössten Glockenkomplex, sondern auch das grösste historische Orgelensemble. Doch hinter der prachtvollen Fassade verbirgt sich auch eine düstere Geschichte: 45’000 Arbeiter schufteten unter härtesten Bedingungen an diesem «ersten Globalisierungsbauwerk der Welt«, wie es in der Palastbroschüre heisst. 1’400 von ihnen bezahlten den Bau mit ihrem Leben.

Bist du bereit für eine Entdeckungsreise durch dieses aussergewöhnliche Bauwerk? Dann lass uns gemeinsam den Nationalpalast Mafra erkunden.

Die Basilika bildet die Mittelachse des Königspalastes von Mafra, umgeben von den Glockentürmen.
Die Basilika bildet die Mittelachse des Königspalastes von Mafra, umgeben von den Glockentürmen.

Geschichte der Entstehung des Nationalpalastes von Mafra

Es war einmal ein König – João V. – dessen Ehe mit Maria Anna von Österreich auch drei Jahre nach der Hochzeit ohne Erben blieb. Anfang 1711 traf sich der König deshalb mit dem Franziskanerkardinal und Hochinquisitor Nuno da Cunha e Ataíde. Dieser versicherte ihm, wenn er Gott versprach, ein Franziskanerkloster in Mafra zu bauen, würde Gott ihm einen Erben schenken. Der König versprach daraufhin ein Kloster zu bauen, wenn Maria Anna vor Ende 1711 schwanger werden würde. Und tatsächlich wurde noch 1711 ein Mädchen geboren und in der Folge der Bau des Klosters angeordnet.  

Die ursprünglichen Pläne des Klosterbaus sahen ein schlichtes Kloster vor. Doch das Gold Brasiliens machte es möglich, grösser zu denken. So entwickelte sich der Klosterbau zu einem Kloster für 300 Mönche und einem Palastkomplex für die Königsfamilie samt Hofstaat. Insofern spricht man im Zusammenhang mit dem Nationalpalast von Mafra auch von einem Kloster-Palast.

Das Modell des Königspalastes von Mafra. Wenn auch von hinten (wegen der Spiegelungen) fotografiert, gibt es doch einen anschaulichen Überblick über die Dimension.
Das Modell des Königspalastes von Mafra. Wenn auch von hinten (wegen der Spiegelungen) fotografiert, gibt es doch einen anschaulichen Überblick über die Dimension.

Mit dem Bau wurde 1717 der Schwabe Johann Friedrich Ludwig beauftragt, dessen Aktivitäten sich in Rom von Goldschmiedearbeiten zu Architektur verlagerten. Inspirieren liess er sich vom Petersdom. In den Folgejahren bündelte man alle Kräfte, um den 232 m langen und 221 m breiten Kloster-Palast zu erbauen. Nach rekordverdächtigen 13 Jahren Bauzeit wurde das weit fortgeschrittene Bauwerk eingeweiht. Die Bauarbeiten wurden aber bis 1755 weitergeführt. Zum Gesamtkomplex des Nationalpalastes von Mafra gehört der Gebäudekomplex, der nahtlos Königspalast, Basilika und Kloster mit der Bibliothek verbindet, der Cerco-Garten und die Tapada (Jagdpark). 

Alles Gold Brasiliens reichte jedoch nicht, um noch den noch angedachten Prachtboulevard vom Palast bis zum Meer zu bauen.

Die Basilika im Königspalast von Mafra

Zuerst schauen wir uns die Basilika des Nationalpalastes von Mafra an. Die Kirche kann unabhängig vom Königspalast ohne Eintritt besucht werden.

Die Basilika von Mafra ist der zentrale Punkt der Hauptfassade im Nationalpalast Mafra und wurde 1730 geweiht.
Die Basilika von Mafra ist der zentrale Punkt der Hauptfassade und wurde 1730 geweiht.
Der Blick von den Treppen zur Basilika auf den Ort lässt eine Vorstellung der Grösse aufkommen.
Der Blick von den Treppen zur Basilika auf den Ort lässt eine Vorstellung der Grösse aufkommen.

