Über die Pont de Normandie zur Abtei Hambye
Die Pont de Normandie, umgangssprachlich oft auch als Le Havre Brücke betitelt, ist eine Schrägseilbrücke der Superlative. Sie verbindet Le Havre und Honfleur. Wenn du die Seine nur aus Paris kennst, wirst du sehr erstaunt sein, wie breit sie sich kurz vor ihrer Mündung in den Ärmelkanal macht. Mit dem Überqueren der Normandiebrücke verlassen wir endgültig die Alabasterküste. Die letzte Etappe unserer Reise führt uns zu einem Quartier oberhalb der Polder vom Mont-Saint-Michel. Doch auf dem Weg dahin besuchen wir eine weitere Abtei. Idyllisch gelegen ist die Abtei Hambye. Wir finden dort Momente tiefen inneren Friedens und fühlen uns plötzlich in Frankreich an Schottland erinnert.
Ich lade dich ein, mit uns die Pont de Normandie zu bestaunen und dir das Leben in der Abtei Hambye anno 1500 vorzustellen. Wie immer gilt, lass dich inspirieren und mache dir dein eigenes Bild.
Die Pont de Normandie
Fakten
Bei Le Havre mündet die Seine in den Ärmelkanal. Da Le Havre und Rouen im Inland wichtige Häfen für Frachtschiffe und Kreuzfahrtschiffe sind, hat die Pont de Normandie noch beim höchsten Wasserstand eine Durchfahrtshöhe von 52 Metern. 2.141 m Meter lang ist die Brücke und hat neben einer Spannweite von 856 m eine Steigung von bis zu 6 Prozent. Aufgrund der starken Winde in der Normandie hat man sich zugunsten einer Schrägseilbrücke statt einer Hängebrücke entschieden. Dennoch dürfen LKWs sie bei starkem Wind nicht überqueren.
Die Brücke ist mautpflichtig, ausser für Fussgänger und Radfahrer. Allerdings trennt die Radfahrer von den zahlreichen Fahrzeugen nur ein weisser Streifen. Die Fussgänger schützt wenigstens ein kleiner Betonsockel. Als Fussgänger solltest du aber schwindelfrei sein.
Nach sechs Jahren Bauzeit wurde die Pont de Normandie am 20.1.1995 eröffnet. Sie hat Bedeutung weit über die Region hinaus.
Fototipps
Wenn du von Le Havre kommst, halte Ausschau nach der Raststätte/dem Besucherzentrum. Wir haben die Ausfahrt verpasst, weil wir so auf die Mautstation konzentriert waren. Bei dem Verkehr konnten wir nicht mehr rechtzeitig die Spur wechseln. Sehr ärgerlich. Du kannst dort parken und beispielsweise über die Pont de Normandie laufen. Hin und zurück sind es etwa 5 km. Im Feuchtgebiet neben der Raststätte haben wir jede Menge Fotografen gesehen, die auf Vögel gewartet haben. In der Raststätte muss es eine Art Besucherzentrum mit Informationen zur Brücke geben.
Statt am Ende der Pont de Normandie zu wenden und noch zweimal Maut zu bezahlen, haben wir uns dafür entschieden auf der Seite von Honfleur nach schönen Aussichtspunkten zu suchen. Gleich nach der ersten Abfahrtsmöglichkeit haben wir es vom Dach des Parkhauses eines Einkaufszentrums versucht, aber die Aussicht war nicht spektakulär. So sind wir weiter in dem neu angelegten Industriegebiet mit breiten Strassen und vielen Kreiseln herumgefahren und haben den Weg zur Brücke gefunden.
An diesem grauen Tag lenkt nichts von der schlichten Eleganz dieser Brücke ab. Die Stahlseile erinnern an eine Harfe. Wir begeben uns zu Fuss bis unter die Brücke und ein Stück dahinter. Der Weg stromaufwärts scheint ewig möglich zu sein. Leider kann man auf der Seite von Honfleur nicht zur Mündung der Seine laufen, denn Hafenterminals versperren den Weg.
Tipp: Wenn du in Honfleur übernachtest, besuche die Brücke im Dunkeln. Nachts wird die Pont de Normandie beleuchtet.
Die Pylone sind 215 m hoch und dafür ausgelegt, notfalls auch der näheren Bekanntschaft mit einem Giganten der Ozeane standzuhalten.
