Staumauer Grande Dixence oder Energie tanken in den Alpen

300 Sonnentage im Jahr, spektakuläre Aussichten und Gletscher – das sind neben dem mediterranen Flair der Weinberge nur einige Facetten des Wallis. Da fällt es gar nicht so einfach, zu entscheiden, welche Attraktionen man besucht. Vom breiten Walliser Rhonetal zweigen viele tiefe Täler ab und führen weit in die spektakuläre Bergwelt der Walliser Alpen. Ein solches Tal ist das Val d’Herance. Folgst du ihm, so kommst du bei den beeindruckenden Erdpyramiden von Euseigne vorbei. Hier kannst du dich entscheiden, ob du dem Tal weiter folgst, um beispielsweise den authentischen Bergort Evolène zu besuchen oder, ob du ins Nachbartal abbiegst und zur spektakulären Staumauer Grande Dixence fährst.

In diesem Beitrag nehme ich dich mit zu den Erdpyramiden und werfe einen kurzen Blick in den hübschen Ort Evolène. Der Höhepunkt des Tages ist aber die Landschaft rund um die Staumauer Grande Dixence. Der Stausee Lac des Dix liegt in einer faszinierenden Bergwelt und der Besuch im Inneren der Staumauer ist eindrücklich, auch wenn ich mich im Labyrinth der Röhren, umgeben von Wassermassen und Beton nicht so wohlgefühlt habe. Wie immer gilt: Lass dich inspirieren und mach dir dein eigenes Bild. Finde heraus, ob dieser Ausflug etwas für dich ist.

Der Blick ins Rhonetal auf dem Rückweg von der Staumauer Grande Dixence zeigt kleine Dörfer auf Plateaus oder sich die Hänge der gegenüberliegenden Berge hochziehen. Wolken, blauer Himmel und Schatten zieren das Bild.
Blick ins Rhonetal

Die Erdpyramiden von Euseigne

Die Strasse schlängelt sich vom Rhonetal kommend durch das Val d’Herance immer weiter nach oben. Meist ist sie angenehm zu fahren. Allerdings hat Jörg mit Höhenangst zu kämpfen und mag es gar nicht, wenn eine Strasse sich immer am Abgrund bewegt. Insofern stresst ihn der Weg etwas, zumal er auch unbedingt selber fahren will. Dennoch geniesst er dann den Blick auf die Erdpyramiden.

Erdpyramiden sind eine interessante Verwitterungsform von Sedimentgestein. Trifft Sedimentgestein mit grösseren Felsbrocken auf das Wetter in Form von Niederschlag und Wind, so wird es schnell abgetragen.

Hier sieht man die beginnende Erosion, aus der dann solche Erdpyramiden wie die von Euseigne entstehen.
Beginnende Erosion

Bis irgendwann ein Felsbrocken ein schützendes Dach bildet. Die so entstehenden Erdpyramiden können lange existieren. Verlieren sie allerdings ihren Deckstein, geht die Verwitterung schnell weiter.

Quer über die Strasse zieht sich eine märchenhaft anmutende Mauer aus Erdpyramiden im Ort Euseigne.
Irgendwie sucht man automatisch das Märchenschloss, welches sich hinter dieser Mauer verbirgt.

Die Erdpyramiden von Euseigne sieht man gut von beiden Seiten des Tals. Sie ragen wie die Schutzmauer eines Märchenschlosses über die Strasse.

Hinweis: Fährst du von Sion kommend auf direktem Weg zur Grande Dixence Staumauer statt durch das Val d’Herance kommst du nicht an den Erdpyramiden vorbei.

Evolène – ein Dorf aus einer anderen Zeit

Evolène liegt auf 1.370 m Höhe. Der grosse Parkplatz befindet sich am Ende des Dorfes. Von der Umgehungsstrasse führt hinter dem Dorf ein Abzweig direkt dort hin, sodass du nicht durch den historischen Ortskern fahren musst.

Hinweis: Am Parkplatz befindet sich auch eine Tourist-Information, wo du Karten der Umgebung oder Informationen zu Wanderungen bekommst.

Die grossen dunklen Holzhäuser haben vier Etagen und viele kleine Fenster. Balkone laden zum Blick auf die Gletscher in der Ferne ein. Evolène ist mit bunten Fahnen geschmückt.
Man braucht nicht viel Fantasie, um sich den gemütlichen Ort im Winter vorzustellen.