Die Basilika verfügt über zwei Glockenspiele, sogenannte Carillons mit je 48 Glocken. Die Carillons können sowohl manuell mit Händen und Füssen auf einer Klaviatur bedient werden als auch automatisch gespielt werden. Dazu gibt es eine Mechanik, die mit der Glockenuhr verbunden ist und ein Melodieprogramm auslöst. Mit den liturgischen Glocken sind es noch mehr Glocken. Die Angaben variieren zwischen 112 und 119 Glocken. Das Gesamtgewicht der Glocken soll bei fast 300 Tonnen liegen. Das Glockenspiel der Basilika von Mafra ist jedenfalls das grösste historische Glockenspiel der Welt. 2020 wurde die Restauration der in Lüttich und Antwerpen hergestellten Glockenspiele abgeschlossen. Leider sind wir nicht in den Genuss des Glockenspiels gekommen.

Erst aus der Entfernung sieht man die 65 m hohe Kuppel der Basilika. Es war das erste Kuppelgewölbe dieser Art in Portugal. Die Basilika von Mafra ist das Vorbild für die später erbaute Basilika von Estrela.
Erst aus der Entfernung sieht man die 65 m hohe Kuppel der Basilika. Es war das erste Kuppelgewölbe dieser Art in Portugal. Die Basilika ist das Vorbild für die später erbaute Basilika von Estrela.

Erst aus der Entfernung sieht man die 65 m hohe Kuppel der Basilika. Es war das erste Kuppelgewölbe dieser Art in Portugal. Die Basilika ist das Vorbild für die später erbaute Basilika von Estrela in Lissabon.

Innen und aussen ist die Basilika mit 58 grossen Marmorskulpturen geschmückt, für deren Herstellung man bekannte italienische Bildhauer beauftragte. Die Statuen sind die wichtigste Sammlung italienischer Barockskulpturen ausserhalb Italiens. Dargestellt sind Engel, verschiedene Heilige der Katholischen Kirche, Kirchenväter und Märtyrer.

Hervorzuheben ist ebenso der weltweit einzigartige Orgelkomplex, der aus sechs Orgeln besteht. Es gibt eigens Werke für die sechs Orgeln von Mafra.

Rundgang durch den Königspalast von Mafra

Obwohl nur ein kleiner Teil des königlichen Palastes und Klosters zu besichtigen ist, kann ich dir nur empfehlen, gutes Schuhwerk zu tragen. Die Wege sind lang. Wir haben schon während des Besuches gewitzelt, ob die anfängliche Kinderlosigkeit des Königspaares nicht an der Entfernung der Schlafgemächer voneinander lag. Die Privatgemächer des Königspaars waren in den gegenüberliegenden Türmen voneinander untergebracht.

Bei Schuhen fällt mir noch ein, zu erwähnen, dass es bei Turnschuhen offensichtlich verschiedene Materialien für Sohlen gibt. Die Böden im Königspalast lassen manche Turnschuhe bei jedem Schritt quietschen. Nicht, dass dies wirklich jemanden gestört hätte, waren wir doch praktisch fast allein unterwegs.

Der Königspalast von Mafra wurde bis zum 5. Oktober 1910 vom letzten König Portugals, König Manuell II. genutzt. Er flüchtete von Mafra nach Ericera, wo er sich ins Exil einschiffte, als in Portugal die Republik ausgerufen wurde. Dabei nahm er viele der beweglichen Güter mit. Insofern ist das Schloss eher spärlich möbliert. Seit 1911 wurde der Königspalast von Mafra in ein Museum unter der Bezeichnung Nationalpalast von Mafra verwandelt. Das Kloster wurde bereits 1834 im Zuge der Abschaffung der religiösen Orden im Land aufgegeben. Bis heute ist es Sitz der Waffenschule.

Klosterräume

Nach dem Eingang passiert man den Kreuzgang und kommt durch den gleichnamigen Gang an der Kapelle des Campo Santo vorbei.

Kreuzgang - Nationalpalast Mafra
Kreuzgang
Kapelle des Campo Santo - Köngispalast Mafra
Kapelle des Campo Santo

Zu den Klosterräumen, welche besichtigt werden können, gehören das Spital, die Apotheke und eine einfache Küche.

