Futuristische Kirche Mogno und der Sambuco Stausee

Woran denkst du, wenn du an das Maggiatal denkst? Ein wildes Tal mit schönen Bademöglichkeiten im Sommer ist das Erste, was mir in den Sinn kommt. Vielleicht würde mir noch das Wandern einfallen. Ganz sicher würde es mir jedoch nicht in den Sinn kommen, moderne Architektur in diesem wilden Tessiner Bergtal zu suchen. Und dennoch steht eine faszinierende, moderne Kirche in Mogno. Um nach Mogno zu kommen, musst du der Maggia weiter durch das Lavizzaratal folgen und anschliessend in vielen Serpentinen nach oben fahren. In Mogno starten Wanderwege unter anderem nach Fusio. Auch der Sambuco Stausee liegt auf einem Rundwanderweg. Wir wandern ab Fusio zur Staumauer des Lago del Sambuco. Noch ist Winter und im Schatten liegt Schnee. Ich lade dich ein, mit mir die moderne Architektur einer Kirche in Mogno und die schöne Bergwelt am Sambuco Stausee zu erleben.

Auf dem Weg nach Mogno

Wir starten in Cevio, wo wir übernachtet haben und freuen uns, dass uns entgegen der Wettervorhersage ein ausgesprochen schöner Tag am Morgen begrüsst. Nachdem wir uns am Vortag ins Bavonatal verliebt haben, sind wir überrascht, dass das Lavizzaratal einen ganz anderen Charakter hat.

Das Lavizzaratal ist streckenweise eng. Die Strasse führt auf der linken Seite der Maggia entlang. Auf der anderen Seite stehen drei kleine alte Häuser am Hang unterhalb der Felsen. Dort, wo die Sonne im engen Tal hinkommt, ist das Gras leicht grün. Ein Weg führt zu einer alten Steinbrücke über den tiefen Einschnitt, der in einem Wasserfall in einen anderen Einschnitt mündet. Noch ist Winter, sodass die Bäume keine Blätter haben. Die Fahrt zur modernen Kirche in Mogno zieht sich.
Im engen Tal kommt die Sonne im Winter nur kurz auf den Boden.

Bevor wir den Ort Lavizzara passieren, steht ein markanter Stein an der Strasse, der von der anderen Seite noch auffälliger ist. Es gibt sogar einen kleinen Parkplatz. Im Bavonatal wäre er ein Felsbrocken unter anderen, aber hier fällt er ins Auge. So gibt es eine Legende, wie der Stein an diese Stelle kam.

Ein länglicher Felsbrocken, hoch wie ein dreistöckiges Haus, neigt sich bedrohlich über die Strasse und zeigt schwarze Spuren im Gestein.  Oben auf seiner glatten, geneigten Bruchkante wachsen Bäume. Den Teufelsstein passierst du auf deinem Weg zur modernen Kirche in Mogno.
Kannst du die schwarzen Stellen am Felsen erkennen?

Auch dieser Felsbrocken heisst Teufelsstein und ist ein Denkmal für den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse. Die Geschichte hat ein wenig Ähnlichkeit mit der Geschichte zum Bau der Teufelsbrücke über die Schöllenenschlucht. Bei der Legende im Lavizzaratal soll die Frömmigkeit der Menschen den Teufel sehr erzürnt haben. Deshalb brach er wütend diesen grossen Felsbrocken vom Gipfel des Berges ab, um damit eines der Dörfer zu zerstören. Ein hübsche junge Frau, der Legende nach die Mutter Gottes, lud ihn ein, im Tal eine Pause zu machen, denn der Felsbrocken war auch für den Teufel schwer. Als der Teufel seinen Weg fortsetzen wollte, konnte er den Felsbrocken jedoch nicht mehr aufheben. Feuer und Flammen speiend, bemühte er sich vergebens. Das Gute hatte einmal mehr über das Böse gesiegt.

Der Ort Lavizzara, der dem Lavizzaratal seinen Namen gab, liegt malerisch zu Füssen eines Berges und ist überraschend gross.
Lavizzara

Hinter Lavizzara teilt sich bald die Strasse und wir klettern in vielen Serpentinen höher und höher. Mogno war bis ins 18. Jahrhundert ganzjährig bewohnt. Heute ist der Ort ein Maiensäss, eine Alm oder Alp, die nur im Sommer bewohnt wird. Während wir uns langsam Mogno nähern, müssen wir lachen, als wir uns vorstellen, wie es wohl ist, wenn man beim Einkauf etwas Wichtiges vergessen hat und die ganze Strecke erneut fahren muss. Wir jedenfalls sind froh als wir Mogno am Ende eines langen Hochtals auf 1.180 m Höhe erreichen.