Kurzer Abstecher nach Honfleur
In der Ferne sehen wir schemenhaft einen Hafen im Mündungsgebiet der Seine. Wir fahren zurück und suchen uns in diesem neu erschlossenen Gebiet einen Weg nach Honfleur.
Allerdings könnten wir diesen Versuch mit den Worten «der Weg ist das Ziel» umschreiben. In Honfleur findet ein Fest mit Jahrmarkt statt. Der Ort platzt aus allen Nähten. So setzen wir so schnell es geht unseren Weg zur Abtei nach Hambye fort und verschieben Honfleur und die Blumenküste der Normandie auf ein anderes Mal.
Auch Caen lassen wir links liegen und wir schauen uns auch nicht den berühmten Teppich von Bayeux an, sondern wir fahren direkt nach Hambye zur gleichnamigen Abtei. Vor allem der Weg über Land ist wunderschön. Neben zahlreichen Rapsfeldern blühen erste Leinfelder und überall am Strassenrand wilde Orchideen.
Und dann erreichen wir die Abtei von Hambye in einem bewaldeten Tal am Zusammenfluss von Sienne und Doquette.
Die Abtei von Hambye – ein Kleinod
Es ist einsam und friedlich hier. Das Licht, die Farben, die Gebäude, die an Cottages erinnern, der kleine Fluss, für einen Moment fühlen wir uns an Schottland erinnert. Die Sehnsucht erfasst uns mit unerwarteter Heftigkeit. Und wir saugen diese friedliche, ländliche Stille in uns auf.
Jemand fährt mit einer Schubkarre Feuerholz an uns vorbei und verschwindet hinter einem grossen Tor, welches er sorgsam wieder schliesst. Das war also nicht der Eingang. So fahren wir weiter, an der Abtei von Hambye vorbei und finden den Parkplatz. Ganz allein sind wir nicht. Es gibt hier aber auch einige Wanderwege.
Durch das Torhaus betreten wir die Abtei Hambye. Gleich daneben befindet sich ein kleiner Souvenirshop, wo wir die Tickets kaufen können. Zwei in Holz eingelassene Tablets mit grossen Griffen zeigen dem Besucher, wie die Abtei Hambye im 15. Jahrhundert ausgesehen haben könnte. Allerdings sind die beiden Tablets bei Kindern sehr beliebt. Es ist aber auch faszinierend, sich um sich selbst zu drehen, ein Stück zu laufen und zu sehen, wie das Bild sich zwischen Wirklichkeit und Illusion ändert. Aber Achtung, mit einem Bildschirm vorm Gesicht sieht man die Hindernisse nicht.
Rundgang durch die Abtei Hambye
Wir beginnen unseren Rundgang in der Kirchenruine und bewegen uns dann langsam in den Innenhof zum Kreuzgang, den Ställen und schliesslich in den Obstgarten. So viele alte Gebäude sind nur selten bei den alten Klöstern der Normandie erhalten.
Im Obstgarten könnte die Zeit still stehen. Ein kleiner Bach fliesst mitten durch die Obstbäume. Die Vögel zwitschern und die Sonne scheint tatsächlich noch. Das hätten wir nicht erwartet, nachdem der Tag an der Pont de Normandie so neblig angefangen hat. Im Obstgarten steht auch die Rekonstruktion eines Krans nach einem Bild von 1470. Ein bis zwei Arbeiter liefen im Laufrad. Ein Mechanismus verhinderte das Zurückdrehen des Rades. Der Kran konnte Lasten bis 600 kg heben und auf der Baustelle dorthin gebracht werden, wo er gebraucht wurde.
Zum Schluss schauen wir uns noch die informative Ausstellung neben der Abteikirche an. Besonderes Highlight, hier warten auf den ausländischen Besucher Musterbegleithefte in mehreren Sprachen, sodass man den Erklärungen in der Ausstellung gut folgen kann.
Die Geschichte der Abtei Hambye mit einem kleinen Happy End
Die Abtei wurde im 12. Jahrhundert durch Guillaume Painel, den mächtigsten Herren im Cotentin gegründet. Gut gewählt war der Standort. So ist der Fluss im Tal bis heute Heimat von Forellen. Er diente als Antriebskraft für die Mühlen, die es damals hier gab. Der Hügel bot Stein zum Bau der Häuser und der einstige Wald sorge für Bauholz und Brennmaterial. Reich mit Mitteln bei der Gründung ausgestattet und dank reicher Spender florierte das Leben in der Abtei von Hambye vom 12. bis 15. Jahrhundert. Der endgültige Niedergang begann im 17. Jahrhundert.
Die Abtei Hambye teilt das Schicksal der Abtei Jumièges und wurde als Steinbruch genutzt. Allerdings wurden die Gebäude, die zu landwirtschaftlichen Zwecken verkauft wurden, von diesem Schicksal verschont. Die Besitztümer wurden auf Auktionen verkauft, die fünf Glocken wurden eingeschmolzen.
Ab 1830 bemühten sich verschiedene Einzelpersonen um den Erhalt der Abtei Hambye. 1902 wurde die Ruine der Abteikirche in den Stand eines historischen Denkmals erhoben. Und obwohl der Rest des Klosters 1925 folgten, passierte nichts zum Erhalt.
Dann kaufte Familie Beck im Jahr 1956 einen Teil der alten Klostergebäude. Dr. Beck war Arzt und hatte die Absicht, einen Erholungsort zu schaffen. Erst zwei Jahre nach dem Kauf wurde das Ehepaar durch den Besuch des Vereins «Vielles Maisons Françaises» auf den Wert der Abtei Hambye als Denkmal aufmerksam. Danach bemühten sie sich um den Erhalt und die Bekanntmachung dieser nach der Abtei des Mont-Saint-Michel heute mit am besten erhaltenen Abtei der Normandie. Für Elisabeth Beck wurde es ein Lebenswerk, für welches sie den Verdienstorden verliehen bekam. 1964 konnte das Departement Manche die Abteikirche, das Torhaus und das Konversenhaus von einem Landwirt erwerben. Danach erfolgte ein grosses Instandsetzungsprogramm.
Beten und Arbeiten in der Benediktinerabtei Hambye
Die Ordensregeln der Benediktinermönche fordern ein Gleichgewicht zwischen Gebet und Arbeit. Der Tag und die Nacht strukturierten sich um sieben Messen, denn die wichtigste Aufgabe der Mönche war das Gebet. Sieben Stunden verbrachten die Mönche so jeden Tag allein im Gebet.
Selbst im Kloster gab es eine Zweiklassengesellschaft von Mönchen. Solchen aus der Aristokratie und Laienbrüdern, die häufig nicht einmal Lesen und Schreiben konnten. Insofern waren auch die Gelübde, die abgelegt wurden, unterschiedlich. Die aristokratischen Mönche konnten höhere Ämter im streng hierarchisch strukturierten Kloster anstreben. Die Laienbrüder (Konversen) dagegen waren in der Landwirtschaft und im Haus beschäftigt und mussten nur ein Gehorsamsgelübde abgeben. So durften sich die Mönche nur mit Genehmigung des Abtes ausserhalb des Klosters bewegen oder gar speisen.
Nach so viel Informationen reissen wir uns von der ländlichen Idylle los und fahren zu den Poldern vom Mount-Saint-Michel. Was wir dort erleben, erfährst du in den nächsten Beiträgen.
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Hallo
Die Normandie ist wirklich immer eine Reise wert. Danke für den Sehnsuchtssteigernden Artikel.
Mike
Hallo Mike,
wenn ich es richtig weiss, warst du ziemlich lange in Frankreich und der Normandie unterwegs. Kein Wunder hast du Sehnsucht. Es ist aber auch ein schönes Fleckchen Erde.
LG Susan
Schade, dass ihr Honfleur verpasst habt. Das ist zwar megatouristisch, aber wirklich auch sehr hübsch. LG aus den Cotswolds (deren Orrtschaften mich sehr an die Normandie erinnern), Nadine
Liebe Nadine,
wir kommen sicher mal wieder in die Normandie. Das nächste Mal vielleicht mit Wohnmobil und etwas mehr Zeit, dann können wir auch einen zweiten Anlauf auf Honfleur nehmen. Ich bin schon gespannt auf deinen Reisebericht über Cotswolds.
LG Susan
In der Normandie war ich tatsächlich noch nie. Die Brücke sieht selbst auf den Fotos gigantisch aus.
LG Dagmar
Hallo Dagmar,
wenn du noch nie in der Normandie warst, hast du ja noch ein schönes Reiseziel vor dir. Es gibt so viele tolle Orte in der Normandie zu entdecken, dass ein Urlaub sowieso nicht ausreicht.
LG Susan