Einige weitere Räume des Klosters können nur nach Voranmeldung besichtigt werden, so etwa der Saal der literarischen Festakte, der Elliptische Saal und das Kapitelhaus.

Die Bibliothek

Die Bibliothek ist der prächtigste und mit ihren 85 m Länge und 9,5 m Breite auch der grösste Saal im Nationalpalast von Mafra. Der schöne Marmorboden, die Bücherregale im Rokoko Stil und die kostbaren, in Leder gebundenen Bücher machen diese Bibliothek zu etwas Besonderem.

Besonders war diese Bibliothek auch in anderer Hinsicht. Der Papst traute dem Portugiesischen Königshaus so sehr, dass er in dieser Bibliothek Exemplare der indexierten (verbotenen) Bücher lagern liess. Diese waren nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Königs zugänglich.

Zu den Raritäten, die hier im Halbdunkel lagern, gehört beispielsweise ein Zeugnis des frühen Buchdrucks, die «Nürnberger Chronik», nach ihrem Verfasser auch Schedelsche Weltchronik genannt, von 1493. Auch eine Enzyklopädie von Diderot soll hier lagern. Diese Enzyklopädie von 1751 ist der eigentliche Urahn von Wikipedia und Co. Stellt sie doch den ersten Versuch dar, das verstreute Wissen der Welt zu sammeln und mit Querverweisen in einen Kontext zu stellen. Wirklich schade, dass keine Faksimile in Schaukästen zu bewundern sind. Die Bibliothek ist gleich vorne abgesperrt, sodass man nur einen Blick hineinwerfen kann.

Gern hätten wir auch jemanden gefragt, ob die besondere Art und Weise zum Schutz vor Insektenbefall der Bücher heute noch praktiziert wird. Früher jedenfalls wurden in der Bibliothek Fledermäuse gehalten, die des Nachts sämtliche Insekten und deren Larven vertilgten.

Die Bibliothek im Nationalpalast von Mafra
Die Bibliothek im Nationalpalast von Mafra

Weitere Räume im Königspalast von Mafra

Im Nationalpalast von Mafra gibt es viele Räume zu besichtigen, auch wenn es nur ein Bruchteil der 880 Säle ist. So wie die Säle angeordnet sind, handelt es sich bei allen besichtigten Räumen um Durchgangsräume mit mindestens zwei, meist drei oder vier Türen. Da wird einem so richtig bewusst, dass Privatsphäre eine neuere Erfindung ist. Einige der Räume stelle ich dir im Folgenden vor.

Der kaum möblierte Diana-Saal (Bild links) ist mit Deckenmalereien, die die Jagdgöttin Diana mit Nymphen und Satyrn darstellen, geschmückt. Diese Deckenmalereien entstanden erst später auf Geheiss des Prinzregenten und späteren König João VI.

Der Thronsaal war für Audienzen beim König bestimmt. An den Wänden sind die acht königlichen Tugenden des Malers Domingos Sequeira dargestellt. Leider haben wir keine Ausführungen darüber gefunden, welche Tugenden dargestellt wurden. Dies wäre insofern interessant als die abendländische Tradition eigentlich nur sieben Tugenden kennt: Glaube, Liebe, Hoffnung, Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mässigung.

Der Saal der Segnungen befindet sich mitten im Königspalast und hat sowohl Fenster in die Basilika von Mafra als auch Verandatüren. Von der Veranda, die sich zum Vorplatz öffnet, grüsste der König sein Volk.

In der Farbgebung herausstechend ist das Musikzimmer. Hier empfing die königliche Familie gern ihre Gäste.

Das Musikzimmer im Königspalast von Mafra
Das Musikzimmer

Gleich nebenan befindet sich der Spielsaal. Dort stehen neben einem Billard-Tisch auch Tische, die an Vorläufer von Flipper- und Kickerautomaten erinnern.

Spieltisch im Spielzimmer des Nationalpalastes von Mafra
Spieltisch im Spielzimmer des Nationalpalastes von Mafra

Unter den hervorstechenden Sälen ist auch noch der Jagdsaal zu erwähnen. Die Dekoration ist der Stoff aus dem Albträume gemacht sind. Von den Wänden starren einen tote Tiere an, das Mobiliar ist aus Geweihen gezimmert, die Gemälde zeigen Jagdszenen.