Allerdings gehen die Uhren hier anders. Pünktlich 12.00 Uhr mittags schliessen alle Läden und auch die Tourist-Information erst einmal ihre Pforten. Während die zahlreichen Restaurants auf hungrige Gäste warten.

Ein hübsch modernisiertes altes Haus. Auch wenn heute ein gemauerter Sockel, die von einem grossen, runden, flachen Stein unterbrochenen Trägerbalken einrahmt. So wie hier in Evolène wurden die Häuser früher gebaut, um Mäusen den Zugang zu erschweren.
Die mäusesichere Bauweise blieb auch nach der Renovation erhalten.

Während wir so durch den Ort flanieren, können wir uns richtig vorstellen, wie Evolène im Winter zu einem an Gemütlichkeit nicht zu überbietenden Skiort wird. Die Gemeinde Evolène ist flächenmässig die viertgrösste der Schweiz. Zahlreiche Wanderwege und Skipisten offerieren dem Besucher in Sommer und Winter vielfältige Möglichkeiten in der Natur. Uns begeistert der Blick auf die Bergwelt.

Die Bäckerei im Blockhaus in Evolène wirbt mit vielen Tafeln für ihr Angebot. Ein paar Sitzkissen auf einer Bank an der Fassade und zwei kleine runde Tische laden zu einer Kaffeepause ein.
Leider hat die Bäckerei gerade geschlossen

Da wir jedoch noch zur Staumauer Grande Dixence wollen, fahren wir nicht weiter in Richtung der in der Sonne glänzenden Gletscher zum auf 2.006 m gelegenen Arolla, sondern kehren um. Und fahren bei Euseigne ins Nachbartal.

Bereits von Evolène hat man einen herrlichen Blick auf die Glitzerwelt der Gletscher
Die Bergwelt des Wallis fasziniert

Grande Dixence, die grösste Gewichtsstaumauer der Welt

Mit dem Postbus zur Staumauer Grande Dixence

Je höher man zur Staumauer Grande Dixence klettert, umso schmaler und kurviger wird die Strasse. Und da Jörg bereits von Kollegen gehört hatte, dass der Weg nicht ohne ist, parken wir das Wohnmobil und fahren die letzten Kilometer mit dem Postbus.

In Evolène erhielten wir den Tipp, unser Auto in Mâche abzustellen. Allerdings gibt es im Ort nur zwei Parkplätze, wo man länger als eine Stunde parken kann. Die Parkplätze vor dem Ort sind durch eine Baustelle blockiert. Die Haltestelle für den Postbus liegt unmittelbar am öffentlichen WC.

Als dann ein normal grosser Linienbus erscheint, sind wir sehr erstaunt. Die Strasse ist so breit wie der Bus. Im oberen Teil, wo die Serpentinen anfangen, gibt es wenig Ausweichstellen. Beim Gedanken, mit dem Wohnmobil dem Bus dort zu begegnen, bin ich doch froh, entspannt im Bus zu sitzen. Dort, wo auch der Busfahrer mit den Nerven aus Stahl niemandem begegnen möchte, lässt er den fröhlichen Dreiklang der Postbusse erklingen.

Nach ungefähr 20 Minuten kann Jörg seine Augen wieder öffnen, denn wir sind am Hotel Barrage de la Grande Dixence angekommen, welches als grauer Kasten unterhalb der Staumauer steht. In der Information zur Grande Dixence Staumauer organisieren wir uns als Erstes ein kombiniertes Seilbahnticket und den Platz auf der letzten Tour durch die Staumauer. Und dann geht es mit der Seilbahn nach oben.

Die Gondel zur Staumauer Grande Dixence fährt alle 10 Minuten. Durch die leider zerkratzten Scheiben erhält man eindrückliche Blicke auf die Landschaft.
Die Gondelbahnen begegnen sich unterwegs

Auf der Fahrt nach oben wird einem erst bewusst, wie gigantisch die Staumauer Grande Dixence ist. Nicht zuletzt der Grössenvergleich mit der Kapelle St. Jean, welche beim Bau der ersten Talsperre 1931 dort geweiht wurde, zeigt, wie mächtig diese Staumauer ist.

Die Kapelle St. Jean von der Seilbahn aus gesehen wirkt winzig im Vergleich zur Staumauer Grande Dixence.
Die kleine Kapelle sehen wir zuerst von der Seilbahn aus. Das Hotel verdeckt sie.