Der Ort ist für den Verkehr gesperrt. Nach der Brücke über die Maggia gibt es viele Parkplätze und eine Bushaltestelle, die saisonal bedient wird.

Die Kirche von Mogno

Wie Mogno zu dieser Kirche kam

Wenn man an Religion im Allgemeinen denkt, kommt einem in der Regel nicht das Wort modern in den Sinn. Nur weil Religion traditionsreich ist, heisst das jedoch nicht, dass sie nicht auch in modernen Strukturen praktiziert oder gewürdigt werden kann. So weit, so klar. Nur wie kommt ausgerechnet ein so abgeschiedener Ort wie Mogno zu so einer modernen Kirche?

Es war der 25. April 1986 als morgens eine Lawine die kleine Kirche von Johannes dem Täufer aus dem 17. Jahrhundert und einige der kleinen Häuser zerstörte. Menschen sind glücklicherweise keine zu Schaden gekommen. Ein Komitee zum Wiederaufbau der Kirche wurde gegründet und der bekannte Schweizer Architekt Mario Botta wurde beauftragt. Es dauerte jedoch bis 1992, dass mit dem Bau der Kirche begonnen werden konnte.

Das Spiel mit den geometrischen Formen

Die moderne Kirche in Mogno steht auf dem selben Platz wie die alte Kirche. Die Höhe von 17 m entspricht der Höhe des Glockenturms der alten Kirche. Der heutige Vorplatz war der frühere Friedhof. Die beiden Glocken von 1746 sind die einzigen Elemente, die von der zerstörten Kirche wieder verwendet wurden.

Von hinten fällt besonders das Schrägdach der modernen Kirche Mogno aus Glas und Stahl in seiner Kreisform ins Auge. Der Kreis wird scheinbar in der Mitte durch eine Art Rinne geteilt. In deren Verlängerung sind die beiden Glocken untereinander angebracht. Regenwasser würde hinter den Glocken entlangfliessen und dann über Kaskaden in ein Becken geleitet werden. Die Kaskaden befinden sich zwischen zwei schrägen Stützpfeilern. Hinter den Kaskaden liegt die Eingangstür.
Hinter dem treppenförmigen Aquädukt versteckt sich der Eingang zur modernen Kirche von Mogno.

Der äussere Grundriss der Kirche ist eine Ellipse. Im Inneren ist ein Rechteck eingefügt. Das Schrägdach aus Glas und Stahl ist ein Kreis. Die Dicke der Mauern beträgt an der Basis 2 m und verjüngt sich nach oben auf 50 cm. Die verwendeten Steine sind Gneis und Marmor.

In diesem Bild des Daches der modernen Kirche Mogno sieht man das runde Glasdach von Innen. Sehen die einzelnen Scheiben in der Stahlkonstruktion von aussen so aus, als würden sie schräg zur Rinne in der Mitte laufen, wirken sie von innen anders. Oberhalb der beiden an halbe Brückenpfeiler erinnernden Stützträger steht das Glas senkrecht in der Konstruktion und unterhalb sieht es aus, als würden die Scheiben quer verlaufen. Sehr schön sieht man auch eine Ecke des Rechtecks des Innenraums, welche zum Dach hin verschwindet.
Die Stützpfeiler symbolisieren die Himmelsleiter oder Jakobsleiter.

Die moderne Kirche von Mogno lässt uns staunend und mit vielen Fragezeichen zurück. Das Spiel mit den Perspektiven lässt sich kaum fassen. Spannend ist, wie sich die Kante des inneren Rechtecks zum Glasdach hin in einen Kreis auflöst.

Der Altar der modernen Kirche Mogno ist ein einfacher Steintisch aus zwei Rechtecken. Der Bereich dahinter besteht aus vielen Bögen, die nach hinten immer kleiner werden, bis ein Portal entsteht.
Der Altar

Der Altartisch steht vor einem Stufenportal, durch welches man tatsächlich in eine Nische (Sakristei) hindurchgehen kann. Vom Inneren der Nische hinter dem Altar wirkt das Dach dann wieder anders. Auch sieht man erst aus dieser Perspektive, dass man beim Betreten der Kirche ebenfalls ein Portal durchschritten hat. Die Kirche in Mogno fasziniert uns und gibt uns viele Rätsel auf. Aus der dicken Grundmauer ist eine Nische ausgespart, die wiederum mit den geometrischen Formen spielt. Wir fragen uns die ganze Zeit, ob hier während der Saison Gottesdienste abgehalten werden?