Der Cerco Garten

Der Cerco Garten war ursprünglich ein Klostergarten, der sowohl den Mönchen als auch dem Hofstaat zur Verfügung stand. Bereits 1718 ordnete König João V. die Anpflanzung aller im Reich vorhandenen wilden Baumarten in gut verteilten Beeten und breiten Wegen an, was die Organisation des Geländes in symmetrischen Parzellen begünstigte.

Im Schatten der Bäume führen die Wege zum zentralen Platz rund um den Teich - Cerco Garten, Mafra
Im Schatten der Bäume führen die Wege zum zentralen Platz rund um den Teich

Der Cerco-Garten ist heute ein historisches Erholungs- und Freizeitgebiet mit einem Wald, einem botanischen Garten, einem formalen Garten und Freizeitbereichen. Die geometrisch angeordneten Blumenbeeten sind jedoch das Ergebnis späterer Anpassungen.

Blick vom formalen Garten zum Aquädukt - Cerco Garten, Mafra
Blick vom formalen Garten zum Aquädukt

Zum Garten gehören ein grosser zentraler Teich, in den die Wasserläufe der Tapada münden, und ein angrenzender Steigbrunnen. Das Wasser wird von den 32 Quellen der Tapada über eine Länge von 5 Kilometern durch Rohre und Aquädukte, Wassergruben, Rückhalte- und Speicheranlagen, Seen und Zisternen bis hin zum Steinbrunnen des Cerco Gartens geleitet. Dieses hydraulische System funktioniert nur durch die Gravitationskraft des Wassers.

Blick vom grossen Teich zu den Vogelvolieren. Auch ausserhalb der Volieren gibt es eine reiche Vogelwelt im Park - Cerco Garten, Mafra
Blick vom grossen Teich zu den Vogelvolieren. Auch ausserhalb der Volieren gibt es eine reiche Vogelwelt im Park
Der Steigbrunnen - Cerco Garten, Königspalast Mafra
Der Steigbrunnen

Übernachten und Anreise nach Mafra

Der einfachste Weg, Mafra zu erreichen, ist mit dem Auto. Ein grosser Parkplatz befindet sich neben dem Palast vor dem Cerco-Garten. Aber auch an der Zufahrtsstrasse befinden sich viele seitliche Parkplätze.

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Hast du ein Fahrzeug zu Verfügung kannst du überall übernachten. In Sintra ist es in den Sommermonaten ungefähr 2 Grad kühler als in der Umgebung.

Bist du jedoch auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, ist eine Übernachtung in Lissabon besser. Die Buslinie 2801 scheint die schnellste Verbindung zu sein. Die Busse dieser Linie fahren aber nur werktags. Die Fahrkarten kannst du direkt beim Busfahrer bis Mafra Palácio lösen. Alle Busse fahren vom Busbahnhof Campo Grande ab. Es gibt weitere Buslinien die von Campo Grande über Mafra fahren wie beispielsweise die Linie 2142. Allerdings dauert die Fahrt länger. Die Fahrpläne findest du bei Carris Metropolitana.

Achtung: Die Zughaltestelle namens Mafra befindet sich 8 km ausserhalb von Mafra im Nirgendwo. Zugfahren nach Mafra ist keine Option!

Bist du eher ein Strand-Mensch würde sich Ericeira mit seinen vielen schönen Stränden als Ausgangsort anbieten. Die Buslinie 2801 verkehrt zwischen Ericeira über Mafra nach Lissabon. Von Ericeira gibt es auch eine Busverbindung nach Sintra.

Natürlich gibt es auch in Mafra selbst Unterkünfte.

Tipp: Hast du mehr Zeit in Mafra, solltest du dir in der Tourist-Information den Guide «Historical Walk in Urban Mafra» besorgen. Die Tourist-Information befindet sich unweit des Palastes auf der gleichen Strassenseite. In dem Faltblatt wirst du auf weitere interessante Gebäude in Mafra hingewiesen, wie beispielsweise die Igreja de Santo André.

Igreja de Santo André aus dem 14. Jahrhundert in Mafra
Igreja de Santo André aus dem 14. Jahrhundert

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