Wandern entlang des Lac des Dix

Oben angekommen, staunen wir ob der sportlichen Aktivitäten, die hier möglich sind. So gibt es an der Staumauer Grande Dixence einen Klettersteig und eine Zipline von einer Seite zur anderen. Uns zieht es aber auf den Rundwanderweg. Der erste Teil des Weges lässt sich beschreiben mit den Worten «durch viele dunkle Tunnel musst du gehen». Umso spektakulärer die Aussicht am Ende des Tunnels.

Der in den Fels gehauene Tunnel bildet den Rahmen für den milchig blauen Lac des Dix und die Gletscher am Ende Sees. Gleichzeitig sieht man bereits den Eingang in den nächsten Tunnel auf diesem Rundweg oberhalb der Staumauer Grande Dixence
Nach der Dunkelheit im Tunnel ist der Ausblick jedes Mal noch beeindruckender.

Den einsamen Weg durch die Tunnel verkürze ich mir mit ein paar Langzeitbelichtungsexperimenten.

Alles fliesst in dieser gezoomten Langzeitbelichtung. Durch die sporadisch aufgehängten Lampen entsteht ein schwarz-weiss Muster.
Das etwas andere Tunnelbild

Wie das Val des Dix wohl aussah, als sich hier nur ein Fluss entlang schlängelte? Bereits mit der ersten Staumauer 1935 wurde hier ein See angestaut. Diese Staumauer befindet sich heute viele Meter unter Wasser. Die Staumauer Grande Dixence wurde ab 1951 weiter stromabwärts realisiert. Mit 285 m Höhe erreicht diese fast die Höhe des Eiffelturms. Der heutige See ist 5,3 km lang und erreicht an seiner tiefsten Stelle eine Tiefe von 227 m.

Der Weg schlängelt sich eingeschnitten um viele Felsnasen des Hangs oberhalb des Lac des Dix entlang. Eingerahmt wird dieser künstlich durch die Staumauer Grande Dixence erschaffene See von schneebedeckten Bergen und Gletschern.
Stille Wasser sind tief

Am Ende des Sommers erreicht der See seinen höchsten Wasserstand. Dann sind hier 400 Milliarden Liter Wasser gespeichert. Allerdings wird das Wasser eines grossen Einzugsgebietes von 375 km2 gesammelt und durch 100 km Tunnel zum Lac des Dix geführt. Allein 35 Gletscher speisen den Stausee.

Wir folgen dem Rundwanderweg, bis er den See verlässt. Leider sagt die Uhrzeit, dass wir umkehren müssen, wenn wir rechtzeitig zur Besichtigung der Staumauer Grande Dixence kommen wollen. Es fällt uns schwer, uns loszureissen. Hier auf 2.365 m Höhe ist es im Sonnenschein des Herbsttages so schön. Samen und Schmetterlinge fliegen durch die klare Luft. Tief durchatmen, Energie tanken in der Schönheit des Bergpanoramas, die Bewegung und die Ruhe geniessen.

Bläulinge paaren sich noch in der Sonne, als würde der Sommer nie zu Ende gehen.
Man könnte fast vergessen, dass der Herbst schon Einzug gehalten hat.
Statt Gletscher hat man auf dem Rückweg fast unscheinbar klein die Staumauer Grande Dixence im Blick. Erst jetzt bekommt man ein Gefühl für die Länge des Sees.
Blick auf die Staumauer, die man am Ende des Sees fast nicht erkennt.

Im Inneren der Staumauer Grande Dixence

Bevor es ins Innere der Staumauer geht, muss die Gruppe der Teilnehmer erst einmal zum Einstieg laufen. Dieser befindet sich oberhalb der Kapelle St. Jean. Der Aufstieg ist steil. Ein erstes Verschnaufen gibt es bei der Kirche mit einigen Informationen.

Mächtig erhebt sich die Staumauer Grande Dixence zum Himmel, auch wenn das Grössenverhältnis der Kirche zur Staumauer aus der Gondel noch beeindruckender war.
Gut, dass ich die Zeit bis zur Besichtigung der Staumauer schon mit einer Fotosession bei der Kirche verkürzt hatte und jetzt zweimal den Anstieg meistern durfte.

Anschliessend bekommen wir im Berg das dicke Durchleitungsrohr zu sehen, welches das Wasser zur Stromerzeugung nach unten leitet, wo es mit einer Fallgeschwindigkeit von 700 km/h auf die Turbine trifft. Grosse Schautafeln liefern jede Menge Zahlen und dann ist es so weit. Wir steigen in die Staumauer ein.