Zum Lago del Sambuco

Nachdem wir uns von der modernen Kirche in Mogno endlich losgerissen haben, fahren wir noch nach Fusio. Hier stellen wir das Auto ab, als die Strasse scheinbar einspurig wird und laufen zum Sambuco Stausee. Während wir laufen, frage ich mich, wie der Stausee wohl zu seinem Namen gekommen ist. Als Hobby-Gärtner weiss ich, dass Sambuco die Bezeichnung für Holunder ist. Ob am Sambuco Stausee wohl viele Holunderbüsche stehen?

Die Staumauer des Lago del Sambuco wirkt wie ein Fremdkörper in der Bergwelt.
Unser Auto parkt irgendwo weit unterhalb der Staumauer

Der Weg nach oben ist kurzweilig, gibt es doch viel zu entdecken. Der Wechsel von Licht und Schatten, Schneeresten und gefrorenen Pflanzenteilen und ersten Blüten macht den Weg sehr abwechslungsreich.

Eine Sommeralp auf dem Weg zum Lago del Sambuco liegt noch braun in ihrem Winterkleid vor uns. Die kleinen Häuschen locken mit windgeschützten Essplätzen in der Sonne. Im Schatten neben dem Bachlauf liegt noch Schnee.
Über diese Sommeralp können wir die grosse Kurve der Strasse abkürzen.

Und oben, kurz unterhalb der Dammkrone, wo es einen Parkplatz gibt, wartet eine Überraschung auf uns. Die Wirtschaft mit den windgeschützten Sonnenplätzen hat im Februar geöffnet. Und wir dachten, wir wären die einzigen, die sich auf den Weg gemacht haben. So werfen wir erst einen Blick auf den schönen, etwa drei Kilometer langen und 500 Meter breiten Sambuco Stausee. Jetzt im Winter ist die Strasse, die am Stausee entlang weiter in die Bergwelt führt, gesperrt.

Der schmale Sambuco Stausee hat wenig Wasser. Er ist wunderbar eingerahmt von schneebedeckten Bergen. Wenn man genau schaut, kann man sehen, wie die Strasse am Ende des Sees weiter nach oben klettert.
Ein Teil des Sees ist noch mit einer dünnen Eisschicht bedeckt.

Bei heissem Kakao und Rivella erfahren wir in der Wirtschaft, dass die Stromerzeugung wegen der extremen Trockenheit eingestellt wurde. Auf dem Weg nach unten kommen uns weitere Wanderer und Autofahrer entgegen.

Ein Wasserfall rutscht sanft den Berg hinunter und mündet in einem Wasserbecken. Wir könnten uns vorstellen, dass sich im Gebäude neben dem Wasserfall eine Sägemühle befindet.
Auf dem Rückweg von Fusio nehme ich mir die Zeit für ein Foto dieses hübschen Wasserfalls.

Wir beenden diesen abwechslungsreichen Tag in Locarno mit einem Besuch im Kamelienpark und dem Blick auf den Lago Maggiore. Der Kamelienpark in Locarno ist einer meiner Lieblingsorte, deshalb gibt es auch einen eigenen Beitrag von einem früheren Besuch. Falls du auf der Suche nach weiteren Ausflugstipps im Tessin bist, kannst du ja mal in unseren Tessin Beiträgen stöbern.

Nur noch die Bergspitzen an der Stirnseite des Lago Maggiore glühen von der Sonne erleuchtet.
Jetzt wird es langsam Zeit, dass wir uns losreissen.
Dir hat der Beitrag gefallen? Dann würden wir uns freuen, wenn du ihn teilst.

4 Comments

    1. Hallo Maritta, ich glaube, ob etwas passt oder nicht, hat etwas mit unserer Erwartungshaltung zu tun. Die Steine stammen aus der Gegend. Im Winter sind die weiss-grauen Linien ein schöner Kontrast zum Schnee. Und wenn ich mir manch moderne Kirchen aus den 70er Jahren ansehe, finde ich diese Kirche spannend, weil sie die Gedanken anregt und nicht auf den ersten Blick als solche erkennbar ist.
      Die Kirche hat eine Geschichte, die mit diesem Ort verbunden ist, weshalb sie nur dort stehen kann, wo sie jetzt steht.
      An einem anderen Ort wäre es eine andere Geschichte und auch eine andere Kirche geworden.

      Liebe Grüsse

      Susan

  1. Danke für diese Einblicke und deine tollen Fotos! Sehr inspirierend!
    Herzliche Grüße aus der Unstoppable Business University
    von Nathalie

    1. Hallo Nathalie,
      freut mich, dass du den Beitrag inspirierend fandest. Ich glaube, das Überschreiten von Sehgewohnheiten macht modere Architektur oder modernes Design insgesamt so spannend.

      Liebe Grüsse

      Susan

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert