Tombstone Territorial Park – eisige Wildnis und Lichtspiele

Unberührte Schneelandschaften, eisig erstarrt in tiefer Stille, das ist der Tombstone Territorial Park im Winter. Nach den Verhältnissen im Yukon Territory nur einen Katzensprung von Dawson City entfernt (40 km), führt der Dempster Highway direkt durch den Park und zerschneidet ihn in zwei Hälften, bevor er im 740 km entfernten Inuvik endet. Auf der Fahrt zum Ausgangspunkt für unsere Schneeschuh-Wanderung erleben wir das Phänomen der Sublimation und bei der Rückfahrt sehen wir das Himmelsspektakel eines Sundog. Dieser Ausflug bleibt uns unvergesslich in Erinnerung, lässt er uns doch Winter auf eine ganz neue Weise erfahren. Wir starten bei minus 41 Grad zu einem Ausflug in die Einsamkeit der Wildnis. Begleite uns auf dieses Abenteuer, welches sich keiner von uns im Vorfeld auch nur entfernt hätte vorstellen können und lass dich inspirieren!

Zuletzt aktualisiert: Oktober 2024

Die Sonne scheint wie ein grosser Stern über der winterlichen Bergwelt des Tombstone Territorial Parks.

Schneeschuh-Wandern im Tombstone Territorial Park

Vorbereitungen

Als wir beim Frühstück in Dawson City erfahren, dass die Aussentemperatur minus 41 Grad Celsius beträgt, sind wir mehr als froh, dass wir das arktische Winterkleidungspaket in Whitehorse gemietet haben, obwohl es einiges teurer ist. Informationen zur Winterkleidermiete und weitere Tipps findest du im Beitrag Yukon im Winter.

Die Prozedur des Anziehens ist kräftezehrend, vor allem in geheizten Innenräumen auch recht schnell schweisstreibend. Schliesslich sind es einige Schichten, bevor dann zum Schluss die Mietkleidung darüber angezogen wird. Unsere Gesichter schmieren wir noch dick mit Cold Cream ein, deren Fettgehalt die Haut vor der Kälte schützen soll. Anschliessend verstauen wir noch die Kameraakkus in körpernahen Taschen. Da wir uns nicht sicher sind, bis zu welchen Temperaturen die Kameras noch funktionieren, nehmen wir beide Canon Kameras mit, wobei Jörg seine Kamera auf der Wanderung dann im geheizten Auto lässt. So vorbereitet steigen wir erwartungsfroh kurz vor 10.00 Uhr in den Kleinbus von Bernd von Klondike Experience.

Bereits auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat eine nette ältere Dame, die Housesitting in Dawson City macht und uns auf diesen Ausflug begleitet. Die Frontscheibe des Fahrzeugs ist von Steinschlägen zerlöchert und hat mehrere Risse. Da die Strassen hier mit Splitt gestreut werden, ist die Haltbarkeit einer Frontscheibe maximal ein halbes Jahr.

Bevor es endgültig losgeht, gibt es noch einen Sprechfunk-Check zwischen Büro und Fahrer. Bei diesen Aussentemperaturen ist das unser Backup.

Wir vier als Schattenbild und der Bus, in welchem wir transportiert werden, fotografiert im Tombstone Territorial Park.
Unser Ausflugsfahrzeug

Anfahrt in den Tombstone Territorial Park

Auch, wenn ein Stück des Weges identisch mit unserer Anfahrt nach Dawson City ist, ist das Erlebnis vollkommen anders. Überraschenderweise erwartet uns eine Landschaft im Nebel.

Dunst- oder Nebelschwaden wabern durch die Landschaft, während die Sonne langsam am Himmel erscheint. Das verdanken wir dem physikalischen Phänomen der Sublimation. Unter Sublimation versteht man den Prozess, wenn ein Stoff direkt von fest zu gasförmig wechselt, ohne vorher flüssig geworden zu sein. Daraus entsteht eine einzigartige Lichtstimmung.

So verläuft die Fahrt zum Abzweig auf den Dempster Highway kurzweilig. Ein Schild klärt uns auf, dass es keinen medizinischen Service auf dem Dempster Highway im Yukon Territory gibt. Und schon verschwindet der Dunst und macht bestem Winterwetter Platz.

Hinter der Brücke über den Yukon halten wir kurz für ein paar Fotos an. Wobei wir dafür alle Jacken, Mützen und Handschuhe wieder anlegen müssen. Ich dachte, Fotografieren geht nur mit den dünneren Unterhandschuhen, aber das machen die Finger bei diesen Aussentemperaturen nicht lange mit. So lernen wir heute, den Auslöser mit den dicken Fellhandschuhen zu drücken.

Das Bild zeigt den verschneiten Dempster Highway, die borealen Tannen am Strassenrand und Jörg, der zurück zum Auto läuft
Kälte, die man sehen kann

Die Fahrt im Tombstone Territorial Park ist einsam und wunderschön. Wir fahren als Erstes zu einem Aussichtspunkt. Am Aussichtspunkt steigen wir alle aus. Es fühlt sich an, als wären wir allein auf der Welt.

Der Blick vom Aussichtspunkt im Tombstone Territorial Park zeigt in der Mitte des Bildes die Spitze des Mount Tombstone, die an einen Grabstein erinnern soll.
Blick vom Aussichtspunkt, der spitze Berg in der Mitte ist Mount Tombstone

Während wir auf die Tombstone Mountains schauen, erklärt uns Bernd, dass sich hier Wasserscheiden befinden. Das Wasser unterhalb unseres Standpunktes fliesst in den Yukon River und irgendwann in die Bering See. Ein paar Kilometer nördlich fliessen die Flüsse in den Mackenzie River und schliesslich in die Beaufort See und damit ins Polarmeer.

Vorbereitung auf die Schneeschuh-Wanderung

Unsere Schneeschuh-Wanderung im Tombstone Territorial Park startet von einem verwaisten Campingplatz. Unser Fahrzeug wird die ganze Zeit mit laufendem Motor hier stehen und auf unsere Rückkehr warten. Die Gefahr, dass es nicht mehr anspringt, ist einfach zu gross.

Die Schutzhütte auf dem Campingplatz ist nur von vorn verriegelt. Der Hintereingang ist zugänglich. Mit dem Holz, welches Bernd mitgebracht hat, heizen wir als allererstes dem Kanonenofen ordentlich ein.

Hohe Schneewehen haben sich vor dem Eingang und den Fenstern der Hütte angesammelt, die zu einem Campingplatz im Tombstone Territorial Park gehört.
Die Schutzhütte

Während Bernd sich an einer grossen Kiste zu schaffen macht, bleiben wir warm, indem wir die nahe Umgebung im tiefen Schnee erkunden.

Rund um die Schutzhütte im Tombstone Territorial Park gibt es Schneewehen. Der Schnee ist so hart, dass man sich wie in einem Liegestuhl in die Schneewehe legen kann.
Der Schnee ist so hart, dass er sich als eisiger Liegestuhl eignet

Dann erklingt der Essensruf. Eine grosse Kiste enthält Sandwiches, Muffins, Minestrone in Thermoskannen, heisses Wasser für Kaffee und Tee. Der Hunger ist noch nicht so gross. Das ändert sich erst, als wir von der Schneeschuh-Wanderung zurückkehren. Bei den Getränken würden wir zwar gern zuschlagen, aber der Gedanke bei diesen Aussentemperaturen das Plumpsklo besuchen zu müssen, lässt uns Zurückhaltung üben.

Nach der Stärkung wartet die nächste Herausforderung. Bernd hat traditionelle Schneeschuhe für uns dabei. Diese erinnern uns stark an Tennisschläger und irgendwie steht man immer mit einem Fuss auf dem Tennisschläger vom anderen Fuss. Es ist also gar nicht einfach, diese Schneeschuhe an den unförmigen Winterstiefeln zu befestigen. Irgendwann haben wir es geschafft und Bernd schätzt, dass es sich inzwischen auf minus 35 Grad erwärmt hat.

Auf Schneeschuhen durch die Wildnis

Mit diesen riesigen Schneeschuhen zu laufen, will geübt sein. Irgendwie muss man sehr breitbeinig laufen und grosse Schritte machen, um nicht mit dem einen Schuh auf den anderen zu latschen. Läuft man normal wie mit anderen Schuhen auch, verwandeln sich die Schneeschuhe in gigantische Schaufeln für lockeren Schnee, sodass man kaum noch das Bein heben kann. So üben wir erst einmal die Technik.

Jörg versucht noch eine geeignete Technik zum Laufen mit den Schneeschuhen zu finden.
Jörg versucht noch eine geeignete Technik zum Laufen mit den Schneeschuhen zu finden.

Dabei mache ich die Erfahrung, dass man mit Schneeschuhen sehr wohl tief im Schnee einsinken kann. Bernd läuft als erster und schafft uns so eine Spur, der wir folgen können. Für ein Foto habe ich aber diese Spur verlassen und bin prompt in der Schneewehe, die ein Busch gesammelt hat, gelandet. So ging es für mich mit den Tennisschlägern an den Füssen einen halben Meter tiefer. Da mit den Riesenlatschen und der Kamera in der Hand wieder herauszukommen, hat mich an die Geschichte von Münchhausen erinnert, als er beschreibt, wie er sich an seinen Haaren aus dem Sumpf zieht. Immerhin, danach war mir warm.

Die ältere Dame kehrt bald wieder um, da sie mit diesen Schneeschuhen nicht laufen kann und wir folgen Bernds Spuren.

Ich wandere ohne Skibrille und ohne Brille, denn egal wie ich atme, die Feuchtigkeit der Atemluft gefriert sofort auf der Brille und dann sehe ich gar nichts mehr. Dafür bekomme ich besondere Wimpern.

Als hätte ich mir mit einem Maskara dick Reif auf die Wimpern aufgetragen. Geschminkt von der Natur.
Meine Wimpern haben durch die Atemluft Reif angesetzt

Obwohl es eher ein Spaziergang mit Schneeschuhen als eine Wanderung war, kommen wir auf dem Zahnfleisch zurück. Der ungewohnte Gang führt bei allen zu mehr oder weniger ausgeprägten Rückenschmerzen.

Two Moose Lake und ein Sundog

Nach der Rückkehr in der Schutzhütte sind wir den Esswaren in der Kiste schon deutlich aufgeschlossener gegenüber. Die Winterkälte macht Hunger. Auch zum Besuch der Plumpsklos lassen wir uns von der Blase überreden. Mit all den Kleidungsschichten ist das eine echte Herausforderung. Anschliessend geht es weiter auf Entdeckungstour im Tombstone Territorial Park. Wir fahren auf dem Dempster Highway in Richtung Two Moose Lake und geniessen unterwegs immer wieder die Aussicht.

Hier wird die Einsamkeit und Stille doch tatsächlich von einem LKW mit langer Schneefahne unterbrochen. Je näher wir dem Two Moose Lake kommen, umso dunstiger wird es.

Die klare Sicht verschwindet langsam wieder
Die klare Sicht verschwindet langsam wieder
Der Wind weht Eiskristalle durch die Luft und lässt die Berge zu Schemen werden.
Auf dem Weg zum Two Moose Lake
Am Two Moose Lake angekommen, sehen wir nichts mehr von der Bergwelt im Tombstone Territorial Park
Die Landschaft verschwindet

Ob der Wind die feinen Eiskristalle aufwirbelt oder ob es tatsächlich ganz kleine Eiskristalle schneit, können wir nicht feststellen. Als die Sonne jedoch tiefer am Horizont steht, bietet sich ein besonderes Spektakel. Ein Sundog erscheint am Himmel. Auf Deutsch spricht man von einer Nebensonne. Diese Lichtflecken entstehen, wenn Sonnenlicht an Eiskristallen in der Atmosphäre gebrochen wird. Sundogs sind oft links und rechts der Sonne sichtbar und können regenbogenähnliche Farben zeigen, da das Licht in verschiedenen Winkeln gebrochen wird.

Ein perfekter Sundog mit Heiligenschein und zwei Nebensonnen im Tombstone Territorial Park.
Dieser Sundog erinnert uns im ersten Moment an einen Regenbogen, aber Sundogs haben weniger Farben.

Wir verweilen eine ganze Weile und beobachten und fotografieren den Sundog, bevor wir uns langsam auf den Rückweg nach Dawson City machen. Bevor wir den Tombstone Territorial Park verlassen, sehen wir noch einen Luchs, der recht schnell im Wald verschwindet. Damit geht ein unvergesslicher Tag zu Ende.

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