Im Inneren der Staumauer Grande Dixence befindet sich ein wahres Labyrinth aus meist ähnlich aussehenden Röhren. Bei einer Gesamtlänge von 32 km Röhrensystem will man sich nicht verlaufen, weil man falsch abbiegt.

Die Beleuchtung in den Röhren innerhalb der Staumauer Grande Dixence ist grünlich und erinnert an die Beleuchtung von Fluchtwegen.
Laborratten fühlen sich bestimmt ähnlich

Wir laufen hoch und runter und irgendwann haben wir jegliche Orientierung verloren. Als unser Guide auf die seismischen Messungen und Triangulation kommt, um Verformungen der Staumauer zu beobachten, wird mir ganz anders. Die Gewichtsstaumauer ist wohl bis Erdbeben der Stufe 8.8 auf der Richterskala sicher. Nein, ein Erdbeben wie das, welches wir in Chile erlebten, möchte ich hier definitiv nicht erleben.

Gewichtsstaumauer – was bedeutet das?

Falls du dich jetzt fragst, was das besondere an einer Gewichtsstaumauer ist, so hält diese den Wassermassen nur Dank ihrer Masse stand. Und die Staumauer Grande Dixence bringt ein Gewicht von 15 Millionen Tonnen auf die Waage. Sonst sind Staumauern ja meist gebogen, wodurch ein Teil der Kräfte in die Felsen abgeleitet werden kann. Mit ihrer Höhe von 285 m ist die Staumauer Grande Dixence die grösste Gewichtsstaumauer der Welt. Am Fuss ist sie 200 m dick. Nach oben verjüngt sie sich auf 15 m.

Im gewachsenen Fels verbreitert sich der Tunnel in der Staumauer Grande Dixence.
An dieser Stelle gibt es in der Staumauer einen kleinen Film zu sehen.

In einem Film sehen wir, wie die Staumauer Segment für Segment über Jahre hinweg entstanden ist. Allein die Menge Beton von 6 Millionen Kubikmetern ist unvorstellbar. 3.000 Menschen haben auf dieser Baustelle von 1951 bis 1965 gearbeitet.

Bevor es steil wieder nach oben geht, informieren ein paar Zeilen an der Wand, dass es 2.222 Treppenstufen im Inneren der Staumauer gibt.

In diesem Tunnel der Staumauer Grande Dixence fliesst rechts und links Wasser neben den Treppenstufen. Die Stufen sind sehr hoch.
Diese Stufen haben es mit ihrer Höhe in sich.

Tipps für die Besichtigung der Staumauer Grande Dixence

Die Staumauer ist nur eine kurze Zeit im Jahr zu besichtigen, da der Winter auf dieser Höhe früh Einzug hält und die Zufahrtsstrasse dann gesperrt ist. Von ungefähr Mitte Juni bis Anfang Oktober ist die Staumauer täglich zu besichtigen. Die Wanderwege sind teilweise erst später geöffnet, da sie in grössere Höhen führen.

Falls du auch mit dem Bus fahren möchtest, die Haltestelle an der Staumauer heisst «Hérémence, Pavillon d’information Grande Dixence». Die Buslinie 372 fährt die Station an. Bist du jedoch mit einem eigenen Fahrzeug unterwegs, solltest du es nicht verpassen, einen Blick auf die Erdpyramiden von Euseigne zu werfen. So etwas sieht man nicht so oft.

Tipp: Frage nach günstigen Kombitickets im Informationsbüro. Es gibt Pakete für das Innere der Staumauer, die Seilbahn und die Zipline. Und persönlich würde ich dir empfehlen, zuerst die Staumauer zu besichtigen und erst danach mit der Seilbahn nach oben zu fahren. So musst du nicht wie wir umkehren, wenn es am schönsten ist.

Hinweis: Falls das Innere der Staumauer nichts für dich ist, dann solltest du die kleine Ausstellung unterhalb des Parkplatzes besuchen. Dort wird der gleiche kurze, aber sehr eindrückliche Film über den Bau der Staumauer Grande Dixence gezeigt, wie im Inneren der Staumauer.

Wenn du nach Ausflügen im Wallis suchst, interessiert dich vielleicht auch eine Bootsfahrt durch die Unterwelt, einen Besuch des Lac de Moiry oder die Magie des ewigen Eises.

Dir hat der Beitrag gefallen? Dann würden wir uns freuen, wenn du ihn teilst.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert